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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Paul III.
die natürliche Neigung, die ihm aus der Lage seines ita-
lienischen Fürstenthums hervorging, das Uebergewicht der
Spanier zu schwächen und die Gefahr, die mit jedem Ver-
such hierzu verbunden war: das dringende Bedürfniß einer
Reform und die unerwünschte Beschränkung, mit der sie
die päpstliche Macht zu bedrohen schien.

Es ist sehr merkwürdig, wie sich in der Mitte zwi-
schen so vielen einander zuwiderlaufenden Forderungen sein
Wesen entwickelte.

Paul III. hatte eine bequeme, prächtige, geräumige
Art zu seyn. Selten ist ein Papst in Rom so beliebt ge-
wesen wie er es war. Es hat etwas Großartiges, daß er
jene ausgezeichneten Cardinäle ohne ihr Wissen ernannte;
wie vortheilhaft unterscheidet sich dieß Verfahren von den
kleinlichen, persönlichen Rücksichten, die fast in der Regel
genommen wurden! Aber er berief sie nicht allein: er ließ
ihnen auch eine ungewohnte Freiheit: er ertrug in dem
Consistorium den Widerspruch und ermunterte zu rücksichts-
loser Discussion 1).


1) Im Jahre 1538 hat Mc. Anton Contarini über den Hof
des Papstes im venezianischen Senat referirt. Leider habe ich diese
Arbeit weder im venezianischen Archiv noch sonst wo gefunden. In
einem Ms. über den damaligen Türkenkrieg unter dem Titel: tre
libri delli commentari della guerra 1537, 8, 9,
in meinem Besitz
finde ich einen kurzen Auszug daraus, aus dem ich obige Notizen
entnommen. Disse del stato della corte, che molti anni inanzi
li prelati non erano stati in quelle riforma di vita, ch' eran al-
lora e che li cardinali havevano liberta maggiore di dire l'opi-
nion loro in concistoro ch'avesser avuto gia mai da gran tempo
e che di cio il pontefici non solamente non si doleva, ma se
n'era studiatissimo onde per questa ragione si poteva sperare di
giorno in giorno maggior riforma. Considero che tra cardinali
vi erano tali nomini celeberrimi, che per opinione commune il
mondo non n'avria altretanti.

Paul III.
die natuͤrliche Neigung, die ihm aus der Lage ſeines ita-
lieniſchen Fuͤrſtenthums hervorging, das Uebergewicht der
Spanier zu ſchwaͤchen und die Gefahr, die mit jedem Ver-
ſuch hierzu verbunden war: das dringende Beduͤrfniß einer
Reform und die unerwuͤnſchte Beſchraͤnkung, mit der ſie
die paͤpſtliche Macht zu bedrohen ſchien.

Es iſt ſehr merkwuͤrdig, wie ſich in der Mitte zwi-
ſchen ſo vielen einander zuwiderlaufenden Forderungen ſein
Weſen entwickelte.

Paul III. hatte eine bequeme, praͤchtige, geraͤumige
Art zu ſeyn. Selten iſt ein Papſt in Rom ſo beliebt ge-
weſen wie er es war. Es hat etwas Großartiges, daß er
jene ausgezeichneten Cardinaͤle ohne ihr Wiſſen ernannte;
wie vortheilhaft unterſcheidet ſich dieß Verfahren von den
kleinlichen, perſoͤnlichen Ruͤckſichten, die faſt in der Regel
genommen wurden! Aber er berief ſie nicht allein: er ließ
ihnen auch eine ungewohnte Freiheit: er ertrug in dem
Conſiſtorium den Widerſpruch und ermunterte zu ruͤckſichts-
loſer Discuſſion 1).


1) Im Jahre 1538 hat Mc. Anton Contarini uͤber den Hof
des Papſtes im venezianiſchen Senat referirt. Leider habe ich dieſe
Arbeit weder im venezianiſchen Archiv noch ſonſt wo gefunden. In
einem Ms. uͤber den damaligen Tuͤrkenkrieg unter dem Titel: tre
libri delli commentari della guerra 1537, 8, 9,
in meinem Beſitz
finde ich einen kurzen Auszug daraus, aus dem ich obige Notizen
entnommen. Disse del stato della corte, che molti anni inanzi
li prelati non erano stati in quelle riforma di vita, ch’ eran al-
lora e che li cardinali havevano libertà maggiore di dire l’opi-
nion loro in concistoro ch’avesser avuto gia mai da gran tempo
e che di ciò il pontefici non solamente non si doleva, ma se
n’era studiatissimo onde per questà ragione si poteva sperare di
giorno in giorno maggior riforma. Considerò che tra cardinali
vi erano tali nomini celeberrimi, che per opinione commune il
mondo non n’avria altretanti.
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[239/0265] Paul III. die natuͤrliche Neigung, die ihm aus der Lage ſeines ita- lieniſchen Fuͤrſtenthums hervorging, das Uebergewicht der Spanier zu ſchwaͤchen und die Gefahr, die mit jedem Ver- ſuch hierzu verbunden war: das dringende Beduͤrfniß einer Reform und die unerwuͤnſchte Beſchraͤnkung, mit der ſie die paͤpſtliche Macht zu bedrohen ſchien. Es iſt ſehr merkwuͤrdig, wie ſich in der Mitte zwi- ſchen ſo vielen einander zuwiderlaufenden Forderungen ſein Weſen entwickelte. Paul III. hatte eine bequeme, praͤchtige, geraͤumige Art zu ſeyn. Selten iſt ein Papſt in Rom ſo beliebt ge- weſen wie er es war. Es hat etwas Großartiges, daß er jene ausgezeichneten Cardinaͤle ohne ihr Wiſſen ernannte; wie vortheilhaft unterſcheidet ſich dieß Verfahren von den kleinlichen, perſoͤnlichen Ruͤckſichten, die faſt in der Regel genommen wurden! Aber er berief ſie nicht allein: er ließ ihnen auch eine ungewohnte Freiheit: er ertrug in dem Conſiſtorium den Widerſpruch und ermunterte zu ruͤckſichts- loſer Discuſſion 1). 1) Im Jahre 1538 hat Mc. Anton Contarini uͤber den Hof des Papſtes im venezianiſchen Senat referirt. Leider habe ich dieſe Arbeit weder im venezianiſchen Archiv noch ſonſt wo gefunden. In einem Ms. uͤber den damaligen Tuͤrkenkrieg unter dem Titel: tre libri delli commentari della guerra 1537, 8, 9, in meinem Beſitz finde ich einen kurzen Auszug daraus, aus dem ich obige Notizen entnommen. Disse del stato della corte, che molti anni inanzi li prelati non erano stati in quelle riforma di vita, ch’ eran al- lora e che li cardinali havevano libertà maggiore di dire l’opi- nion loro in concistoro ch’avesser avuto gia mai da gran tempo e che di ciò il pontefici non solamente non si doleva, ma se n’era studiatissimo onde per questà ragione si poteva sperare di giorno in giorno maggior riforma. Considerò che tra cardinali vi erano tali nomini celeberrimi, che per opinione commune il mondo non n’avria altretanti.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/265>, abgerufen am 25.11.2024.