Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch III. Die Päpste um d. Mitte d. 16. Jahrh.
wieder zu erlangen wünschten, faßte der König die Absicht,
sie noch viel weiter einzuschränken: da er die Bischöfe setzte,
so lag ihm selbst an einer Ausdehnung der bischöflichen
Gewalt. Der Papst dagegen war für die Capitel. Ihre
unbedingte Unterwerfung unter die Bischöfe würde seinen
Einfluß auf die spanische Kirche nicht wenig geschmälert
haben. Noch einmal stießen hier diese beiden großen Ein-
wirkungen zusammen. Es fragte sich in der That, welche
von beiden die Majorität für sich gewinnen würde. Au-
ßerordentlich stark war doch auch der König an dem Con-
cilium; einen Abgeordneten, den die Capitel dahin gesen-
det, um ihre Vorrechte wahrzunehmen, hatte sein Gesand-
ter zu entfernen gewußt; er hatte so viel geistliche Gnaden
auszutheilen, daß Jedermann Bedenken trug, es mit ihm
zu verderben. Bei der mündlichen Abstimmung ergab sich
ein ungünstiges Resultat für die Capitel. Man bemerke,
welchen Ausweg die päpstlichen Legaten trafen. Sie be-
schlossen, die Stimmen dieß Mal schriftlich geben zu lassen:
nur die mündlichen Erklärungen, in der Gegenwart so vie-
ler Anhänger des Königs abgelegt, wurden von der Rück-
sicht auf Spanien beherrscht, nicht die schriftlichen, die
den Legaten zu Händen kamen. Wirklich erlangten sie auf
diese Weise eine bedeutende Majorität für die päpstliche
Ansicht und für die Capitel. Darauf gestützt, traten sie
dann, unter Vermittelung Guise's, in neue Unterhandlun-
gen mit den spanischen Prälaten, die sich endlich auch mit
einer um vieles geringeren Erweiterung ihrer Befugnisse be-
gnügten, als sie beabsichtigt hatten 1).


1) Aus Sarpi VIII, 816. wird man über diese Sache doch

Buch III. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 16. Jahrh.
wieder zu erlangen wuͤnſchten, faßte der Koͤnig die Abſicht,
ſie noch viel weiter einzuſchraͤnken: da er die Biſchoͤfe ſetzte,
ſo lag ihm ſelbſt an einer Ausdehnung der biſchoͤflichen
Gewalt. Der Papſt dagegen war fuͤr die Capitel. Ihre
unbedingte Unterwerfung unter die Biſchoͤfe wuͤrde ſeinen
Einfluß auf die ſpaniſche Kirche nicht wenig geſchmaͤlert
haben. Noch einmal ſtießen hier dieſe beiden großen Ein-
wirkungen zuſammen. Es fragte ſich in der That, welche
von beiden die Majoritaͤt fuͤr ſich gewinnen wuͤrde. Au-
ßerordentlich ſtark war doch auch der Koͤnig an dem Con-
cilium; einen Abgeordneten, den die Capitel dahin geſen-
det, um ihre Vorrechte wahrzunehmen, hatte ſein Geſand-
ter zu entfernen gewußt; er hatte ſo viel geiſtliche Gnaden
auszutheilen, daß Jedermann Bedenken trug, es mit ihm
zu verderben. Bei der muͤndlichen Abſtimmung ergab ſich
ein unguͤnſtiges Reſultat fuͤr die Capitel. Man bemerke,
welchen Ausweg die paͤpſtlichen Legaten trafen. Sie be-
ſchloſſen, die Stimmen dieß Mal ſchriftlich geben zu laſſen:
nur die muͤndlichen Erklaͤrungen, in der Gegenwart ſo vie-
ler Anhaͤnger des Koͤnigs abgelegt, wurden von der Ruͤck-
ſicht auf Spanien beherrſcht, nicht die ſchriftlichen, die
den Legaten zu Haͤnden kamen. Wirklich erlangten ſie auf
dieſe Weiſe eine bedeutende Majoritaͤt fuͤr die paͤpſtliche
Anſicht und fuͤr die Capitel. Darauf geſtuͤtzt, traten ſie
dann, unter Vermittelung Guiſe’s, in neue Unterhandlun-
gen mit den ſpaniſchen Praͤlaten, die ſich endlich auch mit
einer um vieles geringeren Erweiterung ihrer Befugniſſe be-
gnuͤgten, als ſie beabſichtigt hatten 1).


