Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

Der kleine Pallast Farnese.
bei großen Versammlungen einnehmen sollte, wel-
cher dem Eingange des Gebäudes immer gegenüber
ist, in die Mitte des Bildes, die Umstehenden aber
perspektivisch zu beiden Seiten hinsetzen: Denn da-
durch würde die Hauptfigur zu sehr ins Dunkle gehal-
ten seyn; Sondern man nahm an, der Beschauer
stehe mitten auf dem Plane des Bildes, und sehe die
handelnden Personen sich gegen über, die vornehmste
Person oben, die niedrigste unterhalb, und das Ganze
meistens im Profil. Diese Anmerkung scheint mir
nicht überflüßig.

Jupiter also sitzt an dem einen Ende des Bildes
und zwar auf einem erhöheten Sitze von Wolken.
Auf seiner einen Seite Juno, Pallas, Diana, auf
der andern Neptun und Pluto.

Jupiter zeigt die prüfende ernste Mine der Un-
partheilichkeit; aber diese sowohl als die Stellung
würden sich mehr für einen irrdischen Richter als für
den himmlischen schicken. Er lehnt sich auf den
Ellnbogen, den er aufs Knie stützt. Neptun hat
das Ansehen eines gutherzigen Murrkopfs, mit mehr
lebhaftem als sicherem Gefühl für Recht und Unrecht;
und dem Pluto dürfte man schon wagen, im Ver-
trauen auf die in sich gezogene schnellblickende Mine
da, ein Sümmchen Gold bei Wegelang in die Hand
zu drücken. Beiden Brüdern scheint die Venus
nicht miszubehagen, aber Pluto blickt sie nur verstoh-
len und von der Seite an. Dagegen sinkt die Schale
bei den drei Göttinnen auf des Cupido Seite.

Mars ist ganz für die Venus: und Apollo, der
Ricaneur, scheint mit dem Bacchus darüber zu scher-
zen. Das gute ehrliche Blut, der Hercules, ist

ziem-

Der kleine Pallaſt Farneſe.
bei großen Verſammlungen einnehmen ſollte, wel-
cher dem Eingange des Gebaͤudes immer gegenuͤber
iſt, in die Mitte des Bildes, die Umſtehenden aber
perſpektiviſch zu beiden Seiten hinſetzen: Denn da-
durch wuͤrde die Hauptfigur zu ſehr ins Dunkle gehal-
ten ſeyn; Sondern man nahm an, der Beſchauer
ſtehe mitten auf dem Plane des Bildes, und ſehe die
handelnden Perſonen ſich gegen uͤber, die vornehmſte
Perſon oben, die niedrigſte unterhalb, und das Ganze
meiſtens im Profil. Dieſe Anmerkung ſcheint mir
nicht uͤberfluͤßig.

Jupiter alſo ſitzt an dem einen Ende des Bildes
und zwar auf einem erhoͤheten Sitze von Wolken.
Auf ſeiner einen Seite Juno, Pallas, Diana, auf
der andern Neptun und Pluto.

Jupiter zeigt die pruͤfende ernſte Mine der Un-
partheilichkeit; aber dieſe ſowohl als die Stellung
wuͤrden ſich mehr fuͤr einen irrdiſchen Richter als fuͤr
den himmliſchen ſchicken. Er lehnt ſich auf den
Ellnbogen, den er aufs Knie ſtuͤtzt. Neptun hat
das Anſehen eines gutherzigen Murrkopfs, mit mehr
lebhaftem als ſicherem Gefuͤhl fuͤr Recht und Unrecht;
und dem Pluto duͤrfte man ſchon wagen, im Ver-
trauen auf die in ſich gezogene ſchnellblickende Mine
da, ein Suͤmmchen Gold bei Wegelang in die Hand
zu druͤcken. Beiden Bruͤdern ſcheint die Venus
nicht miszubehagen, aber Pluto blickt ſie nur verſtoh-
len und von der Seite an. Dagegen ſinkt die Schale
bei den drei Goͤttinnen auf des Cupido Seite.

Mars iſt ganz fuͤr die Venus: und Apollo, der
Ricaneur, ſcheint mit dem Bacchus daruͤber zu ſcher-
zen. Das gute ehrliche Blut, der Hercules, iſt

