Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Paul III.
allgemein, der Papst werde den Cardinal von der Staats-
verwaltung entfernen. Dahin kam es jedoch nicht. Diese
heftige Gemüthsbewegung in dem hohen Alter von 83
Jahren warf den Papst selbst zu Boden. Er ward gleich
darauf krank: nach wenigen Tagen, am 10. Nov. 1549,
starb er. Alles kam ihm den Fuß zu küssen. Er war
eben so geliebt, wie seine Enkel gehaßt: man bemitleidete
ihn, daß er durch Die den Tod erlitten, denen er das
meiste Gute erwiesen hatte.

Ein Mann, voll von Talent und Geist, durchdringen-
der Klugheit, an höchster Stelle! Aber wie unbedeutend
erscheint auch ein mächtiger Sterblicher der Weltgeschichte
gegenüber. In all seinem Dichten und Trachten ist er
von der Spanne der Zeit, die er übersieht, von ihren mo-
mentanen Bestrebungen, die sich ihm als die ewigen auf-
drängen, umfangen und beherrscht; dann fesseln ihn noch
besonders die persönlichen Verhältnisse an seine Stelle, ge-
ben ihm vollauf zu thun, erfüllen seine Tage zuweilen es
mag seyn mit Genugthuung, öfter mit Mißbehagen und
Schmerz, reiben ihn auf. Indessen er umkommt, vollzie-
hen sich die ewigen Weltgeschicke.



Julius III. Marcellus II.

Während des Conclaves standen einmal fünf oder
sechs Cardinäle um den Altar der Capelle: sie sprachen über
die Schwierigkeit, die es habe, einen Papst zu finden.

Paul III.
allgemein, der Papſt werde den Cardinal von der Staats-
verwaltung entfernen. Dahin kam es jedoch nicht. Dieſe
heftige Gemuͤthsbewegung in dem hohen Alter von 83
Jahren warf den Papſt ſelbſt zu Boden. Er ward gleich
darauf krank: nach wenigen Tagen, am 10. Nov. 1549,
ſtarb er. Alles kam ihm den Fuß zu kuͤſſen. Er war
eben ſo geliebt, wie ſeine Enkel gehaßt: man bemitleidete
ihn, daß er durch Die den Tod erlitten, denen er das
meiſte Gute erwieſen hatte.

Ein Mann, voll von Talent und Geiſt, durchdringen-
der Klugheit, an hoͤchſter Stelle! Aber wie unbedeutend
erſcheint auch ein maͤchtiger Sterblicher der Weltgeſchichte
gegenuͤber. In all ſeinem Dichten und Trachten iſt er
von der Spanne der Zeit, die er uͤberſieht, von ihren mo-
mentanen Beſtrebungen, die ſich ihm als die ewigen auf-
draͤngen, umfangen und beherrſcht; dann feſſeln ihn noch
beſonders die perſoͤnlichen Verhaͤltniſſe an ſeine Stelle, ge-
ben ihm vollauf zu thun, erfuͤllen ſeine Tage zuweilen es
mag ſeyn mit Genugthuung, oͤfter mit Mißbehagen und
Schmerz, reiben ihn auf. Indeſſen er umkommt, vollzie-
hen ſich die ewigen Weltgeſchicke.



Julius III. Marcellus II.