1) Aus Sarpi VIII, 816. wird man uͤber dieſe Sache doch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0368" n="342"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Buch</hi><hi rendition="#aq">III.</hi><hi rendition="#g">Die Pa&#x0364;p&#x017F;te um d. Mitte d. 16. Jahrh</hi>.</fw><lb/>
wieder zu erlangen wu&#x0364;n&#x017F;chten, faßte der Ko&#x0364;nig die Ab&#x017F;icht,<lb/>
&#x017F;ie noch viel weiter einzu&#x017F;chra&#x0364;nken: da er die Bi&#x017F;cho&#x0364;fe &#x017F;etzte,<lb/>
&#x017F;o lag ihm &#x017F;elb&#x017F;t an einer Ausdehnung der bi&#x017F;cho&#x0364;flichen<lb/>
Gewalt. Der Pap&#x017F;t dagegen war fu&#x0364;r die Capitel. Ihre<lb/>
unbedingte Unterwerfung unter die Bi&#x017F;cho&#x0364;fe wu&#x0364;rde &#x017F;einen<lb/>
Einfluß auf die &#x017F;pani&#x017F;che Kirche nicht wenig ge&#x017F;chma&#x0364;lert<lb/>
haben. Noch einmal &#x017F;tießen hier die&#x017F;e beiden großen Ein-<lb/>
wirkungen zu&#x017F;ammen. Es fragte &#x017F;ich in der That, welche<lb/>
von beiden die Majorita&#x0364;t fu&#x0364;r &#x017F;ich gewinnen wu&#x0364;rde. Au-<lb/>
ßerordentlich &#x017F;tark war doch auch der Ko&#x0364;nig an dem Con-<lb/>
cilium; einen Abgeordneten, den die Capitel dahin ge&#x017F;en-<lb/>
det, um ihre Vorrechte wahrzunehmen, hatte &#x017F;ein Ge&#x017F;and-<lb/>
ter zu entfernen gewußt; er hatte &#x017F;o viel gei&#x017F;tliche Gnaden<lb/>
auszutheilen, daß Jedermann Bedenken trug, es mit ihm<lb/>
zu verderben. Bei der mu&#x0364;ndlichen Ab&#x017F;timmung ergab &#x017F;ich<lb/>
ein ungu&#x0364;n&#x017F;tiges Re&#x017F;ultat fu&#x0364;r die Capitel. Man bemerke,<lb/>
welchen Ausweg die pa&#x0364;p&#x017F;tlichen Legaten trafen. Sie be-<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, die Stimmen dieß Mal &#x017F;chriftlich geben zu la&#x017F;&#x017F;en:<lb/>
nur die mu&#x0364;ndlichen Erkla&#x0364;rungen, in der Gegenwart &#x017F;o vie-<lb/>
ler Anha&#x0364;nger des Ko&#x0364;nigs abgelegt, wurden von der Ru&#x0364;ck-<lb/>
&#x017F;icht auf Spanien beherr&#x017F;cht, nicht die &#x017F;chriftlichen, die<lb/>
den Legaten zu Ha&#x0364;nden kamen. Wirklich erlangten &#x017F;ie auf<lb/>
die&#x017F;e Wei&#x017F;e eine bedeutende Majorita&#x0364;t fu&#x0364;r die pa&#x0364;p&#x017F;tliche<lb/>
An&#x017F;icht und fu&#x0364;r die Capitel. Darauf ge&#x017F;tu&#x0364;tzt, traten &#x017F;ie<lb/>
dann, unter Vermittelung Gui&#x017F;e&#x2019;s, in neue Unterhandlun-<lb/>
gen mit den &#x017F;pani&#x017F;chen Pra&#x0364;laten, die &#x017F;ich endlich auch mit<lb/>
einer um vieles geringeren Erweiterung ihrer Befugni&#x017F;&#x017F;e be-<lb/>
gnu&#x0364;gten, als &#x017F;ie beab&#x017F;ichtigt hatten <note xml:id="note-0368" next="#note-0369" place="foot" n="1)">Aus Sarpi <hi rendition="#aq">VIII, 816.</hi> wird man u&#x0364;ber die&#x017F;e Sache doch</note>.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[342/0368] Buch III. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 16. Jahrh. wieder zu erlangen wuͤnſchten, faßte der Koͤnig die Abſicht, ſie noch viel weiter einzuſchraͤnken: da er die Biſchoͤfe ſetzte, ſo lag ihm ſelbſt an einer Ausdehnung der biſchoͤflichen Gewalt. Der Papſt dagegen war fuͤr die Capitel. Ihre unbedingte Unterwerfung unter die Biſchoͤfe wuͤrde ſeinen Einfluß auf die ſpaniſche Kirche nicht wenig geſchmaͤlert haben. Noch einmal ſtießen hier dieſe beiden großen Ein- wirkungen zuſammen. Es fragte ſich in der That, welche von beiden die Majoritaͤt fuͤr ſich gewinnen wuͤrde. Au- ßerordentlich ſtark war doch auch der Koͤnig an dem Con- cilium; einen Abgeordneten, den die Capitel dahin geſen- det, um ihre Vorrechte wahrzunehmen, hatte ſein Geſand- ter zu entfernen gewußt; er hatte ſo viel geiſtliche Gnaden auszutheilen, daß Jedermann Bedenken trug, es mit ihm zu verderben. Bei der muͤndlichen Abſtimmung ergab ſich ein unguͤnſtiges Reſultat fuͤr die Capitel. Man bemerke, welchen Ausweg die paͤpſtlichen Legaten trafen. Sie be- ſchloſſen, die Stimmen dieß Mal ſchriftlich geben zu laſſen: nur die muͤndlichen Erklaͤrungen, in der Gegenwart ſo vie- ler Anhaͤnger des Koͤnigs abgelegt, wurden von der Ruͤck- ſicht auf Spanien beherrſcht, nicht die ſchriftlichen, die den Legaten zu Haͤnden kamen. Wirklich erlangten ſie auf dieſe Weiſe eine bedeutende Majoritaͤt fuͤr die paͤpſtliche Anſicht und fuͤr die Capitel. Darauf geſtuͤtzt, traten ſie dann, unter Vermittelung Guiſe’s, in neue Unterhandlun- gen mit den ſpaniſchen Praͤlaten, die ſich endlich auch mit einer um vieles geringeren Erweiterung ihrer Befugniſſe be- gnuͤgten, als ſie beabſichtigt hatten 1). 1) Aus Sarpi VIII, 816. wird man uͤber dieſe Sache doch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/368
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/368>, abgerufen am 17.05.2024.