ziem-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0146" n="122"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der kleine Palla&#x017F;t Farne&#x017F;e.</hi></fw><lb/>
bei großen Ver&#x017F;ammlungen einnehmen &#x017F;ollte, wel-<lb/>
cher dem Eingange des Geba&#x0364;udes immer gegenu&#x0364;ber<lb/>
i&#x017F;t, in die Mitte des Bildes, die Um&#x017F;tehenden aber<lb/>
per&#x017F;pektivi&#x017F;ch zu beiden Seiten hin&#x017F;etzen: Denn da-<lb/>
durch wu&#x0364;rde die Hauptfigur zu &#x017F;ehr ins Dunkle gehal-<lb/>
ten &#x017F;eyn; Sondern man nahm an, der Be&#x017F;chauer<lb/>
&#x017F;tehe mitten auf dem Plane des Bildes, und &#x017F;ehe die<lb/>
handelnden Per&#x017F;onen &#x017F;ich gegen u&#x0364;ber, die vornehm&#x017F;te<lb/>
Per&#x017F;on oben, die niedrig&#x017F;te unterhalb, und das Ganze<lb/>
mei&#x017F;tens im Profil. Die&#x017F;e Anmerkung &#x017F;cheint mir<lb/>
nicht u&#x0364;berflu&#x0364;ßig.</p><lb/>
          <p>Jupiter al&#x017F;o &#x017F;itzt an dem einen Ende des Bildes<lb/>
und zwar auf einem erho&#x0364;heten Sitze von Wolken.<lb/>
Auf &#x017F;einer einen Seite Juno, Pallas, Diana, auf<lb/>
der andern Neptun und Pluto.</p><lb/>
          <p>Jupiter zeigt die pru&#x0364;fende ern&#x017F;te Mine der Un-<lb/>
partheilichkeit; aber die&#x017F;e &#x017F;owohl als die Stellung<lb/>
wu&#x0364;rden &#x017F;ich mehr fu&#x0364;r einen irrdi&#x017F;chen Richter als fu&#x0364;r<lb/>
den himmli&#x017F;chen &#x017F;chicken. Er lehnt &#x017F;ich auf den<lb/>
Ellnbogen, den er aufs Knie &#x017F;tu&#x0364;tzt. Neptun hat<lb/>
das An&#x017F;ehen eines gutherzigen Murrkopfs, mit mehr<lb/>
lebhaftem als &#x017F;icherem Gefu&#x0364;hl fu&#x0364;r Recht und Unrecht;<lb/>
und dem Pluto du&#x0364;rfte man &#x017F;chon wagen, im Ver-<lb/>
trauen auf die in &#x017F;ich gezogene &#x017F;chnellblickende Mine<lb/>
da, ein Su&#x0364;mmchen Gold bei Wegelang in die Hand<lb/>
zu dru&#x0364;cken. Beiden Bru&#x0364;dern &#x017F;cheint die Venus<lb/>
nicht miszubehagen, aber Pluto blickt &#x017F;ie nur ver&#x017F;toh-<lb/>
len und von der Seite an. Dagegen &#x017F;inkt die Schale<lb/>
bei den drei Go&#x0364;ttinnen auf des Cupido Seite.</p><lb/>
          <p>Mars i&#x017F;t ganz fu&#x0364;r die Venus: und Apollo, der<lb/>
Ricaneur, &#x017F;cheint mit dem Bacchus daru&#x0364;ber zu &#x017F;cher-<lb/>
zen. Das gute ehrliche Blut, der Hercules, i&#x017F;t<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ziem-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[122/0146] Der kleine Pallaſt Farneſe. bei großen Verſammlungen einnehmen ſollte, wel- cher dem Eingange des Gebaͤudes immer gegenuͤber iſt, in die Mitte des Bildes, die Umſtehenden aber perſpektiviſch zu beiden Seiten hinſetzen: Denn da- durch wuͤrde die Hauptfigur zu ſehr ins Dunkle gehal- ten ſeyn; Sondern man nahm an, der Beſchauer ſtehe mitten auf dem Plane des Bildes, und ſehe die handelnden Perſonen ſich gegen uͤber, die vornehmſte Perſon oben, die niedrigſte unterhalb, und das Ganze meiſtens im Profil. Dieſe Anmerkung ſcheint mir nicht uͤberfluͤßig. Jupiter alſo ſitzt an dem einen Ende des Bildes und zwar auf einem erhoͤheten Sitze von Wolken. Auf ſeiner einen Seite Juno, Pallas, Diana, auf der andern Neptun und Pluto. Jupiter zeigt die pruͤfende ernſte Mine der Un- partheilichkeit; aber dieſe ſowohl als die Stellung wuͤrden ſich mehr fuͤr einen irrdiſchen Richter als fuͤr den himmliſchen ſchicken. Er lehnt ſich auf den Ellnbogen, den er aufs Knie ſtuͤtzt. Neptun hat das Anſehen eines gutherzigen Murrkopfs, mit mehr lebhaftem als ſicherem Gefuͤhl fuͤr Recht und Unrecht; und dem Pluto duͤrfte man ſchon wagen, im Ver- trauen auf die in ſich gezogene ſchnellblickende Mine da, ein Suͤmmchen Gold bei Wegelang in die Hand zu druͤcken. Beiden Bruͤdern ſcheint die Venus nicht miszubehagen, aber Pluto blickt ſie nur verſtoh- len und von der Seite an. Dagegen ſinkt die Schale bei den drei Goͤttinnen auf des Cupido Seite. Mars iſt ganz fuͤr die Venus: und Apollo, der Ricaneur, ſcheint mit dem Bacchus daruͤber zu ſcher- zen. Das gute ehrliche Blut, der Hercules, iſt ziem-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787/146
Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787/146>, abgerufen am 28.04.2024.