Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite
Unter Clemens VII.

Aber überdieß hatte Clemens VII. auch persönliche
Rücksichten: daß er nicht von gesetzmäßiger Geburt, daß
er nicht auf ganz reinem Wege zu der höchsten Würde em-
porgestiegen war, und sich von persönlichen Zwecken hatte
bestimmen lassen, gegen sein Vaterland mit den Kräften
der Kirche einen kostspieligen Krieg zu führen, alles Dinge,
die einem Papst hoch angerechnet werden mußten, flößte
ihm eine gerechte Furcht ein; schon der Erwähnung eines
Conciliums, sagt Soriano, wich Clemens so weit als mög-
lich aus.

Obwohl er den Vorschlag nicht gradezu verwarf, --
schon um der Ehre des päpstlichen Stuhles willen durfte
er es nicht -- so kann man doch nicht zweifeln, mit wel-
chem Herzen er darauf einging.

Ja er giebt nach: er fügt sich: aber auf das stärkste
führt er zugleich die Gegengründe aus; alle Schwierigkei-
ten und Gefahren, die mit einem Concilium verknüpft
seyen, stellt er auf das lebhafteste dar: den Erfolg findet
er mehr als zweifelhaft 1). Dann macht er Bedingungen
einer Mitwirkung aller andern Fürsten, einer vorläufigen
Unterwerfung der Protestanten, die sich zwar im Systeme
der päpstlichen Doctrin hören lassen, aber bei der Lage der
allgemeinen Verhältnisse nimmermehr zu erfüllen sind. Wie

inviliti tanto, che non se ne trovano danari." Ich sehe, auch
Pallavicini citirt diesen Brief III, 7, 1; ich weiß nicht, wie er
dazu kommt, ihn dem Sanga zuzuschreiben.
1) Z. B. all' imperatore: di man propria di Papa Clemente.
Lettere di principi II, 197. Al contrario nessun (remedio) e
piu pericoloso e per partorir maggiori mali (del concilio) quando
non concorrono le debite circonstanze.
8*
Unter Clemens VII.

Aber uͤberdieß hatte Clemens VII. auch perſoͤnliche
Ruͤckſichten: daß er nicht von geſetzmaͤßiger Geburt, daß
er nicht auf ganz reinem Wege zu der hoͤchſten Wuͤrde em-
porgeſtiegen war, und ſich von perſoͤnlichen Zwecken hatte
beſtimmen laſſen, gegen ſein Vaterland mit den Kraͤften
der Kirche einen koſtſpieligen Krieg zu fuͤhren, alles Dinge,
die einem Papſt hoch angerechnet werden mußten, floͤßte
ihm eine gerechte Furcht ein; ſchon der Erwaͤhnung eines
Conciliums, ſagt Soriano, wich Clemens ſo weit als moͤg-
lich aus.

Obwohl er den Vorſchlag nicht gradezu verwarf, —
ſchon um der Ehre des paͤpſtlichen Stuhles willen durfte
er es nicht — ſo kann man doch nicht zweifeln, mit wel-
chem Herzen er darauf einging.

Ja er giebt nach: er fuͤgt ſich: aber auf das ſtaͤrkſte
fuͤhrt er zugleich die Gegengruͤnde aus; alle Schwierigkei-
ten und Gefahren, die mit einem Concilium verknuͤpft
ſeyen, ſtellt er auf das lebhafteſte dar: den Erfolg findet
er mehr als zweifelhaft 1). Dann macht er Bedingungen
einer Mitwirkung aller andern Fuͤrſten, einer vorlaͤufigen
Unterwerfung der Proteſtanten, die ſich zwar im Syſteme
der paͤpſtlichen Doctrin hoͤren laſſen, aber bei der Lage der
allgemeinen Verhaͤltniſſe nimmermehr zu erfuͤllen ſind. Wie

