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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Unter Clemens VII.
erst die Deutschen und die Spanier aus Italien verjagt
seyn würden" 1). Es erfolgte hiervon, wie wir wissen,
das Gegentheil. Die Kaiserlichen setzten sich nun erst recht
fest: wir sahen, in welch' engen Bund Clemens mit ihnen
trat: unter so veränderten Umständen konnte er eine Hoff-
nung nicht erfüllen, die er überdieß nur flüchtig angedeu-
tet hatte 2). Kaum war der Friede von Barcelona geschlos-
sen, so avocirte er den Proceß nach Rom. Die Frau, von
der sich Heinrich scheiden wollte, war die Tante des Kai-
sers; von einem früheren Papst war die Ehe ausdrücklich
gut geheißen worden: wie hätte, sobald die Sache einmal
in den processualischen Gang vor den Gerichtshöfen der
Curie geleitet worden, zumal unter dem immerwährenden
Einfluß der Kaiserlichen, die Entscheidung zweifelhaft seyn
können? Aber Heinrich wußte sich zu rächen. Auch er
war im Grunde seines Herzens papistisch gesinnt: diese
Sache jedoch rief die entgegengesetzten Leidenschaften in ihm

1) Aus den Depeschen des Doctor Knight von Orvieto, 1sten
und 9ten Januar 1528; Herbert Life of Henry VIII, p. 218.
2) Die ganze Lage erkennt man aus folgender Stelle eines
Schreibens des päpstlichen Secretärs Sanga an Campeggi: Viterbo
2. Sept. 1528, in dem Augenblick, daß die neapolitanische Unter-
nehmung mißlungen war (ein Erfolg, dessen in dem Briefe gedacht
wird) und Campeggi nach England gehen wollte. Come vostra Sign.
Revma. sa, tenendosi N. Signore obligatissimo come fa a quel
Serenmo. re, nessuna cosa e si grande della quale non desideri
compiacerli, ma bisogna ancora che sua Beatitudine, vedendo
l'imperatore vittorioso e sperando in questa vittoria non trovarlo
alieno della pace -- non si precipiti a dare all' imperatore
causa di nuova rottura, la quale leveria in perpetuo ogni spe-
ranza di pace: oltre che al certo metteria S. Sa. a fuoco et a
totale eccidio tutto il suo stato. (Lettere di diversi autori Ve-
netia 1556 p. 39.)

Unter Clemens VII.
erſt die Deutſchen und die Spanier aus Italien verjagt
ſeyn wuͤrden“ 1). Es erfolgte hiervon, wie wir wiſſen,
das Gegentheil. Die Kaiſerlichen ſetzten ſich nun erſt recht
feſt: wir ſahen, in welch’ engen Bund Clemens mit ihnen
trat: unter ſo veraͤnderten Umſtaͤnden konnte er eine Hoff-
nung nicht erfuͤllen, die er uͤberdieß nur fluͤchtig angedeu-
tet hatte 2). Kaum war der Friede von Barcelona geſchloſ-
ſen, ſo avocirte er den Proceß nach Rom. Die Frau, von
der ſich Heinrich ſcheiden wollte, war die Tante des Kai-
ſers; von einem fruͤheren Papſt war die Ehe ausdruͤcklich
gut geheißen worden: wie haͤtte, ſobald die Sache einmal
in den proceſſualiſchen Gang vor den Gerichtshoͤfen der
Curie geleitet worden, zumal unter dem immerwaͤhrenden
Einfluß der Kaiſerlichen, die Entſcheidung zweifelhaft ſeyn
koͤnnen? Aber Heinrich wußte ſich zu raͤchen. Auch er
war im Grunde ſeines Herzens papiſtiſch geſinnt: dieſe
Sache jedoch rief die entgegengeſetzten Leidenſchaften in ihm

1) Aus den Depeſchen des Doctor Knight von Orvieto, 1ſten
und 9ten Januar 1528; Herbert Life of Henry VIII, p. 218.
2) Die ganze Lage erkennt man aus folgender Stelle eines
Schreibens des paͤpſtlichen Secretaͤrs Sanga an Campeggi: Viterbo
2. Sept. 1528, in dem Augenblick, daß die neapolitaniſche Unter-
nehmung mißlungen war (ein Erfolg, deſſen in dem Briefe gedacht
wird) und Campeggi nach England gehen wollte. Come vostra Sign.
Revm̱a̱. sa, tenendosi N. Signore obligatissimo come fa a quel
Serenm̱o̱. re, nessuna cosa è si grande della quale non desideri
compiacerli, ma bisogna ancora che sua Beatitudine, vedendo
l’imperatore vittorioso e sperando in questa vittoria non trovarlo
alieno della pace — non si precipiti a dare all’ imperatore
causa di nuova rottura, la quale leveria in perpetuo ogni spe-
ranza di pace: oltre che al certo metteria S. Sà.̱ a fuoco et a
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[125/0151] Unter Clemens VII. erſt die Deutſchen und die Spanier aus Italien verjagt ſeyn wuͤrden“ 1). Es erfolgte hiervon, wie wir wiſſen, das Gegentheil. Die Kaiſerlichen ſetzten ſich nun erſt recht feſt: wir ſahen, in welch’ engen Bund Clemens mit ihnen trat: unter ſo veraͤnderten Umſtaͤnden konnte er eine Hoff- nung nicht erfuͤllen, die er uͤberdieß nur fluͤchtig angedeu- tet hatte 2). Kaum war der Friede von Barcelona geſchloſ- ſen, ſo avocirte er den Proceß nach Rom. Die Frau, von der ſich Heinrich ſcheiden wollte, war die Tante des Kai- ſers; von einem fruͤheren Papſt war die Ehe ausdruͤcklich gut geheißen worden: wie haͤtte, ſobald die Sache einmal in den proceſſualiſchen Gang vor den Gerichtshoͤfen der Curie geleitet worden, zumal unter dem immerwaͤhrenden Einfluß der Kaiſerlichen, die Entſcheidung zweifelhaft ſeyn koͤnnen? Aber Heinrich wußte ſich zu raͤchen. Auch er war im Grunde ſeines Herzens papiſtiſch geſinnt: dieſe Sache jedoch rief die entgegengeſetzten Leidenſchaften in ihm 1) Aus den Depeſchen des Doctor Knight von Orvieto, 1ſten und 9ten Januar 1528; Herbert Life of Henry VIII, p. 218. 2) Die ganze Lage erkennt man aus folgender Stelle eines Schreibens des paͤpſtlichen Secretaͤrs Sanga an Campeggi: Viterbo 2. Sept. 1528, in dem Augenblick, daß die neapolitaniſche Unter- nehmung mißlungen war (ein Erfolg, deſſen in dem Briefe gedacht wird) und Campeggi nach England gehen wollte. Come vostra Sign. Revm̱a̱. sa, tenendosi N. Signore obligatissimo come fa a quel Serenm̱o̱. re, nessuna cosa è si grande della quale non desideri compiacerli, ma bisogna ancora che sua Beatitudine, vedendo l’imperatore vittorioso e sperando in questa vittoria non trovarlo alieno della pace — non si precipiti a dare all’ imperatore causa di nuova rottura, la quale leveria in perpetuo ogni spe- ranza di pace: oltre che al certo metteria S. Sà.̱ a fuoco et a totale eccidio tutto il suo stato. (Lettere di diversi autori Ve- netia 1556 p. 39.)

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/151>, abgerufen am 02.05.2024.