Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite
Buch III. Die Päpste um d. Mitte d. 16. Jahrh.

Endlich, um doch etwas zu thun, und wenigstens
Einen festen Punct in diesen Streitigkeiten zu gewinnen,
beschloß der Papst, da das Recht an Piacenza nicht allein
seinem Hause, sondern der Kirche selbst bestritten wurde,
dieß Herzogthum unmittelbar an die Kirche zurückzugeben.
Es war das erste Mal, daß er etwas gegen das Interesse
seiner Enkel that; er zweifelte nicht, daß sie sich gern fügen
würden: er glaubte eine unbedingte Autorität über sie zu
haben: immer hatte er ihren unverbrüchlichen Gehorsam ge-
priesen und sich darin glücklich gefühlt. Aber der Unter-
schied war, daß er bisher jedesmal ihren augenscheinlichen
Vortheil verfochten, jetzt dagegen etwas ausführen wollte,
was demselben zuwiderlief 1). Sie versuchten anfangs, ihm
auf indirecte Weise beizukommen. Sie ließen ihm vorstel-
len: der Tag, auf den er das Consistorium angesetzt, sey
ein unglücklicher: es war Rochustag; der Tausch mit Ca-
merino, das er ihnen dafür wiedergeben wollte, werde für
die Kirche eher ein Verlust seyn: die Gründe, deren er sich
ehedem selbst bedient, setzten sie ihm jetzt entgegen: aber sie
konnten die Sache damit nur aufhalten, nicht verhindern:
den Befehlshaber von Parma, Camillo Orsino, wies Paul III.
endlich an, diese Stadt im Namen der Kirche besetzt zu hal-
ten, und sie an Niemand auszuliefern, wer es auch sey. Nach
dieser Erklärung, die keinen Zweifel übrig ließ, hielten

Le pape avec ses ministres vous ont jusque ici use de toutes
dissimulations lesquels ils ont voulu couvrir de pur mensonge,
pour en former une vraie mechancete puisqu'il faut que je l'ap-
pelle ainsi.
1) Auch Dandolo versichert seinen bestimmten Entschluß. S. S.
era al tutto volta a restituir Parma alla chiesa.
Buch III. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 16. Jahrh.

Endlich, um doch etwas zu thun, und wenigſtens
Einen feſten Punct in dieſen Streitigkeiten zu gewinnen,
beſchloß der Papſt, da das Recht an Piacenza nicht allein
ſeinem Hauſe, ſondern der Kirche ſelbſt beſtritten wurde,
dieß Herzogthum unmittelbar an die Kirche zuruͤckzugeben.
Es war das erſte Mal, daß er etwas gegen das Intereſſe
ſeiner Enkel that; er zweifelte nicht, daß ſie ſich gern fuͤgen
wuͤrden: er glaubte eine unbedingte Autoritaͤt uͤber ſie zu
haben: immer hatte er ihren unverbruͤchlichen Gehorſam ge-
prieſen und ſich darin gluͤcklich gefuͤhlt. Aber der Unter-
ſchied war, daß er bisher jedesmal ihren augenſcheinlichen
Vortheil verfochten, jetzt dagegen etwas ausfuͤhren wollte,
was demſelben zuwiderlief 1). Sie verſuchten anfangs, ihm
auf indirecte Weiſe beizukommen. Sie ließen ihm vorſtel-
len: der Tag, auf den er das Conſiſtorium angeſetzt, ſey
ein ungluͤcklicher: es war Rochustag; der Tauſch mit Ca-
merino, das er ihnen dafuͤr wiedergeben wollte, werde fuͤr
die Kirche eher ein Verluſt ſeyn: die Gruͤnde, deren er ſich
ehedem ſelbſt bedient, ſetzten ſie ihm jetzt entgegen: aber ſie
konnten die Sache damit nur aufhalten, nicht verhindern:
den Befehlshaber von Parma, Camillo Orſino, wies Paul III.
endlich an, dieſe Stadt im Namen der Kirche beſetzt zu hal-
ten, und ſie an Niemand auszuliefern, wer es auch ſey. Nach
dieſer Erklaͤrung, die keinen Zweifel uͤbrig ließ, hielten

Le pape avec ses ministres vous ont jusque ici usé de toutes
dissimulations lesquels ils ont voulu couvrir de pur mensonge,
pour en former une vraie mechanceté puisqu’il faut que je l’ap-
pelle ainsi.
1) Auch Dandolo verſichert ſeinen beſtimmten Entſchluß. S. S.
era al tutto volta a restituir Parma alla chiesa.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0292" n="266"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#g">Buch</hi> <hi rendition="#aq">III.</hi> <hi rendition="#g">Die Pa&#x0364;p&#x017F;te um d. Mitte d. 16. Jahrh.</hi> </fw><lb/>
          <p>Endlich, um doch etwas zu thun, und wenig&#x017F;tens<lb/>
Einen fe&#x017F;ten Punct in die&#x017F;en Streitigkeiten zu gewinnen,<lb/>
be&#x017F;chloß der Pap&#x017F;t, da das Recht an Piacenza nicht allein<lb/>
&#x017F;einem Hau&#x017F;e, &#x017F;ondern der Kirche &#x017F;elb&#x017F;t be&#x017F;tritten wurde,<lb/>
dieß Herzogthum unmittelbar an die Kirche zuru&#x0364;ckzugeben.<lb/>
Es war das er&#x017F;te Mal, daß er etwas gegen das Intere&#x017F;&#x017F;e<lb/>
&#x017F;einer Enkel that; er zweifelte nicht, daß &#x017F;ie &#x017F;ich gern fu&#x0364;gen<lb/>
wu&#x0364;rden: er glaubte eine unbedingte Autorita&#x0364;t u&#x0364;ber &#x017F;ie zu<lb/>
haben: immer hatte er ihren unverbru&#x0364;chlichen Gehor&#x017F;am ge-<lb/>
prie&#x017F;en und &#x017F;ich darin glu&#x0364;cklich gefu&#x0364;hlt. Aber der Unter-<lb/>
&#x017F;chied war, daß er bisher jedesmal ihren augen&#x017F;cheinlichen<lb/>
Vortheil verfochten, jetzt dagegen etwas ausfu&#x0364;hren wollte,<lb/>
was dem&#x017F;elben zuwiderlief <note place="foot" n="1)">Auch Dandolo ver&#x017F;ichert &#x017F;einen be&#x017F;timmten Ent&#x017F;chluß. <hi rendition="#aq">S. S.<lb/>
era al tutto volta a restituir Parma alla chiesa.</hi></note>. Sie ver&#x017F;uchten anfangs, ihm<lb/>
auf indirecte Wei&#x017F;e beizukommen. Sie ließen ihm vor&#x017F;tel-<lb/>
len: der Tag, auf den er das Con&#x017F;i&#x017F;torium ange&#x017F;etzt, &#x017F;ey<lb/>
ein unglu&#x0364;cklicher: es war Rochustag; der Tau&#x017F;ch mit Ca-<lb/>
merino, das er ihnen dafu&#x0364;r wiedergeben wollte, werde fu&#x0364;r<lb/>
die Kirche eher ein Verlu&#x017F;t &#x017F;eyn: die Gru&#x0364;nde, deren er &#x017F;ich<lb/>
ehedem &#x017F;elb&#x017F;t bedient, &#x017F;etzten &#x017F;ie ihm jetzt entgegen: aber &#x017F;ie<lb/>
konnten die Sache damit nur aufhalten, nicht verhindern:<lb/>
den Befehlshaber von Parma, Camillo Or&#x017F;ino, wies Paul <hi rendition="#aq">III.</hi><lb/>
endlich an, die&#x017F;e Stadt im Namen der Kirche be&#x017F;etzt zu hal-<lb/>
ten, und &#x017F;ie an Niemand auszuliefern, wer es auch &#x017F;ey. Nach<lb/>
die&#x017F;er Erkla&#x0364;rung, die keinen Zweifel u&#x0364;brig ließ, hielten<lb/><note xml:id="note-0292" prev="#note-0291" place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq">Le pape avec ses ministres vous ont jusque ici usé de toutes<lb/>
dissimulations lesquels ils ont voulu couvrir de pur mensonge,<lb/>
pour en former une vraie mechanceté puisqu&#x2019;il faut que je l&#x2019;ap-<lb/>
pelle ainsi.</hi></note><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[266/0292] Buch III. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 16. Jahrh. Endlich, um doch etwas zu thun, und wenigſtens Einen feſten Punct in dieſen Streitigkeiten zu gewinnen, beſchloß der Papſt, da das Recht an Piacenza nicht allein ſeinem Hauſe, ſondern der Kirche ſelbſt beſtritten wurde, dieß Herzogthum unmittelbar an die Kirche zuruͤckzugeben. Es war das erſte Mal, daß er etwas gegen das Intereſſe ſeiner Enkel that; er zweifelte nicht, daß ſie ſich gern fuͤgen wuͤrden: er glaubte eine unbedingte Autoritaͤt uͤber ſie zu haben: immer hatte er ihren unverbruͤchlichen Gehorſam ge- prieſen und ſich darin gluͤcklich gefuͤhlt. Aber der Unter- ſchied war, daß er bisher jedesmal ihren augenſcheinlichen Vortheil verfochten, jetzt dagegen etwas ausfuͤhren wollte, was demſelben zuwiderlief 1). Sie verſuchten anfangs, ihm auf indirecte Weiſe beizukommen. Sie ließen ihm vorſtel- len: der Tag, auf den er das Conſiſtorium angeſetzt, ſey ein ungluͤcklicher: es war Rochustag; der Tauſch mit Ca- merino, das er ihnen dafuͤr wiedergeben wollte, werde fuͤr die Kirche eher ein Verluſt ſeyn: die Gruͤnde, deren er ſich ehedem ſelbſt bedient, ſetzten ſie ihm jetzt entgegen: aber ſie konnten die Sache damit nur aufhalten, nicht verhindern: den Befehlshaber von Parma, Camillo Orſino, wies Paul III. endlich an, dieſe Stadt im Namen der Kirche beſetzt zu hal- ten, und ſie an Niemand auszuliefern, wer es auch ſey. Nach dieſer Erklaͤrung, die keinen Zweifel uͤbrig ließ, hielten 2) 1) Auch Dandolo verſichert ſeinen beſtimmten Entſchluß. S. S. era al tutto volta a restituir Parma alla chiesa. 2) Le pape avec ses ministres vous ont jusque ici usé de toutes dissimulations lesquels ils ont voulu couvrir de pur mensonge, pour en former une vraie mechanceté puisqu’il faut que je l’ap- pelle ainsi.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/292
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/292>, abgerufen am 22.11.2024.