inviliti tanto, che non se ne trovano danari.“ Ich ſehe, auch
Pallavicini citirt dieſen Brief III, 7, 1; ich weiß nicht, wie er
dazu kommt, ihn dem Sanga zuzuſchreiben.
1) Z. B. all’ imperatore: di man propria di Papa Clemente.
Lettere di principi II, 197. Al contrario nessun (remedio) è
piu pericoloso e per partorir maggiori mali (del concilio) quando
non concorrono le debite circonstanze.
8*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0141" n="115"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#g">Unter Clemens</hi> <hi rendition="#aq">VII.</hi> </fw><lb/>
          <p>Aber u&#x0364;berdieß hatte Clemens <hi rendition="#aq">VII.</hi> auch per&#x017F;o&#x0364;nliche<lb/>
Ru&#x0364;ck&#x017F;ichten: daß er nicht von ge&#x017F;etzma&#x0364;ßiger Geburt, daß<lb/>
er nicht auf ganz reinem Wege zu der ho&#x0364;ch&#x017F;ten Wu&#x0364;rde em-<lb/>
porge&#x017F;tiegen war, und &#x017F;ich von per&#x017F;o&#x0364;nlichen Zwecken hatte<lb/>
be&#x017F;timmen la&#x017F;&#x017F;en, gegen &#x017F;ein Vaterland mit den Kra&#x0364;ften<lb/>
der Kirche einen ko&#x017F;t&#x017F;pieligen Krieg zu fu&#x0364;hren, alles Dinge,<lb/>
die einem Pap&#x017F;t hoch angerechnet werden mußten, flo&#x0364;ßte<lb/>
ihm eine gerechte Furcht ein; &#x017F;chon der Erwa&#x0364;hnung eines<lb/>
Conciliums, &#x017F;agt Soriano, wich Clemens &#x017F;o weit als mo&#x0364;g-<lb/>
lich aus.</p><lb/>
          <p>Obwohl er den Vor&#x017F;chlag nicht gradezu verwarf, &#x2014;<lb/>
&#x017F;chon um der Ehre des pa&#x0364;p&#x017F;tlichen Stuhles willen durfte<lb/>
er es nicht &#x2014; &#x017F;o kann man doch nicht zweifeln, mit wel-<lb/>
chem Herzen er darauf einging.</p><lb/>
          <p>Ja er giebt nach: er fu&#x0364;gt &#x017F;ich: aber auf das &#x017F;ta&#x0364;rk&#x017F;te<lb/>
fu&#x0364;hrt er zugleich die Gegengru&#x0364;nde aus; alle Schwierigkei-<lb/>
ten und Gefahren, die mit einem Concilium verknu&#x0364;pft<lb/>
&#x017F;eyen, &#x017F;tellt er auf das lebhafte&#x017F;te dar: den Erfolg findet<lb/>
er mehr als zweifelhaft <note place="foot" n="1)">Z. B. <hi rendition="#aq">all&#x2019; imperatore: di man propria di Papa Clemente.<lb/>
Lettere di principi II, 197. Al contrario nessun (remedio) è<lb/>
piu pericoloso e per partorir maggiori mali (del concilio) quando<lb/>
non concorrono le debite circonstanze.</hi></note>. Dann macht er Bedingungen<lb/>
einer Mitwirkung aller andern Fu&#x0364;r&#x017F;ten, einer vorla&#x0364;ufigen<lb/>
Unterwerfung der Prote&#x017F;tanten, die &#x017F;ich zwar im Sy&#x017F;teme<lb/>
der pa&#x0364;p&#x017F;tlichen Doctrin ho&#x0364;ren la&#x017F;&#x017F;en, aber bei der Lage der<lb/>
allgemeinen Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e nimmermehr zu erfu&#x0364;llen &#x017F;ind. Wie<lb/><note xml:id="note-0141" prev="#note-0140" place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">inviliti tanto, che non se ne trovano danari.&#x201C;</hi> Ich &#x017F;ehe, auch<lb/>
Pallavicini citirt die&#x017F;en Brief <hi rendition="#aq">III,</hi> 7, 1; ich weiß nicht, wie er<lb/>
dazu kommt, ihn dem Sanga zuzu&#x017F;chreiben.</note><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">8*</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[115/0141] Unter Clemens VII. Aber uͤberdieß hatte Clemens VII. auch perſoͤnliche Ruͤckſichten: daß er nicht von geſetzmaͤßiger Geburt, daß er nicht auf ganz reinem Wege zu der hoͤchſten Wuͤrde em- porgeſtiegen war, und ſich von perſoͤnlichen Zwecken hatte beſtimmen laſſen, gegen ſein Vaterland mit den Kraͤften der Kirche einen koſtſpieligen Krieg zu fuͤhren, alles Dinge, die einem Papſt hoch angerechnet werden mußten, floͤßte ihm eine gerechte Furcht ein; ſchon der Erwaͤhnung eines Conciliums, ſagt Soriano, wich Clemens ſo weit als moͤg- lich aus. Obwohl er den Vorſchlag nicht gradezu verwarf, — ſchon um der Ehre des paͤpſtlichen Stuhles willen durfte er es nicht — ſo kann man doch nicht zweifeln, mit wel- chem Herzen er darauf einging. Ja er giebt nach: er fuͤgt ſich: aber auf das ſtaͤrkſte fuͤhrt er zugleich die Gegengruͤnde aus; alle Schwierigkei- ten und Gefahren, die mit einem Concilium verknuͤpft ſeyen, ſtellt er auf das lebhafteſte dar: den Erfolg findet er mehr als zweifelhaft 1). Dann macht er Bedingungen einer Mitwirkung aller andern Fuͤrſten, einer vorlaͤufigen Unterwerfung der Proteſtanten, die ſich zwar im Syſteme der paͤpſtlichen Doctrin hoͤren laſſen, aber bei der Lage der allgemeinen Verhaͤltniſſe nimmermehr zu erfuͤllen ſind. Wie 1) 1) Z. B. all’ imperatore: di man propria di Papa Clemente. Lettere di principi II, 197. Al contrario nessun (remedio) è piu pericoloso e per partorir maggiori mali (del concilio) quando non concorrono le debite circonstanze. 1) inviliti tanto, che non se ne trovano danari.“ Ich ſehe, auch Pallavicini citirt dieſen Brief III, 7, 1; ich weiß nicht, wie er dazu kommt, ihn dem Sanga zuzuſchreiben. 8*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/141
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/141>, abgerufen am 08.05.2024.