Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.Hieraus entstand ein Ceremoniel, das nicht allein den Fehler an sich trug, das Zweckmäßige und Schöne im geselligen Umgange, (wie wir es etwa bey feyerlichen Gelegenheiten billigen würden) auf eine schwerfällige und steife Art im gewöhnlichen Leben auszuüben, sondern der zunftmäßige Geist der Höfe und der Ritterschaft vergrößerte diesen Fehler noch durch eine Menge willkührlicher Formen, die keinen andern Zweck haben konnten, als den, sich durch etwas Besonderes und Auffallendes im äußern Betragen sogleich als Mitglied einer abgesonderten und hervorragenden Gesellschaft anzukündigen. Außerdem wurden die Gesetze der Sittlichkeit mit den Vorschriften dieses Ceremoniels in den Anleitungen zur Wohlerzogenheit zugleich vorgetragen, und der Begriff von beyden wurde beynahe immer verwechselt. Eine natürliche Folge davon war diese: daß die Aeußerungen der Courteoisie, der Höflichkeit, die ganze Form der Ausübung einer Tugendpflicht annahmen, und daß ein Ritter, oder höfischer Mann, der nach den Regeln der Courteoisie seinem Kameraden, oder einer Dame die natürlichen Gesinnungen der Gefälligkeit, der Aufmerksamkeit, der Menschenliebe und Achtung bezeugen wollte, sich dabey mit einer Wichtigkeit geberdete, als ob er dem höchsten Wesen in der tiefsten Niederwürfigkeit seine Huldigung darzubringen hätte. Diese Bemerkung scheint mir sehr wichtig. Vieles, was in dem Ausdrucke geselliger Gesinnungen dem Lateinischen Communis vitae inter homines scita Urbanitas. Lyon 1623.
Hieraus entstand ein Ceremoniel, das nicht allein den Fehler an sich trug, das Zweckmäßige und Schöne im geselligen Umgange, (wie wir es etwa bey feyerlichen Gelegenheiten billigen würden) auf eine schwerfällige und steife Art im gewöhnlichen Leben auszuüben, sondern der zunftmäßige Geist der Höfe und der Ritterschaft vergrößerte diesen Fehler noch durch eine Menge willkührlicher Formen, die keinen andern Zweck haben konnten, als den, sich durch etwas Besonderes und Auffallendes im äußern Betragen sogleich als Mitglied einer abgesonderten und hervorragenden Gesellschaft anzukündigen. Außerdem wurden die Gesetze der Sittlichkeit mit den Vorschriften dieses Ceremoniels in den Anleitungen zur Wohlerzogenheit zugleich vorgetragen, und der Begriff von beyden wurde beynahe immer verwechselt. Eine natürliche Folge davon war diese: daß die Aeußerungen der Courteoisie, der Höflichkeit, die ganze Form der Ausübung einer Tugendpflicht annahmen, und daß ein Ritter, oder höfischer Mann, der nach den Regeln der Courteoisie seinem Kameraden, oder einer Dame die natürlichen Gesinnungen der Gefälligkeit, der Aufmerksamkeit, der Menschenliebe und Achtung bezeugen wollte, sich dabey mit einer Wichtigkeit geberdete, als ob er dem höchsten Wesen in der tiefsten Niederwürfigkeit seine Huldigung darzubringen hätte. Diese Bemerkung scheint mir sehr wichtig. Vieles, was in dem Ausdrucke geselliger Gesinnungen dem Lateinischen Communis vitae inter homines scita Urbanitas. Lyon 1623.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0160" n="160"/> <p>Hieraus entstand ein Ceremoniel, das nicht allein den Fehler an sich trug, das Zweckmäßige und Schöne im geselligen Umgange, (wie wir es etwa bey feyerlichen Gelegenheiten billigen würden) auf eine schwerfällige und steife Art im gewöhnlichen Leben auszuüben, sondern der zunftmäßige Geist der Höfe und der Ritterschaft vergrößerte diesen Fehler noch durch eine Menge willkührlicher Formen, die keinen andern Zweck haben konnten, als den, sich durch etwas Besonderes und Auffallendes im äußern Betragen sogleich als Mitglied einer abgesonderten und hervorragenden Gesellschaft anzukündigen.</p> <p>Außerdem wurden die Gesetze der Sittlichkeit mit den Vorschriften dieses Ceremoniels in den Anleitungen zur Wohlerzogenheit zugleich vorgetragen, und der Begriff von beyden wurde beynahe immer verwechselt. Eine natürliche Folge davon war diese: daß die Aeußerungen der Courteoisie, der Höflichkeit, die ganze Form der Ausübung einer Tugendpflicht annahmen, und daß ein Ritter, oder höfischer Mann, der nach den Regeln der Courteoisie seinem Kameraden, oder einer Dame die natürlichen Gesinnungen der Gefälligkeit, der Aufmerksamkeit, der Menschenliebe und Achtung bezeugen wollte, sich dabey mit einer Wichtigkeit geberdete, als ob er dem höchsten Wesen in der tiefsten Niederwürfigkeit seine Huldigung darzubringen hätte.</p> <p>Diese Bemerkung scheint mir sehr wichtig. Vieles, was in dem Ausdrucke geselliger Gesinnungen dem <note xml:id="note-0160" prev="note-0159" place="foot" n="1)">Lateinischen <hi rendition="#aq">Communis vitae inter homines scita Urbanitas. Lyon 1623.</hi></note> </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [160/0160]
Hieraus entstand ein Ceremoniel, das nicht allein den Fehler an sich trug, das Zweckmäßige und Schöne im geselligen Umgange, (wie wir es etwa bey feyerlichen Gelegenheiten billigen würden) auf eine schwerfällige und steife Art im gewöhnlichen Leben auszuüben, sondern der zunftmäßige Geist der Höfe und der Ritterschaft vergrößerte diesen Fehler noch durch eine Menge willkührlicher Formen, die keinen andern Zweck haben konnten, als den, sich durch etwas Besonderes und Auffallendes im äußern Betragen sogleich als Mitglied einer abgesonderten und hervorragenden Gesellschaft anzukündigen.
Außerdem wurden die Gesetze der Sittlichkeit mit den Vorschriften dieses Ceremoniels in den Anleitungen zur Wohlerzogenheit zugleich vorgetragen, und der Begriff von beyden wurde beynahe immer verwechselt. Eine natürliche Folge davon war diese: daß die Aeußerungen der Courteoisie, der Höflichkeit, die ganze Form der Ausübung einer Tugendpflicht annahmen, und daß ein Ritter, oder höfischer Mann, der nach den Regeln der Courteoisie seinem Kameraden, oder einer Dame die natürlichen Gesinnungen der Gefälligkeit, der Aufmerksamkeit, der Menschenliebe und Achtung bezeugen wollte, sich dabey mit einer Wichtigkeit geberdete, als ob er dem höchsten Wesen in der tiefsten Niederwürfigkeit seine Huldigung darzubringen hätte.
Diese Bemerkung scheint mir sehr wichtig. Vieles, was in dem Ausdrucke geselliger Gesinnungen dem 1)
1) Lateinischen Communis vitae inter homines scita Urbanitas. Lyon 1623.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |