was sagen sie, so wie viele andere aus der Geschichte des neuen Testaments entlehnte Begebenheiten, un- serm Herzen, unserer Einbildungskraft? Ich räume ein: Nicht viel! Es wäre zu wünschen, daß man aus einem Buche, das so reich an Handlung ist, immer solche Süjets wählen möchte, die außer mah- lerischer Würkung auch wohlgefällige Formen und einen edeln Ausdruck motiviren.
Wenn man aber nun fortfährt zu klagen, wenn man sogar verlangen will: nichts solle man mahlen, was nicht das sittliche Gefühl unmittelbar bessere, den Verstand aufkläre, und alle Vorstellung bibli- scher Geschichte müsse gänzlich von dem Gebiete der schönen Künste ausgeschlossen werden; so merkt man, daß diese Forderungen so unbestimmt und ausschwei- fend sind, daß sie in die Classe der Anmaaßungen gesetzt werden müssen, denen man nichts einräumen kann, weil sie zu viel Aufopferung nach sich ziehen würden.
Die Differenz, auf deren Entscheidung es hier ankommen wird, muß dahin genauer bestimmt werden:
Soll der Künstler bei der Wahl seiner Süjets auf unmittelbare Besserung des moralischen Gefühls für das Gute, und Aufklärung des Verstandes, des Erkenntniß, Urtheilsvermögen, ja! selbst auf Verstärkung eines vorhin von Werken anderer Künste, die mehr als sie für das intellektuelle Ver- gnügen arbeiten, erhaltenen Eindrucks seine erste Rücksicht nehmen: kurz! soll er auf Nutzbarkeit zu- erst und hauptsächlich rechnen;
Oder
Pallaſt Giuſtiniani.
was ſagen ſie, ſo wie viele andere aus der Geſchichte des neuen Teſtaments entlehnte Begebenheiten, un- ſerm Herzen, unſerer Einbildungskraft? Ich raͤume ein: Nicht viel! Es waͤre zu wuͤnſchen, daß man aus einem Buche, das ſo reich an Handlung iſt, immer ſolche Suͤjets waͤhlen moͤchte, die außer mah- leriſcher Wuͤrkung auch wohlgefaͤllige Formen und einen edeln Ausdruck motiviren.
Wenn man aber nun fortfaͤhrt zu klagen, wenn man ſogar verlangen will: nichts ſolle man mahlen, was nicht das ſittliche Gefuͤhl unmittelbar beſſere, den Verſtand aufklaͤre, und alle Vorſtellung bibli- ſcher Geſchichte muͤſſe gaͤnzlich von dem Gebiete der ſchoͤnen Kuͤnſte ausgeſchloſſen werden; ſo merkt man, daß dieſe Forderungen ſo unbeſtimmt und ausſchwei- fend ſind, daß ſie in die Claſſe der Anmaaßungen geſetzt werden muͤſſen, denen man nichts einraͤumen kann, weil ſie zu viel Aufopferung nach ſich ziehen wuͤrden.
Die Differenz, auf deren Entſcheidung es hier ankommen wird, muß dahin genauer beſtimmt werden:
Soll der Kuͤnſtler bei der Wahl ſeiner Suͤjets auf unmittelbare Beſſerung des moraliſchen Gefuͤhls fuͤr das Gute, und Aufklaͤrung des Verſtandes, des Erkenntniß, Urtheilsvermoͤgen, ja! ſelbſt auf Verſtaͤrkung eines vorhin von Werken anderer Kuͤnſte, die mehr als ſie fuͤr das intellektuelle Ver- gnuͤgen arbeiten, erhaltenen Eindrucks ſeine erſte Ruͤckſicht nehmen: kurz! ſoll er auf Nutzbarkeit zu- erſt und hauptſaͤchlich rechnen;
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Pallaſt Giuſtiniani.
was ſagen ſie, ſo wie viele andere aus der Geſchichte
des neuen Teſtaments entlehnte Begebenheiten, un-
ſerm Herzen, unſerer Einbildungskraft? Ich raͤume
ein: Nicht viel! Es waͤre zu wuͤnſchen, daß man
aus einem Buche, das ſo reich an Handlung iſt,
immer ſolche Suͤjets waͤhlen moͤchte, die außer mah-
leriſcher Wuͤrkung auch wohlgefaͤllige Formen und
einen edeln Ausdruck motiviren.
Wenn man aber nun fortfaͤhrt zu klagen, wenn
man ſogar verlangen will: nichts ſolle man mahlen,
was nicht das ſittliche Gefuͤhl unmittelbar beſſere,
den Verſtand aufklaͤre, und alle Vorſtellung bibli-
ſcher Geſchichte muͤſſe gaͤnzlich von dem Gebiete der
ſchoͤnen Kuͤnſte ausgeſchloſſen werden; ſo merkt man,
daß dieſe Forderungen ſo unbeſtimmt und ausſchwei-
fend ſind, daß ſie in die Claſſe der Anmaaßungen
geſetzt werden muͤſſen, denen man nichts einraͤumen
kann, weil ſie zu viel Aufopferung nach ſich ziehen
wuͤrden.
Die Differenz, auf deren Entſcheidung es hier
ankommen wird, muß dahin genauer beſtimmt
werden:
Soll der Kuͤnſtler bei der Wahl ſeiner Suͤjets
auf unmittelbare Beſſerung des moraliſchen Gefuͤhls
fuͤr das Gute, und Aufklaͤrung des Verſtandes,
des Erkenntniß, Urtheilsvermoͤgen, ja! ſelbſt auf
Verſtaͤrkung eines vorhin von Werken anderer
Kuͤnſte, die mehr als ſie fuͤr das intellektuelle Ver-
gnuͤgen arbeiten, erhaltenen Eindrucks ſeine erſte
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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787/26>, abgerufen am 16.07.2024.
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