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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Julius III.
nicht so ganz unangenehm seyn, daß der Angriff der Pro-
testanten das Concilium auseinandersprengte; er eilte die
Suspension desselben zu decretiren; von unzähligen Präten-
sionen und Mißhelligkeiten ward er dadurch befreit.

Seitdem hat sich Julius III. nicht weiter ernstlich in
politische Thätigkeiten eingelassen. Die Einwohner von
Siena beschwerten sich wohl, er habe, obwohl durch seine
Mutter ihr halber Landsmann, den Herzog Cosimo unter-
stützt, sie sich zu unterwerfen; eine spätere gerichtliche Un-
tersuchung hat die Falschheit dieser Behauptung dargethan.
Eher hatte Cosimo Grund sich zu beklagen. Die florenti-
nischen Ausgewanderten, die erbittertsten Feinde dieses sei-
nes Verbündeten hinderte der Papst nicht, sich in dem Ge-
biete der Kirche zu sammeln und zu rüsten.

Vor der Porta del Popolo besucht der Fremde noch
immer die Villa di Papa Giulio. In Vergegenwärtigung
jener Zeit steigt man die geräumigen Treppen zu der Gallerie
hinauf, von der man Rom in seiner ganzen Breite von
dem Monte Mario her und die Krümmung der Tiber über-
sieht. In dem Bau dieses Pallastes, in der Anlegung die-
ses Gartens lebte und webte Julius III. Er hat selbst
den ersten Entwurf gemacht: aber niemals wurde man fer-
tig; alle Tage hatte er neue Einfälle und Wünsche, die
dann die Baumeister zur Ausführung zu bringen eilten 1).

sara vero, non comportaremo mai, prima lassaremo ruinare il
mondo."
1) Vasari. Boissard beschreibt ihren damaligen Umfang: oc-
cupat fere omnes colles qui ab urbe ad pontem milvium pro-
tenduntur
-- ihre Pracht, und theilt einige Inschriften mit: z. B.
honeste voluptarier cunctis fas honestis esto: und besonders:
18*

Julius III.
nicht ſo ganz unangenehm ſeyn, daß der Angriff der Pro-
teſtanten das Concilium auseinanderſprengte; er eilte die
Suspenſion deſſelben zu decretiren; von unzaͤhligen Praͤten-
ſionen und Mißhelligkeiten ward er dadurch befreit.

Seitdem hat ſich Julius III. nicht weiter ernſtlich in
politiſche Thaͤtigkeiten eingelaſſen. Die Einwohner von
Siena beſchwerten ſich wohl, er habe, obwohl durch ſeine
Mutter ihr halber Landsmann, den Herzog Coſimo unter-
ſtuͤtzt, ſie ſich zu unterwerfen; eine ſpaͤtere gerichtliche Un-
terſuchung hat die Falſchheit dieſer Behauptung dargethan.
Eher hatte Coſimo Grund ſich zu beklagen. Die florenti-
niſchen Ausgewanderten, die erbittertſten Feinde dieſes ſei-
nes Verbuͤndeten hinderte der Papſt nicht, ſich in dem Ge-
biete der Kirche zu ſammeln und zu ruͤſten.

Vor der Porta del Popolo beſucht der Fremde noch
immer die Villa di Papa Giulio. In Vergegenwaͤrtigung
jener Zeit ſteigt man die geraͤumigen Treppen zu der Gallerie
hinauf, von der man Rom in ſeiner ganzen Breite von
dem Monte Mario her und die Kruͤmmung der Tiber uͤber-
ſieht. In dem Bau dieſes Pallaſtes, in der Anlegung die-
ſes Gartens lebte und webte Julius III. Er hat ſelbſt
den erſten Entwurf gemacht: aber niemals wurde man fer-
tig; alle Tage hatte er neue Einfaͤlle und Wuͤnſche, die
dann die Baumeiſter zur Ausfuͤhrung zu bringen eilten 1).

sarà vero, non comportaremo mai, prima lassaremo ruinare il
mondo.“
1) Vasari. Boiſſard beſchreibt ihren damaligen Umfang: oc-
cupat fere omnes colles qui ab urbe ad pontem milvium pro-
tenduntur
— ihre Pracht, und theilt einige Inſchriften mit: z. B.
honeste voluptarier cunctis fas honestis esto: und beſonders:
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[275/0301] Julius III. nicht ſo ganz unangenehm ſeyn, daß der Angriff der Pro- teſtanten das Concilium auseinanderſprengte; er eilte die Suspenſion deſſelben zu decretiren; von unzaͤhligen Praͤten- ſionen und Mißhelligkeiten ward er dadurch befreit. Seitdem hat ſich Julius III. nicht weiter ernſtlich in politiſche Thaͤtigkeiten eingelaſſen. Die Einwohner von Siena beſchwerten ſich wohl, er habe, obwohl durch ſeine Mutter ihr halber Landsmann, den Herzog Coſimo unter- ſtuͤtzt, ſie ſich zu unterwerfen; eine ſpaͤtere gerichtliche Un- terſuchung hat die Falſchheit dieſer Behauptung dargethan. Eher hatte Coſimo Grund ſich zu beklagen. Die florenti- niſchen Ausgewanderten, die erbittertſten Feinde dieſes ſei- nes Verbuͤndeten hinderte der Papſt nicht, ſich in dem Ge- biete der Kirche zu ſammeln und zu ruͤſten. Vor der Porta del Popolo beſucht der Fremde noch immer die Villa di Papa Giulio. In Vergegenwaͤrtigung jener Zeit ſteigt man die geraͤumigen Treppen zu der Gallerie hinauf, von der man Rom in ſeiner ganzen Breite von dem Monte Mario her und die Kruͤmmung der Tiber uͤber- ſieht. In dem Bau dieſes Pallaſtes, in der Anlegung die- ſes Gartens lebte und webte Julius III. Er hat ſelbſt den erſten Entwurf gemacht: aber niemals wurde man fer- tig; alle Tage hatte er neue Einfaͤlle und Wuͤnſche, die dann die Baumeiſter zur Ausfuͤhrung zu bringen eilten 1). 3) 1) Vasari. Boiſſard beſchreibt ihren damaligen Umfang: oc- cupat fere omnes colles qui ab urbe ad pontem milvium pro- tenduntur — ihre Pracht, und theilt einige Inſchriften mit: z. B. honeste voluptarier cunctis fas honestis esto: und beſonders: 3) sarà vero, non comportaremo mai, prima lassaremo ruinare il mondo.“ 18*

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/301>, abgerufen am 17.05.2024.