gefallen, suchte man die Fragen, die zu Bitterkeiten und Entrüstung Anlaß gegeben, nicht sowohl zu entscheiden, als durch eine geschickte Vermittelung zu beseitigen.
Bei dieser Stimmung kam man dann über die minder bedenklichen Punkte um so leichter hinweg. Niemals schritt das Concilium rascher vorwärts. Die wichtigen Dogmen von der Priesterweihe, dem Sacrament der Ehe, dem Ab- laß, dem Fegfeuer, der Verehrung der Heiligen, und bei weitem die bedeutendsten reformatorischen Anordnungen, welche es überhaupt abgefaßt hat, fallen in die drei letz- ten Sessionen in der zweiten Hälfte des Jahres 1563. Sowohl für die einen als für die andern waren die Con- gregationen aus verschiedenen Nationen zusammengesetzt. Der Entwurf der Reform ward in fünf besonderen Ver- sammlungen, einer französischen, die bei dem Cardinal Guise, einer spanischen, die bei dem Erzbischof von Granada zusam- menkam, und drei italienischen in Berathung gezogen 1).
Ueber die meisten Fragen verständigte man sich leicht: eigentliche Schwierigkeiten boten nur noch zwei dar, die Fragen über die Exemtion der Capitel und die Pluralität der Beneficien, in denen wieder die Interessen eine große Rolle spielten.
Die erste berührte vor allem Spanien. Von den au- ßerordentlichen Freiheiten, welche die Capitel sonst hier be- sessen, hatten sie schon einiges verloren. Während sie dieß
1) Die besten Notizen hierüber finden sich, wo man es nicht suchen sollte, in Baini Vita di Palestrina I, 199; aus authentischen Briefschaften. Auch das Diarium des Servantio, das bei Mend- ham benutzt ist (p. 304) berührt die Sache.
PiusIV.Spaͤtere Sitzungen d. Concil. v. Trient.
gefallen, ſuchte man die Fragen, die zu Bitterkeiten und Entruͤſtung Anlaß gegeben, nicht ſowohl zu entſcheiden, als durch eine geſchickte Vermittelung zu beſeitigen.
Bei dieſer Stimmung kam man dann uͤber die minder bedenklichen Punkte um ſo leichter hinweg. Niemals ſchritt das Concilium raſcher vorwaͤrts. Die wichtigen Dogmen von der Prieſterweihe, dem Sacrament der Ehe, dem Ab- laß, dem Fegfeuer, der Verehrung der Heiligen, und bei weitem die bedeutendſten reformatoriſchen Anordnungen, welche es uͤberhaupt abgefaßt hat, fallen in die drei letz- ten Seſſionen in der zweiten Haͤlfte des Jahres 1563. Sowohl fuͤr die einen als fuͤr die andern waren die Con- gregationen aus verſchiedenen Nationen zuſammengeſetzt. Der Entwurf der Reform ward in fuͤnf beſonderen Ver- ſammlungen, einer franzoͤſiſchen, die bei dem Cardinal Guiſe, einer ſpaniſchen, die bei dem Erzbiſchof von Granada zuſam- menkam, und drei italieniſchen in Berathung gezogen 1).
Ueber die meiſten Fragen verſtaͤndigte man ſich leicht: eigentliche Schwierigkeiten boten nur noch zwei dar, die Fragen uͤber die Exemtion der Capitel und die Pluralitaͤt der Beneficien, in denen wieder die Intereſſen eine große Rolle ſpielten.
Die erſte beruͤhrte vor allem Spanien. Von den au- ßerordentlichen Freiheiten, welche die Capitel ſonſt hier be- ſeſſen, hatten ſie ſchon einiges verloren. Waͤhrend ſie dieß
1) Die beſten Notizen hieruͤber finden ſich, wo man es nicht ſuchen ſollte, in Baini Vita di Palestrina I, 199; aus authentiſchen Briefſchaften. Auch das Diarium des Servantio, das bei Mend- ham benutzt iſt (p. 304) beruͤhrt die Sache.
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Pius IV. Spaͤtere Sitzungen d. Concil. v. Trient.
gefallen, ſuchte man die Fragen, die zu Bitterkeiten und
Entruͤſtung Anlaß gegeben, nicht ſowohl zu entſcheiden,
als durch eine geſchickte Vermittelung zu beſeitigen.
Bei dieſer Stimmung kam man dann uͤber die minder
bedenklichen Punkte um ſo leichter hinweg. Niemals ſchritt
das Concilium raſcher vorwaͤrts. Die wichtigen Dogmen
von der Prieſterweihe, dem Sacrament der Ehe, dem Ab-
laß, dem Fegfeuer, der Verehrung der Heiligen, und bei
weitem die bedeutendſten reformatoriſchen Anordnungen,
welche es uͤberhaupt abgefaßt hat, fallen in die drei letz-
ten Seſſionen in der zweiten Haͤlfte des Jahres 1563.
Sowohl fuͤr die einen als fuͤr die andern waren die Con-
gregationen aus verſchiedenen Nationen zuſammengeſetzt.
Der Entwurf der Reform ward in fuͤnf beſonderen Ver-
ſammlungen, einer franzoͤſiſchen, die bei dem Cardinal Guiſe,
einer ſpaniſchen, die bei dem Erzbiſchof von Granada zuſam-
menkam, und drei italieniſchen in Berathung gezogen 1).
Ueber die meiſten Fragen verſtaͤndigte man ſich leicht:
eigentliche Schwierigkeiten boten nur noch zwei dar, die
Fragen uͤber die Exemtion der Capitel und die Pluralitaͤt
der Beneficien, in denen wieder die Intereſſen eine große
Rolle ſpielten.
Die erſte beruͤhrte vor allem Spanien. Von den au-
ßerordentlichen Freiheiten, welche die Capitel ſonſt hier be-
ſeſſen, hatten ſie ſchon einiges verloren. Waͤhrend ſie dieß
1) Die beſten Notizen hieruͤber finden ſich, wo man es nicht
ſuchen ſollte, in Baini Vita di Palestrina I, 199; aus authentiſchen
Briefſchaften. Auch das Diarium des Servantio, das bei Mend-
ham benutzt iſt (p. 304) beruͤhrt die Sache.
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/367>, abgerufen am 26.07.2024.
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