Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798.der Drang nach üppiger Berührung, kurz, eine Menge von Symptomen, die einzeln aufgezählt wenig, zusammengenommen aber alles beweisen, lassen keinen Zweifel über den wahren Grund unsers lebhafteren Interesse an seinen Formen übrig. Durch den Aufruhr unserer körperlichen Geschlechtssympathie wird nun die Geschlechtssympathie der Seele sehr leicht in einen ähnlichen verwickelt. Die Hemmung körperlicher Begierden fordert die Seele auf, sich eine geistige Vereinigung zu träumen, und sich das Bild eines vollkommenen Geistes zusammenzusetzen, mit dem der unsrige in häuslicher Vertraulichkeit leben, und den er sich ganz aneignen könne. So entsteht die Besessenheit des Geistes oft aus der körperlichen Lüsternheit nach zartgebaueten Formen. Beyde Geschlechter sind dieser Begeisterung für die zärtere Schönheit an Personen von beyden Geschlechtern, sogar im todten Bilde unterworfen. Ja, man darf es dreist behaupten, die zarte Schönheit werde an Jünglings- oder an Mädchenkörpern, in der Natur oder im Bilde, angetroffen, so wirkt, wenn eine Begeisterung für diese Schönheit in dem Beschauer entsteht, die körperliche.Geschlechtssympathie bald heimlicher, bald offenbarer mit, ohne Unterschied, ob der Begeisterte Mann sey oder Weib. Die Erfahrung, daß Jünglinge und Mädchen, deren Körper zartgebauete Schönheiten darstellen, bey Personen, welche äußern Kennzeichen nach zu einerley Geschlecht mit ihnen gehören, (wenn anders nur das gehörige Wohlverhältniß hebender Zartheit zur geschmeidigen Stärke getroffen wird,) die Lüsternheit und den unnennbaren Trieb erwecken, ist viel zu allgemein, als daß man der Drang nach üppiger Berührung, kurz, eine Menge von Symptomen, die einzeln aufgezählt wenig, zusammengenommen aber alles beweisen, lassen keinen Zweifel über den wahren Grund unsers lebhafteren Interesse an seinen Formen übrig. Durch den Aufruhr unserer körperlichen Geschlechtssympathie wird nun die Geschlechtssympathie der Seele sehr leicht in einen ähnlichen verwickelt. Die Hemmung körperlicher Begierden fordert die Seele auf, sich eine geistige Vereinigung zu träumen, und sich das Bild eines vollkommenen Geistes zusammenzusetzen, mit dem der unsrige in häuslicher Vertraulichkeit leben, und den er sich ganz aneignen könne. So entsteht die Besessenheit des Geistes oft aus der körperlichen Lüsternheit nach zartgebaueten Formen. Beyde Geschlechter sind dieser Begeisterung für die zärtere Schönheit an Personen von beyden Geschlechtern, sogar im todten Bilde unterworfen. Ja, man darf es dreist behaupten, die zarte Schönheit werde an Jünglings- oder an Mädchenkörpern, in der Natur oder im Bilde, angetroffen, so wirkt, wenn eine Begeisterung für diese Schönheit in dem Beschauer entsteht, die körperliche.Geschlechtssympathie bald heimlicher, bald offenbarer mit, ohne Unterschied, ob der Begeisterte Mann sey oder Weib. Die Erfahrung, daß Jünglinge und Mädchen, deren Körper zartgebauete Schönheiten darstellen, bey Personen, welche äußern Kennzeichen nach zu einerley Geschlecht mit ihnen gehören, (wenn anders nur das gehörige Wohlverhältniß hebender Zartheit zur geschmeidigen Stärke getroffen wird,) die Lüsternheit und den unnennbaren Trieb erwecken, ist viel zu allgemein, als daß man <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0132" n="132"/> der Drang nach üppiger Berührung, kurz, eine Menge von Symptomen, die einzeln aufgezählt wenig, zusammengenommen aber alles beweisen, lassen keinen Zweifel über den wahren Grund unsers lebhafteren Interesse an seinen Formen übrig.</p> <p>Durch den Aufruhr unserer körperlichen Geschlechtssympathie wird nun die Geschlechtssympathie der Seele sehr leicht in einen ähnlichen verwickelt. 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der Drang nach üppiger Berührung, kurz, eine Menge von Symptomen, die einzeln aufgezählt wenig, zusammengenommen aber alles beweisen, lassen keinen Zweifel über den wahren Grund unsers lebhafteren Interesse an seinen Formen übrig.
Durch den Aufruhr unserer körperlichen Geschlechtssympathie wird nun die Geschlechtssympathie der Seele sehr leicht in einen ähnlichen verwickelt. Die Hemmung körperlicher Begierden fordert die Seele auf, sich eine geistige Vereinigung zu träumen, und sich das Bild eines vollkommenen Geistes zusammenzusetzen, mit dem der unsrige in häuslicher Vertraulichkeit leben, und den er sich ganz aneignen könne. So entsteht die Besessenheit des Geistes oft aus der körperlichen Lüsternheit nach zartgebaueten Formen.
Beyde Geschlechter sind dieser Begeisterung für die zärtere Schönheit an Personen von beyden Geschlechtern, sogar im todten Bilde unterworfen. Ja, man darf es dreist behaupten, die zarte Schönheit werde an Jünglings- oder an Mädchenkörpern, in der Natur oder im Bilde, angetroffen, so wirkt, wenn eine Begeisterung für diese Schönheit in dem Beschauer entsteht, die körperliche.Geschlechtssympathie bald heimlicher, bald offenbarer mit, ohne Unterschied, ob der Begeisterte Mann sey oder Weib.
Die Erfahrung, daß Jünglinge und Mädchen, deren Körper zartgebauete Schönheiten darstellen, bey Personen, welche äußern Kennzeichen nach zu einerley Geschlecht mit ihnen gehören, (wenn anders nur das gehörige Wohlverhältniß hebender Zartheit zur geschmeidigen Stärke getroffen wird,) die Lüsternheit und den unnennbaren Trieb erwecken, ist viel zu allgemein, als daß man
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