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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787.

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über die einzelnen Kirchen.
in der ich die Form völlig prüfen, das Runde als
würklich rund würde betasten können. --

Geht nicht ohnehin bei dieser Verfahrungsart
alle Harmonie von Licht und Schatten verloren?
Die starken und ungleichen Absätze bringen Schlag-
schatten von so verschiedenem Umfange hervor, daß
die zum wohlgefälligen Eindruck des Ganzen so nö-
thige Degradation des Hellen zum Dunkeln gänzlich
zerstört, und mein Auge durch unangenehme Sprün-
ge von dem sehr hellen Lichte, und dem damit corre-
spondirenden starken Schatten der hoch erhobenen Fi-
gur, auf das matte Licht, auf den damit wieder im
Verhältniß stehenden matten Schatten der flach ge-
haltenen Figur geführet wird. --

Bei der Darstellung großer Fernen hat der
Künstler im Basrelief mit noch größeren Schwierig-
keiten zu kämpfen. Verkleinert, verschmälert er seine
Figur nach den Regeln der Linienperspektiv in einem
beträchtlichen Grade, so wird, wenn er zu gleicher Zeit
die Regeln der Luftperspektiv beobachten will, die ent-
fernte Figur so flach, so duftig erscheinen müssen, daß
sie einer Erhobenheit nicht mehr fähig bleibt, mithin
für den Meissel, der ihr Daseyn nur durch Erhoben-
heit begreiflich machen kann, verschwindet. Beob-
achtet er die Luftperspektiv nicht, will er die Figur
erhobener bilden als die Ferne, als das Ziel des vorn
zufallenden Lichtstrahls es zuläßt; so wird die kleine
aber dicke Figur zum nahen Zwerge. --

Man hat Unrecht ein Basrelief mit einem Ge-
mählde aus dem Grunde zu vergleichen, weil beide
auf einer Fläche arbeiten. Der Pinsel hat ganz an-
dere Mittel Cavitäten zu bilden, sich Raum zu ver-

schaffen,

uͤber die einzelnen Kirchen.
in der ich die Form voͤllig pruͤfen, das Runde als
wuͤrklich rund wuͤrde betaſten koͤnnen. —

Geht nicht ohnehin bei dieſer Verfahrungsart
alle Harmonie von Licht und Schatten verloren?
Die ſtarken und ungleichen Abſaͤtze bringen Schlag-
ſchatten von ſo verſchiedenem Umfange hervor, daß
die zum wohlgefaͤlligen Eindruck des Ganzen ſo noͤ-
thige Degradation des Hellen zum Dunkeln gaͤnzlich
zerſtoͤrt, und mein Auge durch unangenehme Spruͤn-
ge von dem ſehr hellen Lichte, und dem damit corre-
ſpondirenden ſtarken Schatten der hoch erhobenen Fi-
gur, auf das matte Licht, auf den damit wieder im
Verhaͤltniß ſtehenden matten Schatten der flach ge-
haltenen Figur gefuͤhret wird. —

Bei der Darſtellung großer Fernen hat der
Kuͤnſtler im Basrelief mit noch groͤßeren Schwierig-
keiten zu kaͤmpfen. Verkleinert, verſchmaͤlert er ſeine
Figur nach den Regeln der Linienperſpektiv in einem
betraͤchtlichen Grade, ſo wird, wenn er zu gleicher Zeit
die Regeln der Luftperſpektiv beobachten will, die ent-
fernte Figur ſo flach, ſo duftig erſcheinen muͤſſen, daß
ſie einer Erhobenheit nicht mehr faͤhig bleibt, mithin
fuͤr den Meiſſel, der ihr Daſeyn nur durch Erhoben-
heit begreiflich machen kann, verſchwindet. Beob-
achtet er die Luftperſpektiv nicht, will er die Figur
erhobener bilden als die Ferne, als das Ziel des vorn
zufallenden Lichtſtrahls es zulaͤßt; ſo wird die kleine
aber dicke Figur zum nahen Zwerge. —

Man hat Unrecht ein Basrelief mit einem Ge-
maͤhlde aus dem Grunde zu vergleichen, weil beide
auf einer Flaͤche arbeiten. Der Pinſel hat ganz an-
dere Mittel Cavitaͤten zu bilden, ſich Raum zu ver-

ſchaffen,
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[237/0261] uͤber die einzelnen Kirchen. in der ich die Form voͤllig pruͤfen, das Runde als wuͤrklich rund wuͤrde betaſten koͤnnen. — Geht nicht ohnehin bei dieſer Verfahrungsart alle Harmonie von Licht und Schatten verloren? Die ſtarken und ungleichen Abſaͤtze bringen Schlag- ſchatten von ſo verſchiedenem Umfange hervor, daß die zum wohlgefaͤlligen Eindruck des Ganzen ſo noͤ- thige Degradation des Hellen zum Dunkeln gaͤnzlich zerſtoͤrt, und mein Auge durch unangenehme Spruͤn- ge von dem ſehr hellen Lichte, und dem damit corre- ſpondirenden ſtarken Schatten der hoch erhobenen Fi- gur, auf das matte Licht, auf den damit wieder im Verhaͤltniß ſtehenden matten Schatten der flach ge- haltenen Figur gefuͤhret wird. — Bei der Darſtellung großer Fernen hat der Kuͤnſtler im Basrelief mit noch groͤßeren Schwierig- keiten zu kaͤmpfen. Verkleinert, verſchmaͤlert er ſeine Figur nach den Regeln der Linienperſpektiv in einem betraͤchtlichen Grade, ſo wird, wenn er zu gleicher Zeit die Regeln der Luftperſpektiv beobachten will, die ent- fernte Figur ſo flach, ſo duftig erſcheinen muͤſſen, daß ſie einer Erhobenheit nicht mehr faͤhig bleibt, mithin fuͤr den Meiſſel, der ihr Daſeyn nur durch Erhoben- heit begreiflich machen kann, verſchwindet. Beob- achtet er die Luftperſpektiv nicht, will er die Figur erhobener bilden als die Ferne, als das Ziel des vorn zufallenden Lichtſtrahls es zulaͤßt; ſo wird die kleine aber dicke Figur zum nahen Zwerge. — Man hat Unrecht ein Basrelief mit einem Ge- maͤhlde aus dem Grunde zu vergleichen, weil beide auf einer Flaͤche arbeiten. Der Pinſel hat ganz an- dere Mittel Cavitaͤten zu bilden, ſich Raum zu ver- ſchaffen,

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787/261>, abgerufen am 22.11.2024.