der wieder andere auf- und absteigen. Sie sind alle gut in Handlung gebracht. Joseph von Arimathia, der den Leichnam Christi in seine Arme faßt, scheint bei diesem traurigen Liebesdienste äußerst bewegt zu seyn.
Am Fuß des Kreuzes liegt die Mutter Gottes in Ohnmacht, und mehrere Weiber sind beschäfftiget, sie wieder zu sich selbst zu bringen. Der heil. Jo- hannes läuft herzu, und breitet seine Arme aus, im Begriff den Leichnam darin aufzufassen. Alle diese Figuren sind edel, natürlich und wahr.
Inzwischen der Figuren sind ohnstreitig zu viel. Sie bedecken die Fläche anstatt sie zu füllen, und sind zu unordentlich vertheilt. Die Gruppe der Frauen am Fuße des Kreuzes verdient von diesem Urtheil ausgenommen zu werden. Die Figuren derselben sind sehr gut zusammen gestellt.
Der Ausdruck ist wahr, nur sollte die heil. Mag- dalena, welche die in Ohnmacht gefallene Mutter Gottes in den Armen hält, auf diese blicken, nicht zur Seite. Der Christ ist nicht sehr edel.
Die Köpfe sehen sich alle ähnlich, aber das ge- meinschaftliche Vorbild ist gut gewählt, und die Zeich- nung durchaus richtig. Die Gewänder zeigen das Nackte gut an, aber die Ausführung ist etwas trocken. Die Stellungen haben nichts von der Florentinischen Affektation: die Verkürzungen sind vortrefflich. Es würde schwer seyn, über das Helldunkle und die Farbe zu urtheilen, da das Bild schon sehr verdorben ist, und noch täglich mehr verdirbt.
Zu beiden Seiten sind noch Gemählde des- selben Meisters. Im Ganzen mittelmäßig, aber in einzelnen Partien nicht ohne Verdienst.
Hr. Volk-
Z 2
uͤber die einzelnen Kirchen.
der wieder andere auf- und abſteigen. Sie ſind alle gut in Handlung gebracht. Joſeph von Arimathia, der den Leichnam Chriſti in ſeine Arme faßt, ſcheint bei dieſem traurigen Liebesdienſte aͤußerſt bewegt zu ſeyn.
Am Fuß des Kreuzes liegt die Mutter Gottes in Ohnmacht, und mehrere Weiber ſind beſchaͤfftiget, ſie wieder zu ſich ſelbſt zu bringen. Der heil. Jo- hannes laͤuft herzu, und breitet ſeine Arme aus, im Begriff den Leichnam darin aufzufaſſen. Alle dieſe Figuren ſind edel, natuͤrlich und wahr.
Inzwiſchen der Figuren ſind ohnſtreitig zu viel. Sie bedecken die Flaͤche anſtatt ſie zu fuͤllen, und ſind zu unordentlich vertheilt. Die Gruppe der Frauen am Fuße des Kreuzes verdient von dieſem Urtheil ausgenommen zu werden. Die Figuren derſelben ſind ſehr gut zuſammen geſtellt.
Der Ausdruck iſt wahr, nur ſollte die heil. Mag- dalena, welche die in Ohnmacht gefallene Mutter Gottes in den Armen haͤlt, auf dieſe blicken, nicht zur Seite. Der Chriſt iſt nicht ſehr edel.
Die Koͤpfe ſehen ſich alle aͤhnlich, aber das ge- meinſchaftliche Vorbild iſt gut gewaͤhlt, und die Zeich- nung durchaus richtig. Die Gewaͤnder zeigen das Nackte gut an, aber die Ausfuͤhrung iſt etwas trocken. Die Stellungen haben nichts von der Florentiniſchen Affektation: die Verkuͤrzungen ſind vortrefflich. Es wuͤrde ſchwer ſeyn, uͤber das Helldunkle und die Farbe zu urtheilen, da das Bild ſchon ſehr verdorben iſt, und noch taͤglich mehr verdirbt.
Zu beiden Seiten ſind noch Gemaͤhlde deſ- ſelben Meiſters. Im Ganzen mittelmaͤßig, aber in einzelnen Partien nicht ohne Verdienſt.
Hr. Volk-
Z 2
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uͤber die einzelnen Kirchen.
der wieder andere auf- und abſteigen. Sie ſind alle
gut in Handlung gebracht. Joſeph von Arimathia,
der den Leichnam Chriſti in ſeine Arme faßt, ſcheint
bei dieſem traurigen Liebesdienſte aͤußerſt bewegt zu ſeyn.
Am Fuß des Kreuzes liegt die Mutter Gottes
in Ohnmacht, und mehrere Weiber ſind beſchaͤfftiget,
ſie wieder zu ſich ſelbſt zu bringen. Der heil. Jo-
hannes laͤuft herzu, und breitet ſeine Arme aus, im
Begriff den Leichnam darin aufzufaſſen. Alle dieſe
Figuren ſind edel, natuͤrlich und wahr.
Inzwiſchen der Figuren ſind ohnſtreitig zu viel.
Sie bedecken die Flaͤche anſtatt ſie zu fuͤllen, und ſind
zu unordentlich vertheilt. Die Gruppe der Frauen
am Fuße des Kreuzes verdient von dieſem Urtheil
ausgenommen zu werden. Die Figuren derſelben
ſind ſehr gut zuſammen geſtellt.
Der Ausdruck iſt wahr, nur ſollte die heil. Mag-
dalena, welche die in Ohnmacht gefallene Mutter
Gottes in den Armen haͤlt, auf dieſe blicken, nicht
zur Seite. Der Chriſt iſt nicht ſehr edel.
Die Koͤpfe ſehen ſich alle aͤhnlich, aber das ge-
meinſchaftliche Vorbild iſt gut gewaͤhlt, und die Zeich-
nung durchaus richtig. Die Gewaͤnder zeigen das
Nackte gut an, aber die Ausfuͤhrung iſt etwas trocken.
Die Stellungen haben nichts von der Florentiniſchen
Affektation: die Verkuͤrzungen ſind vortrefflich. Es
wuͤrde ſchwer ſeyn, uͤber das Helldunkle und die Farbe
zu urtheilen, da das Bild ſchon ſehr verdorben iſt, und
noch taͤglich mehr verdirbt.
Zu beiden Seiten ſind noch Gemaͤhlde deſ-
ſelben Meiſters. Im Ganzen mittelmaͤßig, aber
in einzelnen Partien nicht ohne Verdienſt.
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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787/379>, abgerufen am 16.07.2024.
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