Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.man würde sehr Unrecht haben, in einer poetischen Idee, die vielleicht die Veranlassung zu den Gerichtshöfen der Liebe gegeben haben mag, bereits eine förmlich eingerichtete und geordnete Gesellschaft zu suchen. 36) Man führt einen Gerichtshof der Liebe an, der gegen das Ende des zwölften Jahrhunderts von Maria Gräfin von Champagne zu Troyes soll gehalten seyn. Man will sogar die Erkenntnisse dieses Tribunals kennen. 37) Allein die ganze Nachricht beruht auf der Autorität eines italiänischen Manuscripts vom Jahre 1408, welches die Akademie della Crusca in ihrem Wörterbuche anführt, das wir gar nicht weiter kennen, und dem viel frühere Schriften vorausgegangen waren, worin man unter dieser Form dialektische Erörterungen über die Liebe vorgetragen hatte. Es ist möglich, daß hin und wieder Gesellschaften zusammengetreten sind, die, nach Art der heutigen Akademien der Dichtkunst, unter dem Vorsitze eines Fürsten, oder einer Dame von Stande, welche die schöne Kunst beschützten, gewisse Aufgaben festgesetzt, und die beste Ausführung derselben in Versen mit ausgelobten Preisen belohnt haben. Da der gewöhnliche Gegenstand der Dichtkunst damahls Liebe 36) Dieß thut der Präsident Rolland, Recherches sur les prerogatives des Dames chez les Gaulois, sur les cours d'amours etc. a Paris, 1782. Herr Klüber hat, meiner Einsicht nach, mit Unrecht dieser höchst unkritischen Kompilation sein Vertrauen geschenkt. Uebers. von St. Palaye T. II. 260. 37) Crescimbeni della volgar poesia. Memoires de la vie de Petrarque par l'Abbe de Sade in den Noten.
man würde sehr Unrecht haben, in einer poetischen Idee, die vielleicht die Veranlassung zu den Gerichtshöfen der Liebe gegeben haben mag, bereits eine förmlich eingerichtete und geordnete Gesellschaft zu suchen. 36) Man führt einen Gerichtshof der Liebe an, der gegen das Ende des zwölften Jahrhunderts von Maria Gräfin von Champagne zu Troyes soll gehalten seyn. Man will sogar die Erkenntnisse dieses Tribunals kennen. 37) Allein die ganze Nachricht beruht auf der Autorität eines italiänischen Manuscripts vom Jahre 1408, welches die Akademie della Crusca in ihrem Wörterbuche anführt, das wir gar nicht weiter kennen, und dem viel frühere Schriften vorausgegangen waren, worin man unter dieser Form dialektische Erörterungen über die Liebe vorgetragen hatte. Es ist möglich, daß hin und wieder Gesellschaften zusammengetreten sind, die, nach Art der heutigen Akademien der Dichtkunst, unter dem Vorsitze eines Fürsten, oder einer Dame von Stande, welche die schöne Kunst beschützten, gewisse Aufgaben festgesetzt, und die beste Ausführung derselben in Versen mit ausgelobten Preisen belohnt haben. Da der gewöhnliche Gegenstand der Dichtkunst damahls Liebe 36) Dieß thut der Präsident Rolland, Recherches sur les prérogatives des Dames chez les Gaulois, sur les cours d’amours etc. à Paris, 1782. Herr Klüber hat, meiner Einsicht nach, mit Unrecht dieser höchst unkritischen Kompilation sein Vertrauen geschenkt. Uebers. von St. Palaye T. II. 260. 37) Crescimbeni della volgar poesia. Memoires de la vie de Petrarque par l’Abbé de Sade in den Noten.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0238" n="238"/> man würde sehr Unrecht haben, in einer poetischen Idee, die vielleicht die Veranlassung zu den Gerichtshöfen der Liebe gegeben haben mag, bereits eine förmlich eingerichtete und geordnete Gesellschaft zu suchen. <note place="foot" n="36)">Dieß thut der Präsident <hi rendition="#aq">Rolland, Recherches sur les prérogatives des Dames chez les Gaulois, sur les cours d’amours etc. à Paris, 1782.</hi> Herr Klüber hat, meiner Einsicht nach, mit Unrecht dieser höchst unkritischen Kompilation sein Vertrauen geschenkt. Uebers. von St. Palaye T. II. 260.</note> Man führt einen Gerichtshof der Liebe an, der gegen das Ende des zwölften Jahrhunderts von Maria Gräfin von Champagne zu Troyes soll gehalten seyn. Man will sogar die Erkenntnisse dieses Tribunals kennen. <note place="foot" n="37)"><hi rendition="#aq">Crescimbeni della volgar poesia. Memoires de la vie de Petrarque par l’Abbé de Sade</hi> in den Noten.</note> Allein die ganze Nachricht beruht auf der Autorität eines italiänischen Manuscripts vom Jahre 1408, welches die Akademie <hi rendition="#aq">della Crusca</hi> in ihrem Wörterbuche anführt, das wir gar nicht weiter kennen, und dem viel frühere Schriften vorausgegangen waren, worin man unter dieser Form dialektische Erörterungen über die Liebe vorgetragen hatte.</p> <p>Es ist möglich, daß hin und wieder Gesellschaften zusammengetreten sind, die, nach Art der heutigen Akademien der Dichtkunst, unter dem Vorsitze eines Fürsten, oder einer Dame von Stande, welche die schöne Kunst beschützten, gewisse Aufgaben festgesetzt, und die beste Ausführung derselben in Versen mit ausgelobten Preisen belohnt haben. Da der gewöhnliche Gegenstand der Dichtkunst damahls Liebe </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [238/0238]
man würde sehr Unrecht haben, in einer poetischen Idee, die vielleicht die Veranlassung zu den Gerichtshöfen der Liebe gegeben haben mag, bereits eine förmlich eingerichtete und geordnete Gesellschaft zu suchen. 36) Man führt einen Gerichtshof der Liebe an, der gegen das Ende des zwölften Jahrhunderts von Maria Gräfin von Champagne zu Troyes soll gehalten seyn. Man will sogar die Erkenntnisse dieses Tribunals kennen. 37) Allein die ganze Nachricht beruht auf der Autorität eines italiänischen Manuscripts vom Jahre 1408, welches die Akademie della Crusca in ihrem Wörterbuche anführt, das wir gar nicht weiter kennen, und dem viel frühere Schriften vorausgegangen waren, worin man unter dieser Form dialektische Erörterungen über die Liebe vorgetragen hatte.
Es ist möglich, daß hin und wieder Gesellschaften zusammengetreten sind, die, nach Art der heutigen Akademien der Dichtkunst, unter dem Vorsitze eines Fürsten, oder einer Dame von Stande, welche die schöne Kunst beschützten, gewisse Aufgaben festgesetzt, und die beste Ausführung derselben in Versen mit ausgelobten Preisen belohnt haben. Da der gewöhnliche Gegenstand der Dichtkunst damahls Liebe
36) Dieß thut der Präsident Rolland, Recherches sur les prérogatives des Dames chez les Gaulois, sur les cours d’amours etc. à Paris, 1782. Herr Klüber hat, meiner Einsicht nach, mit Unrecht dieser höchst unkritischen Kompilation sein Vertrauen geschenkt. Uebers. von St. Palaye T. II. 260.
37) Crescimbeni della volgar poesia. Memoires de la vie de Petrarque par l’Abbé de Sade in den Noten.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |