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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Buch II. Regeneration des Katholicismus.
bei zu der kräftigsten Entwickelung gedeihen lassen will, die
innerhalb des Prinzipes möglich ist.

In der That war dieß auch zu den schwierigen Ge-
schäften, denen sie sich unterzog, unerläßlich. Es waren,
wie wir sahen, Predigt, Unterricht und Beichte. Vornehm-
lich den beiden letzteren widmeten sich die Jesuiten auf ei-
genthümliche Art.

Der Unterricht war bisher in den Händen jener Lite-
ratoren gewesen, die, nachdem sie lange die Studien auf
eine durchaus profane Weise getrieben, darnach auf eine
dem römischen Hofe von Anfang nicht ganz genehme, endlich
von ihm verworfene geistliche Richtung eingegangen waren.
Die Jesuiten machten es sich zu ihrem Geschäft, sie zu ver-
drängen und an ihre Stelle zu treten. Sie waren erstens
systematischer: sie theilten die Schulen in Classen, von den
ersten Anfangsgründen an bis zu der letzten Ausbildung
hinauf gaben sie ihren Unterricht in demselben Geiste; sie
beaufsichtigten ferner die Sitten und bildeten wohlgezogene
Leute; sie waren von der Staatsgewalt begünstigt; end-
lich, sie gaben ihren Unterricht umsonst. Hatte die Stadt
oder der Fürst ein Collegium gegründet, so brauchte kein
Privatmann weiter etwas zu zahlen. Es war ihnen aus-
drücklich verboten, Lohn oder Almosen zu fordern oder an-
zunehmen; wie Predigt und Messe, so war auch der Un-
terricht umsonst; in der Kirche selbst war kein Gotteska-
sten. Wie die Menschen nun einmal sind, so mußte ihnen
dieß, zumal da sie nun wirklich mit eben so viel Erfolg
wie Eifer unterrichteten, unendlich förderlich seyn. Nicht
allein den Armen werde damit geholfen, sondern auch den

Rei-

Buch II. Regeneration des Katholicismus.
bei zu der kraͤftigſten Entwickelung gedeihen laſſen will, die
innerhalb des Prinzipes moͤglich iſt.

In der That war dieß auch zu den ſchwierigen Ge-
ſchaͤften, denen ſie ſich unterzog, unerlaͤßlich. Es waren,
wie wir ſahen, Predigt, Unterricht und Beichte. Vornehm-
lich den beiden letzteren widmeten ſich die Jeſuiten auf ei-
genthuͤmliche Art.

Der Unterricht war bisher in den Haͤnden jener Lite-
ratoren geweſen, die, nachdem ſie lange die Studien auf
eine durchaus profane Weiſe getrieben, darnach auf eine
dem roͤmiſchen Hofe von Anfang nicht ganz genehme, endlich
von ihm verworfene geiſtliche Richtung eingegangen waren.
Die Jeſuiten machten es ſich zu ihrem Geſchaͤft, ſie zu ver-
draͤngen und an ihre Stelle zu treten. Sie waren erſtens
ſyſtematiſcher: ſie theilten die Schulen in Claſſen, von den
erſten Anfangsgruͤnden an bis zu der letzten Ausbildung
hinauf gaben ſie ihren Unterricht in demſelben Geiſte; ſie
beaufſichtigten ferner die Sitten und bildeten wohlgezogene
Leute; ſie waren von der Staatsgewalt beguͤnſtigt; end-
lich, ſie gaben ihren Unterricht umſonſt. Hatte die Stadt
oder der Fuͤrſt ein Collegium gegruͤndet, ſo brauchte kein
Privatmann weiter etwas zu zahlen. Es war ihnen aus-
druͤcklich verboten, Lohn oder Almoſen zu fordern oder an-
zunehmen; wie Predigt und Meſſe, ſo war auch der Un-
terricht umſonſt; in der Kirche ſelbſt war kein Gotteska-
ſten. Wie die Menſchen nun einmal ſind, ſo mußte ihnen
dieß, zumal da ſie nun wirklich mit eben ſo viel Erfolg
wie Eifer unterrichteten, unendlich foͤrderlich ſeyn. Nicht
allein den Armen werde damit geholfen, ſondern auch den

Rei-
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[224/0250] Buch II. Regeneration des Katholicismus. bei zu der kraͤftigſten Entwickelung gedeihen laſſen will, die innerhalb des Prinzipes moͤglich iſt. In der That war dieß auch zu den ſchwierigen Ge- ſchaͤften, denen ſie ſich unterzog, unerlaͤßlich. Es waren, wie wir ſahen, Predigt, Unterricht und Beichte. Vornehm- lich den beiden letzteren widmeten ſich die Jeſuiten auf ei- genthuͤmliche Art. Der Unterricht war bisher in den Haͤnden jener Lite- ratoren geweſen, die, nachdem ſie lange die Studien auf eine durchaus profane Weiſe getrieben, darnach auf eine dem roͤmiſchen Hofe von Anfang nicht ganz genehme, endlich von ihm verworfene geiſtliche Richtung eingegangen waren. Die Jeſuiten machten es ſich zu ihrem Geſchaͤft, ſie zu ver- draͤngen und an ihre Stelle zu treten. Sie waren erſtens ſyſtematiſcher: ſie theilten die Schulen in Claſſen, von den erſten Anfangsgruͤnden an bis zu der letzten Ausbildung hinauf gaben ſie ihren Unterricht in demſelben Geiſte; ſie beaufſichtigten ferner die Sitten und bildeten wohlgezogene Leute; ſie waren von der Staatsgewalt beguͤnſtigt; end- lich, ſie gaben ihren Unterricht umſonſt. Hatte die Stadt oder der Fuͤrſt ein Collegium gegruͤndet, ſo brauchte kein Privatmann weiter etwas zu zahlen. Es war ihnen aus- druͤcklich verboten, Lohn oder Almoſen zu fordern oder an- zunehmen; wie Predigt und Meſſe, ſo war auch der Un- terricht umſonſt; in der Kirche ſelbſt war kein Gotteska- ſten. Wie die Menſchen nun einmal ſind, ſo mußte ihnen dieß, zumal da ſie nun wirklich mit eben ſo viel Erfolg wie Eifer unterrichteten, unendlich foͤrderlich ſeyn. Nicht allein den Armen werde damit geholfen, ſondern auch den Rei-

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/250>, abgerufen am 22.11.2024.