Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.Buch II. Regeneration des Katholicismus. thum sahen wir ihn zu einem geistlichen übergehen: in dieernsthaftesten Anfechtungen fallen, und mit phantastischer Ascetik sich daraus hervorarbeiten: Theolog und Gründer einer schwärmerischen Gesellschaft war er geworden. Jetzt endlich nahmen seine Absichten die bleibende Wendung. Einmal hinderte ihn der Krieg, der eben damals zwischen Venedig und den Türken ausbrach, an der Abreise, und ließ den Gedanken der Wallfahrt noch mehr zurücktreten: sodann aber fand er in Venedig ein Institut, das ihm, man möchte sagen, die Augen erst recht öffnete. Eine Zeitlang schloß sich Loyola auf das engste an Caraffa an; in dem Con- vent der Theatiner, der sich in Venedig gebildet, nahm er Wohnung. Er diente in den Spitälern, über welche Caraffa die Aufsicht führte, in denen dieser seine Novizen sich üben ließ. Zwar fand sich Ignatius durch das thea- tinische Institut nicht völlig befriedigt; er sprach mit Ca- raffa über einige in demselben vorzunehmende Veränderun- gen, und sie sollen darüber mit einander zerfallen seyn 1). Aber schon dieß zeigt, wie tiefen Eindruck es auf ihn machte. Einen Orden von Priestern sah er hier sich den eigentlich clericalischen Pflichten mit Eifer und Strenge widmen. Mußte er, wie immer deutlicher wurde, diesseit des Meeres bleiben, und seine Thätigkeit in den Bezirken der abendländischen Christenheit versuchen, so erkannte er wohl, daß auch er nicht füglich einen andern Weg ein- schlagen konnte. In der That nahm er in Venedig mit allen seinen 1) Sachinus: cujus sit autoritatis quod in b. Cajetani Thie-
naei vita de beato Ignatio traditur vor dem Orlandinus, erörtert dieß Verhältniß ausführlich. Buch II. Regeneration des Katholicismus. thum ſahen wir ihn zu einem geiſtlichen uͤbergehen: in dieernſthafteſten Anfechtungen fallen, und mit phantaſtiſcher Ascetik ſich daraus hervorarbeiten: Theolog und Gruͤnder einer ſchwaͤrmeriſchen Geſellſchaft war er geworden. Jetzt endlich nahmen ſeine Abſichten die bleibende Wendung. Einmal hinderte ihn der Krieg, der eben damals zwiſchen Venedig und den Tuͤrken ausbrach, an der Abreiſe, und ließ den Gedanken der Wallfahrt noch mehr zuruͤcktreten: ſodann aber fand er in Venedig ein Inſtitut, das ihm, man moͤchte ſagen, die Augen erſt recht oͤffnete. Eine Zeitlang ſchloß ſich Loyola auf das engſte an Caraffa an; in dem Con- vent der Theatiner, der ſich in Venedig gebildet, nahm er Wohnung. Er diente in den Spitaͤlern, uͤber welche Caraffa die Aufſicht fuͤhrte, in denen dieſer ſeine Novizen ſich uͤben ließ. Zwar fand ſich Ignatius durch das thea- tiniſche Inſtitut nicht voͤllig befriedigt; er ſprach mit Ca- raffa uͤber einige in demſelben vorzunehmende Veraͤnderun- gen, und ſie ſollen daruͤber mit einander zerfallen ſeyn 1). Aber ſchon dieß zeigt, wie tiefen Eindruck es auf ihn machte. Einen Orden von Prieſtern ſah er hier ſich den eigentlich clericaliſchen Pflichten mit Eifer und Strenge widmen. Mußte er, wie immer deutlicher wurde, dieſſeit des Meeres bleiben, und ſeine Thaͤtigkeit in den Bezirken der abendlaͤndiſchen Chriſtenheit verſuchen, ſo erkannte er wohl, daß auch er nicht fuͤglich einen andern Weg ein- ſchlagen konnte. In der That nahm er in Venedig mit allen ſeinen 1) Sachinus: cujus sit autoritatis quod in b. Cajetani Thie-
