Eines Sonntags im Jahre 1535, als grade der große Rath versammelt war und Contarini, der indeß in die wichtigsten Aemter gekommen, bei den Wahlurnen saß, traf die Nachricht ein, Papst Paul, den er nicht kannte, zu dem er keinerlei Verhältniß hatte, habe ihn zum Cardinal er- nannt. Alles eilte herbei, um ihn, den Ueberraschten, der es nicht glauben wollte, zu beglückwünschen. Aluise Mo- cenigo, der ihm bisher in den Staatsgeschäften die Wi- derpart gehalten, rief aus, die Republik verliere ihren be- sten Bürger 1).
Für ihn jedoch hatte dieß ehrenvolle Glück auch eine minder erfreuliche Seite. Sollte er die freie Vaterstadt verlassen, die ihm ihre höchsten Würden und auf jeden Fall einen Wirkungskreis in völliger Gleichheit mit den Häuptern des Staates darbot, um in den Dienst eines oft leidenschaftlichen, durch keine bindenden Gesetze einge- schränkten Papstes zu treten? Sollte er sich aus seiner altväterischen Republik entfernen, deren Sitten den seinen entsprachen, um sich in dem Luxus und Glanz des römischen Hofes mit den Uebrigen zu messen? Hauptsächlich hat ihn, wie man versichert, die Betrachtung, daß in so schwieri- gen Zeiten das Beispiel der Verachtung einer so hohen Würde, eine schädliche Wirkung haben werde, dazu be- stimmt, sie anzunehmen 2).
ist die erste für die frühere Zeit Carls V. sehr wichtig. Ich habe von derselben weder in Wien noch Venedig eine Spur gefunden. In Rom entdeckte ich ein Exemplar: ein andres habe ich nie zu se- hen bekommen.
1)Daniel Barbaro an Domenico Veniero; Lettere volgari I, 73.
2)Casa p. 102.
BuchII.Regeneration des Katholicismus.
Eines Sonntags im Jahre 1535, als grade der große Rath verſammelt war und Contarini, der indeß in die wichtigſten Aemter gekommen, bei den Wahlurnen ſaß, traf die Nachricht ein, Papſt Paul, den er nicht kannte, zu dem er keinerlei Verhaͤltniß hatte, habe ihn zum Cardinal er- nannt. Alles eilte herbei, um ihn, den Ueberraſchten, der es nicht glauben wollte, zu begluͤckwuͤnſchen. Aluiſe Mo- cenigo, der ihm bisher in den Staatsgeſchaͤften die Wi- derpart gehalten, rief aus, die Republik verliere ihren be- ſten Buͤrger 1).
Fuͤr ihn jedoch hatte dieß ehrenvolle Gluͤck auch eine minder erfreuliche Seite. Sollte er die freie Vaterſtadt verlaſſen, die ihm ihre hoͤchſten Wuͤrden und auf jeden Fall einen Wirkungskreis in voͤlliger Gleichheit mit den Haͤuptern des Staates darbot, um in den Dienſt eines oft leidenſchaftlichen, durch keine bindenden Geſetze einge- ſchraͤnkten Papſtes zu treten? Sollte er ſich aus ſeiner altvaͤteriſchen Republik entfernen, deren Sitten den ſeinen entſprachen, um ſich in dem Luxus und Glanz des roͤmiſchen Hofes mit den Uebrigen zu meſſen? Hauptſaͤchlich hat ihn, wie man verſichert, die Betrachtung, daß in ſo ſchwieri- gen Zeiten das Beiſpiel der Verachtung einer ſo hohen Wuͤrde, eine ſchaͤdliche Wirkung haben werde, dazu be- ſtimmt, ſie anzunehmen 2).
iſt die erſte fuͤr die fruͤhere Zeit Carls V. ſehr wichtig. Ich habe von derſelben weder in Wien noch Venedig eine Spur gefunden. In Rom entdeckte ich ein Exemplar: ein andres habe ich nie zu ſe- hen bekommen.
1)Daniel Barbaro an Domenico Veniero; Lettere volgari I, 73.
2)Casa p. 102.
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Buch II. Regeneration des Katholicismus.
Eines Sonntags im Jahre 1535, als grade der große
Rath verſammelt war und Contarini, der indeß in die
wichtigſten Aemter gekommen, bei den Wahlurnen ſaß, traf
die Nachricht ein, Papſt Paul, den er nicht kannte, zu dem
er keinerlei Verhaͤltniß hatte, habe ihn zum Cardinal er-
nannt. Alles eilte herbei, um ihn, den Ueberraſchten, der
es nicht glauben wollte, zu begluͤckwuͤnſchen. Aluiſe Mo-
cenigo, der ihm bisher in den Staatsgeſchaͤften die Wi-
derpart gehalten, rief aus, die Republik verliere ihren be-
ſten Buͤrger 1).
Fuͤr ihn jedoch hatte dieß ehrenvolle Gluͤck auch eine
minder erfreuliche Seite. Sollte er die freie Vaterſtadt
verlaſſen, die ihm ihre hoͤchſten Wuͤrden und auf jeden
Fall einen Wirkungskreis in voͤlliger Gleichheit mit den
Haͤuptern des Staates darbot, um in den Dienſt eines
oft leidenſchaftlichen, durch keine bindenden Geſetze einge-
ſchraͤnkten Papſtes zu treten? Sollte er ſich aus ſeiner
altvaͤteriſchen Republik entfernen, deren Sitten den ſeinen
entſprachen, um ſich in dem Luxus und Glanz des roͤmiſchen
Hofes mit den Uebrigen zu meſſen? Hauptſaͤchlich hat ihn,
wie man verſichert, die Betrachtung, daß in ſo ſchwieri-
gen Zeiten das Beiſpiel der Verachtung einer ſo hohen
Wuͤrde, eine ſchaͤdliche Wirkung haben werde, dazu be-
ſtimmt, ſie anzunehmen 2).
2)
1) Daniel Barbaro an Domenico Veniero; Lettere volgari
I, 73.
2) Casa p. 102.
2) iſt die erſte fuͤr die fruͤhere Zeit Carls V. ſehr wichtig. Ich habe
von derſelben weder in Wien noch Venedig eine Spur gefunden. In
Rom entdeckte ich ein Exemplar: ein andres habe ich nie zu ſe-
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/180>, abgerufen am 26.11.2024.
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