Waͤhrend des Conclaves ſtanden einmal fuͤnf oder
ſechs Cardinaͤle um den Altar der Capelle: ſie ſprachen uͤber
die Schwierigkeit, die es habe, einen Papſt zu finden.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0295" n="269"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Paul</hi><hi rendition="#aq">III.</hi></fw><lb/>
allgemein, der Pap&#x017F;t werde den Cardinal von der Staats-<lb/>
verwaltung entfernen. Dahin kam es jedoch nicht. Die&#x017F;e<lb/>
heftige Gemu&#x0364;thsbewegung in dem hohen Alter von 83<lb/>
Jahren warf den Pap&#x017F;t &#x017F;elb&#x017F;t zu Boden. Er ward gleich<lb/>
darauf krank: nach wenigen Tagen, am 10. Nov. 1549,<lb/>
&#x017F;tarb er. Alles kam ihm den Fuß zu ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Er war<lb/>
eben &#x017F;o geliebt, wie &#x017F;eine Enkel gehaßt: man bemitleidete<lb/>
ihn, daß er durch Die den Tod erlitten, denen er das<lb/>
mei&#x017F;te Gute erwie&#x017F;en hatte.</p><lb/>
          <p>Ein Mann, voll von Talent und Gei&#x017F;t, durchdringen-<lb/>
der Klugheit, an ho&#x0364;ch&#x017F;ter Stelle! Aber wie unbedeutend<lb/>
er&#x017F;cheint auch ein ma&#x0364;chtiger Sterblicher der Weltge&#x017F;chichte<lb/>
gegenu&#x0364;ber. In all &#x017F;einem Dichten und Trachten i&#x017F;t er<lb/>
von der Spanne der Zeit, die er u&#x0364;ber&#x017F;ieht, von ihren mo-<lb/>
mentanen Be&#x017F;trebungen, die &#x017F;ich ihm als die ewigen auf-<lb/>
dra&#x0364;ngen, umfangen und beherr&#x017F;cht; dann fe&#x017F;&#x017F;eln ihn noch<lb/>
be&#x017F;onders die per&#x017F;o&#x0364;nlichen Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e an &#x017F;eine Stelle, ge-<lb/>
ben ihm vollauf zu thun, erfu&#x0364;llen &#x017F;eine Tage zuweilen es<lb/>
mag &#x017F;eyn mit Genugthuung, o&#x0364;fter mit Mißbehagen und<lb/>
Schmerz, reiben ihn auf. Inde&#x017F;&#x017F;en er umkommt, vollzie-<lb/>
hen &#x017F;ich die ewigen Weltge&#x017F;chicke.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>Julius <hi rendition="#aq">III.</hi> Marcellus <hi rendition="#aq">II.</hi></head><lb/>
          <p>Wa&#x0364;hrend des Conclaves &#x017F;tanden einmal fu&#x0364;nf oder<lb/>
&#x017F;echs Cardina&#x0364;le um den Altar der Capelle: &#x017F;ie &#x017F;prachen u&#x0364;ber<lb/>
die Schwierigkeit, die es habe, einen Pap&#x017F;t zu finden.<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[269/0295] Paul III. allgemein, der Papſt werde den Cardinal von der Staats- verwaltung entfernen. Dahin kam es jedoch nicht. Dieſe heftige Gemuͤthsbewegung in dem hohen Alter von 83 Jahren warf den Papſt ſelbſt zu Boden. Er ward gleich darauf krank: nach wenigen Tagen, am 10. Nov. 1549, ſtarb er. Alles kam ihm den Fuß zu kuͤſſen. Er war eben ſo geliebt, wie ſeine Enkel gehaßt: man bemitleidete ihn, daß er durch Die den Tod erlitten, denen er das meiſte Gute erwieſen hatte. Ein Mann, voll von Talent und Geiſt, durchdringen- der Klugheit, an hoͤchſter Stelle! Aber wie unbedeutend erſcheint auch ein maͤchtiger Sterblicher der Weltgeſchichte gegenuͤber. In all ſeinem Dichten und Trachten iſt er von der Spanne der Zeit, die er uͤberſieht, von ihren mo- mentanen Beſtrebungen, die ſich ihm als die ewigen auf- draͤngen, umfangen und beherrſcht; dann feſſeln ihn noch beſonders die perſoͤnlichen Verhaͤltniſſe an ſeine Stelle, ge- ben ihm vollauf zu thun, erfuͤllen ſeine Tage zuweilen es mag ſeyn mit Genugthuung, oͤfter mit Mißbehagen und Schmerz, reiben ihn auf. Indeſſen er umkommt, vollzie- hen ſich die ewigen Weltgeſchicke. Julius III. Marcellus II. Waͤhrend des Conclaves ſtanden einmal fuͤnf oder ſechs Cardinaͤle um den Altar der Capelle: ſie ſprachen uͤber die Schwierigkeit, die es habe, einen Papſt zu finden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/295
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/295>, abgerufen am 03.12.2024.