naei vita de beato Ignatio traditur vor dem Orlandinus, eroͤrtert dieß Verhaͤltniß ausfuͤhrlich. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0216" n="190"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Buch</hi><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#g">Regeneration des Katholicismus</hi>.</fw><lb/> thum ſahen wir ihn zu einem geiſtlichen uͤbergehen: in die<lb/> ernſthafteſten Anfechtungen fallen, und mit phantaſtiſcher<lb/> Ascetik ſich daraus hervorarbeiten: Theolog und Gruͤnder<lb/> einer ſchwaͤrmeriſchen Geſellſchaft war er geworden. Jetzt<lb/> endlich nahmen ſeine Abſichten die bleibende Wendung.<lb/> Einmal hinderte ihn der Krieg, der eben damals zwiſchen<lb/> Venedig und den Tuͤrken ausbrach, an der Abreiſe, und ließ<lb/> den Gedanken der Wallfahrt noch mehr zuruͤcktreten: ſodann<lb/> aber fand er in Venedig ein Inſtitut, das ihm, man moͤchte<lb/> ſagen, die Augen erſt recht oͤffnete. Eine Zeitlang ſchloß<lb/> ſich Loyola auf das engſte an Caraffa an; in dem Con-<lb/> vent der Theatiner, der ſich in Venedig gebildet, nahm<lb/> er Wohnung. Er diente in den Spitaͤlern, uͤber welche<lb/> Caraffa die Aufſicht fuͤhrte, in denen dieſer ſeine Novizen<lb/> ſich uͤben ließ. Zwar fand ſich Ignatius durch das thea-<lb/> tiniſche Inſtitut nicht voͤllig befriedigt; er ſprach mit Ca-<lb/> raffa uͤber einige in demſelben vorzunehmende Veraͤnderun-<lb/> gen, und ſie ſollen daruͤber mit einander zerfallen ſeyn <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Sachinus: cujus sit autoritatis quod in b. Cajetani Thie-<lb/> naei vita de beato Ignatio traditur</hi> vor dem Orlandinus, eroͤrtert<lb/> dieß Verhaͤltniß ausfuͤhrlich.</note>.<lb/> Aber ſchon dieß zeigt, wie tiefen Eindruck es auf ihn<lb/> machte. Einen Orden von Prieſtern ſah er hier ſich den<lb/> eigentlich clericaliſchen Pflichten mit Eifer und Strenge<lb/> widmen. Mußte er, wie immer deutlicher wurde, dieſſeit<lb/> des Meeres bleiben, und ſeine Thaͤtigkeit in den Bezirken<lb/> der abendlaͤndiſchen Chriſtenheit verſuchen, ſo erkannte er<lb/> wohl, daß auch er nicht fuͤglich einen andern Weg ein-<lb/> ſchlagen konnte.</p><lb/> <p>In der That nahm er in Venedig mit allen ſeinen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [190/0216]
Buch II. Regeneration des Katholicismus.
thum ſahen wir ihn zu einem geiſtlichen uͤbergehen: in die
ernſthafteſten Anfechtungen fallen, und mit phantaſtiſcher
Ascetik ſich daraus hervorarbeiten: Theolog und Gruͤnder
einer ſchwaͤrmeriſchen Geſellſchaft war er geworden. Jetzt
endlich nahmen ſeine Abſichten die bleibende Wendung.
Einmal hinderte ihn der Krieg, der eben damals zwiſchen
Venedig und den Tuͤrken ausbrach, an der Abreiſe, und ließ
den Gedanken der Wallfahrt noch mehr zuruͤcktreten: ſodann
aber fand er in Venedig ein Inſtitut, das ihm, man moͤchte
ſagen, die Augen erſt recht oͤffnete. Eine Zeitlang ſchloß
ſich Loyola auf das engſte an Caraffa an; in dem Con-
vent der Theatiner, der ſich in Venedig gebildet, nahm
er Wohnung. Er diente in den Spitaͤlern, uͤber welche
Caraffa die Aufſicht fuͤhrte, in denen dieſer ſeine Novizen
ſich uͤben ließ. Zwar fand ſich Ignatius durch das thea-
tiniſche Inſtitut nicht voͤllig befriedigt; er ſprach mit Ca-
raffa uͤber einige in demſelben vorzunehmende Veraͤnderun-
gen, und ſie ſollen daruͤber mit einander zerfallen ſeyn 1).
Aber ſchon dieß zeigt, wie tiefen Eindruck es auf ihn
machte. Einen Orden von Prieſtern ſah er hier ſich den
eigentlich clericaliſchen Pflichten mit Eifer und Strenge
widmen. Mußte er, wie immer deutlicher wurde, dieſſeit
des Meeres bleiben, und ſeine Thaͤtigkeit in den Bezirken
der abendlaͤndiſchen Chriſtenheit verſuchen, ſo erkannte er
wohl, daß auch er nicht fuͤglich einen andern Weg ein-
ſchlagen konnte.
In der That nahm er in Venedig mit allen ſeinen
1) Sachinus: cujus sit autoritatis quod in b. Cajetani Thie-
naei vita de beato Ignatio traditur vor dem Orlandinus, eroͤrtert
dieß Verhaͤltniß ausfuͤhrlich.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |