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Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798.

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der zärtlichen: eines der größten Beförderungsmittel der Liebe. Durch Gewohnheit habe ich Gegenstände, die Anfangs noch so unerträglich waren, angenehm werden sehen. Gewohntes Beysammenseyn giebt eine Menge von kleinen Vereinigungshaken, in welche das Herz am Ende einfaßt.

Der Italiäner nennt süße Gewohnheit eine strenge Nothwendigkeit. Für Menschen, die der Regel nach höchst selbstsüchtig sind, für Alte und Fürsten, ist Gewohnheit noch das stärkste Band, das sie an andere fesselt. Doch! wenn sie nur allein wirkt, wenn sie von keiner andern liebenden Empfindung unterstützt wird; so ist sie eine schwache, höchst zerstörliche, und noch dazu eigennützige Empfindung, welche eine merkliche Collision mit der gröberen Selbstheit, eine Entbehrung, lang genug, um sich an diese zu gewöhnen, endigt und aufhebt. Wir finden am Ende, daß wir nur unsere Bequemlichkeit, und unsere Neigung zu dem Hergebrachten und einmahl Geordneten in unserer Lebensweise, geliebt haben: also, die Beschaffenheit der Person, die Einrichtung mit ihr, nicht einmahl eine persönliche Eigenschaft an ihr; am wenigsten die Person!

Inzwischen sind bloß liebende Affekte gleichfalls nicht hinreichend, zärtliche Anhänglichkeit zu erwecken. Unsere Selbstheit, unser Beschauungshang, müssen nothwendig zugleich Nahrung und Befriedigung finden. Dieß ist im zweyten Buche dieses Werks weitläufig ausgeführt worden, und bedarf hier nur einer Erinnerung. Wer wird behaupten, daß die uninteressierte Wonne, die ich daran finde, einen Unbekannten froh zu machen, daß die liebende Gastfreundschaft eine liebende Anhänglichkeit sey?

der zärtlichen: eines der größten Beförderungsmittel der Liebe. Durch Gewohnheit habe ich Gegenstände, die Anfangs noch so unerträglich waren, angenehm werden sehen. Gewohntes Beysammenseyn giebt eine Menge von kleinen Vereinigungshaken, in welche das Herz am Ende einfaßt.

Der Italiäner nennt süße Gewohnheit eine strenge Nothwendigkeit. Für Menschen, die der Regel nach höchst selbstsüchtig sind, für Alte und Fürsten, ist Gewohnheit noch das stärkste Band, das sie an andere fesselt. Doch! wenn sie nur allein wirkt, wenn sie von keiner andern liebenden Empfindung unterstützt wird; so ist sie eine schwache, höchst zerstörliche, und noch dazu eigennützige Empfindung, welche eine merkliche Collision mit der gröberen Selbstheit, eine Entbehrung, lang genug, um sich an diese zu gewöhnen, endigt und aufhebt. Wir finden am Ende, daß wir nur unsere Bequemlichkeit, und unsere Neigung zu dem Hergebrachten und einmahl Geordneten in unserer Lebensweise, geliebt haben: also, die Beschaffenheit der Person, die Einrichtung mit ihr, nicht einmahl eine persönliche Eigenschaft an ihr; am wenigsten die Person!

Inzwischen sind bloß liebende Affekte gleichfalls nicht hinreichend, zärtliche Anhänglichkeit zu erwecken. Unsere Selbstheit, unser Beschauungshang, müssen nothwendig zugleich Nahrung und Befriedigung finden. Dieß ist im zweyten Buche dieses Werks weitläufig ausgeführt worden, und bedarf hier nur einer Erinnerung. Wer wird behaupten, daß die uninteressierte Wonne, die ich daran finde, einen Unbekannten froh zu machen, daß die liebende Gastfreundschaft eine liebende Anhänglichkeit sey?

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          <p>Der Italiäner nennt süße Gewohnheit eine strenge Nothwendigkeit. Für Menschen, die der Regel nach höchst selbstsüchtig sind, für Alte und Fürsten, ist Gewohnheit noch das stärkste Band, das sie an andere fesselt. Doch! wenn sie nur allein wirkt, wenn sie von keiner andern liebenden Empfindung unterstützt wird; so ist sie eine schwache, höchst zerstörliche, und noch dazu eigennützige Empfindung, welche eine merkliche Collision mit der gröberen Selbstheit, eine Entbehrung, lang genug, um sich an diese zu gewöhnen, endigt und aufhebt. Wir finden am Ende, daß wir nur unsere Bequemlichkeit, und unsere Neigung zu dem Hergebrachten und einmahl Geordneten in unserer Lebensweise, geliebt haben: also, die Beschaffenheit der Person, die Einrichtung mit ihr, nicht einmahl eine persönliche Eigenschaft an ihr; am wenigsten die Person!</p>
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[316/0316] der zärtlichen: eines der größten Beförderungsmittel der Liebe. Durch Gewohnheit habe ich Gegenstände, die Anfangs noch so unerträglich waren, angenehm werden sehen. Gewohntes Beysammenseyn giebt eine Menge von kleinen Vereinigungshaken, in welche das Herz am Ende einfaßt. Der Italiäner nennt süße Gewohnheit eine strenge Nothwendigkeit. Für Menschen, die der Regel nach höchst selbstsüchtig sind, für Alte und Fürsten, ist Gewohnheit noch das stärkste Band, das sie an andere fesselt. Doch! wenn sie nur allein wirkt, wenn sie von keiner andern liebenden Empfindung unterstützt wird; so ist sie eine schwache, höchst zerstörliche, und noch dazu eigennützige Empfindung, welche eine merkliche Collision mit der gröberen Selbstheit, eine Entbehrung, lang genug, um sich an diese zu gewöhnen, endigt und aufhebt. Wir finden am Ende, daß wir nur unsere Bequemlichkeit, und unsere Neigung zu dem Hergebrachten und einmahl Geordneten in unserer Lebensweise, geliebt haben: also, die Beschaffenheit der Person, die Einrichtung mit ihr, nicht einmahl eine persönliche Eigenschaft an ihr; am wenigsten die Person! Inzwischen sind bloß liebende Affekte gleichfalls nicht hinreichend, zärtliche Anhänglichkeit zu erwecken. Unsere Selbstheit, unser Beschauungshang, müssen nothwendig zugleich Nahrung und Befriedigung finden. Dieß ist im zweyten Buche dieses Werks weitläufig ausgeführt worden, und bedarf hier nur einer Erinnerung. Wer wird behaupten, daß die uninteressierte Wonne, die ich daran finde, einen Unbekannten froh zu machen, daß die liebende Gastfreundschaft eine liebende Anhänglichkeit sey?

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Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798/316>, abgerufen am 21.11.2024.