Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch III. Die Päpste um d. Mitte d. 16. Jahrh.
"dem so viele Unternehmungen glücklich gelungen sind, hat
keinen lebhafteren Wunsch übrig, als auch in Florenz etwas
zu vermögen, als diese Stadt dem Kaiser zu entfremden:
aber mit diesem Wunsche soll er in die Grube fahren 1)."

In gewisser Hinsicht stehen Kaiser und Papst einan-
der noch immer als die Häupter zweier Factionen gegen-
über. Hat der Kaiser seine Tochter in das Haus des Pap-
stes vermählt, so hat er es nur gethan, um ihn damit
im Zaum zu halten, um, wie er selbst sagt, den bestehen-
den Zustand in Italien zu behaupten. Der Papst dagegen
wünscht seine Verbindung mit dem Kaiser zu benutzen, um
der kaiserlichen Macht etwas abzugewinnen. Sein Haus
möchte er zugleich im Schutze des Kaisers und durch die
Beihülfe der Gegner desselben erhöhen. In der That giebt
es noch eine gibellinische und eine guelfische Partei. Jene
hält sich noch immer zu dem Kaiser, diese noch immer zu
dem Papst.

Im Jahre 1545 finden wir trotz alle dem die beiden
Häupter wieder in freundschaftlichem Vernehmen. Daß
Margarethe guter Hoffnung war, die Aussicht, bald einen
Abkömmling des Kaisers in ihrem Geschlechte zu haben,
machte den Farnesen neues Herz zu Carl V. Cardinal
Alessandro Farnese begab sich zu ihm nach Worms. Es
ist eine der wichtigsten Sendungen Pauls III. Dem Car-
dinal gelang es, den Unmuth des Kaisers noch einmal zu
begütigen. Ueber einige Beschuldigungen suchte er sich und

1) Schreiben Cosimo's, gefunden in dem mediceischen Archiv.
Noch vom Jahre 1537. Al Papa non e restato altra voglia in
questo mondo se non disporre di questo stato e levarlo dalla di-
votione dell' imperatore etc.

Buch III. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 16. Jahrh.
„dem ſo viele Unternehmungen gluͤcklich gelungen ſind, hat
keinen lebhafteren Wunſch uͤbrig, als auch in Florenz etwas
zu vermoͤgen, als dieſe Stadt dem Kaiſer zu entfremden:
aber mit dieſem Wunſche ſoll er in die Grube fahren 1).“

In gewiſſer Hinſicht ſtehen Kaiſer und Papſt einan-
der noch immer als die Haͤupter zweier Factionen gegen-
uͤber. Hat der Kaiſer ſeine Tochter in das Haus des Pap-
ſtes vermaͤhlt, ſo hat er es nur gethan, um ihn damit
im Zaum zu halten, um, wie er ſelbſt ſagt, den beſtehen-
den Zuſtand in Italien zu behaupten. Der Papſt dagegen
wuͤnſcht ſeine Verbindung mit dem Kaiſer zu benutzen, um
der kaiſerlichen Macht etwas abzugewinnen. Sein Haus
moͤchte er zugleich im Schutze des Kaiſers und durch die
Beihuͤlfe der Gegner deſſelben erhoͤhen. In der That giebt
es noch eine gibelliniſche und eine guelfiſche Partei. Jene
haͤlt ſich noch immer zu dem Kaiſer, dieſe noch immer zu
dem Papſt.

Im Jahre 1545 finden wir trotz alle dem die beiden
Haͤupter wieder in freundſchaftlichem Vernehmen. Daß
Margarethe guter Hoffnung war, die Ausſicht, bald einen
Abkoͤmmling des Kaiſers in ihrem Geſchlechte zu haben,
machte den Farneſen neues Herz zu Carl V. Cardinal
Aleſſandro Farneſe begab ſich zu ihm nach Worms. Es
iſt eine der wichtigſten Sendungen Pauls III. Dem Car-
dinal gelang es, den Unmuth des Kaiſers noch einmal zu
beguͤtigen. Ueber einige Beſchuldigungen ſuchte er ſich und

1) Schreiben Coſimo’s, gefunden in dem mediceiſchen Archiv.
Noch vom Jahre 1537. Al Papa non è restato altra voglia in
questo mondo se non disporre di questo stato e levarlo dalla di-
votione dell’ imperatore etc.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0276" n="250"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Buch</hi><hi rendition="#aq">III.</hi><hi rendition="#g">Die Pa&#x0364;p&#x017F;te um d. Mitte d. 16. Jahrh</hi>.</fw><lb/>
&#x201E;dem &#x017F;o viele Unternehmungen glu&#x0364;cklich gelungen &#x017F;ind, hat<lb/>
keinen lebhafteren Wun&#x017F;ch u&#x0364;brig, als auch in Florenz etwas<lb/>
zu vermo&#x0364;gen, als die&#x017F;e Stadt dem Kai&#x017F;er zu entfremden:<lb/>
aber mit die&#x017F;em Wun&#x017F;che &#x017F;oll er in die Grube fahren <note place="foot" n="1)">Schreiben Co&#x017F;imo&#x2019;s, gefunden in dem medicei&#x017F;chen Archiv.<lb/>
Noch vom Jahre 1537. <hi rendition="#aq">Al Papa non è restato altra voglia in<lb/>
questo mondo se non disporre di questo stato e levarlo dalla di-<lb/>
votione dell&#x2019; imperatore etc.</hi></note>.&#x201C;</p><lb/>
          <p>In gewi&#x017F;&#x017F;er Hin&#x017F;icht &#x017F;tehen Kai&#x017F;er und Pap&#x017F;t einan-<lb/>
der noch immer als die Ha&#x0364;upter zweier Factionen gegen-<lb/>
u&#x0364;ber. Hat der Kai&#x017F;er &#x017F;eine Tochter in das Haus des Pap-<lb/>
&#x017F;tes verma&#x0364;hlt, &#x017F;o hat er es nur gethan, um ihn damit<lb/>
im Zaum zu halten, um, wie er &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;agt, den be&#x017F;tehen-<lb/>
den Zu&#x017F;tand in Italien zu behaupten. Der Pap&#x017F;t dagegen<lb/>
wu&#x0364;n&#x017F;cht &#x017F;eine Verbindung mit dem Kai&#x017F;er zu benutzen, um<lb/>
der kai&#x017F;erlichen Macht etwas abzugewinnen. Sein Haus<lb/>
mo&#x0364;chte er zugleich im Schutze des Kai&#x017F;ers und durch die<lb/>
Beihu&#x0364;lfe der Gegner de&#x017F;&#x017F;elben erho&#x0364;hen. In der That giebt<lb/>
es noch eine gibellini&#x017F;che und eine guelfi&#x017F;che Partei. Jene<lb/>
ha&#x0364;lt &#x017F;ich noch immer zu dem Kai&#x017F;er, die&#x017F;e noch immer zu<lb/>
dem Pap&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Im Jahre 1545 finden wir trotz alle dem die beiden<lb/>
Ha&#x0364;upter wieder in freund&#x017F;chaftlichem Vernehmen. Daß<lb/>
Margarethe guter Hoffnung war, die Aus&#x017F;icht, bald einen<lb/>
Abko&#x0364;mmling des Kai&#x017F;ers in ihrem Ge&#x017F;chlechte zu haben,<lb/>
machte den Farne&#x017F;en neues Herz zu Carl <hi rendition="#aq">V.</hi> Cardinal<lb/>
Ale&#x017F;&#x017F;andro Farne&#x017F;e begab &#x017F;ich zu ihm nach Worms. Es<lb/>
i&#x017F;t eine der wichtig&#x017F;ten Sendungen Pauls <hi rendition="#aq">III.</hi> Dem Car-<lb/>
dinal gelang es, den Unmuth des Kai&#x017F;ers noch einmal zu<lb/>
begu&#x0364;tigen. Ueber einige Be&#x017F;chuldigungen &#x017F;uchte er &#x017F;ich und<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[250/0276] Buch III. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 16. Jahrh. „dem ſo viele Unternehmungen gluͤcklich gelungen ſind, hat keinen lebhafteren Wunſch uͤbrig, als auch in Florenz etwas zu vermoͤgen, als dieſe Stadt dem Kaiſer zu entfremden: aber mit dieſem Wunſche ſoll er in die Grube fahren 1).“ In gewiſſer Hinſicht ſtehen Kaiſer und Papſt einan- der noch immer als die Haͤupter zweier Factionen gegen- uͤber. Hat der Kaiſer ſeine Tochter in das Haus des Pap- ſtes vermaͤhlt, ſo hat er es nur gethan, um ihn damit im Zaum zu halten, um, wie er ſelbſt ſagt, den beſtehen- den Zuſtand in Italien zu behaupten. Der Papſt dagegen wuͤnſcht ſeine Verbindung mit dem Kaiſer zu benutzen, um der kaiſerlichen Macht etwas abzugewinnen. Sein Haus moͤchte er zugleich im Schutze des Kaiſers und durch die Beihuͤlfe der Gegner deſſelben erhoͤhen. In der That giebt es noch eine gibelliniſche und eine guelfiſche Partei. Jene haͤlt ſich noch immer zu dem Kaiſer, dieſe noch immer zu dem Papſt. Im Jahre 1545 finden wir trotz alle dem die beiden Haͤupter wieder in freundſchaftlichem Vernehmen. Daß Margarethe guter Hoffnung war, die Ausſicht, bald einen Abkoͤmmling des Kaiſers in ihrem Geſchlechte zu haben, machte den Farneſen neues Herz zu Carl V. Cardinal Aleſſandro Farneſe begab ſich zu ihm nach Worms. Es iſt eine der wichtigſten Sendungen Pauls III. Dem Car- dinal gelang es, den Unmuth des Kaiſers noch einmal zu beguͤtigen. Ueber einige Beſchuldigungen ſuchte er ſich und 1) Schreiben Coſimo’s, gefunden in dem mediceiſchen Archiv. Noch vom Jahre 1537. Al Papa non è restato altra voglia in questo mondo se non disporre di questo stato e levarlo dalla di- votione dell’ imperatore etc.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/276
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/276>, abgerufen am 26.07.2024.