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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787.

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Pallast Spada.
Schönheit vermißt, welche die Geschichte diesem Hel-
den beilegt, und dagegen einen Ausdruck von Festig-
keit des Charakters in der Mine gefunden, welche sie
ihm ableugnet. Auch scheint mir das nackte Costume
für den Römer nicht zu passen.

Inzwischen Männer, deren Urtheil meine ganze
Achtung verdient, haben mich versichert, bei der Ver-
gleichung des Gypsabgusses des Kopfes mit dem
Brustbilde auf der Medaille viele Aehnlichkeit zwischen
beiden gefunden zu haben.

Ist es wahr, daß die Statue bei der Cancellaria
auf dem Platze des ehemaligen Rathhauses des Pompe-
jus gefunden sey, so würde dieser Umstand die Angabe
des Nahmens bestätigen. Man setzt hinzu, der Leib
der Figur habe in dem Keller des einen, der Kopf
aber in dem Keller des andern Bürgers gelegen; die
Scheidewand beider Häuser habe darüber gestanden.
Wem gehörte das Eigenthum? Der eine Nachbar
verlangte es, weil der Kopf als der vornehmste Theil
auf seinem Grund und Boden gelegen hätte. Der
andere behauptete, der größte und nicht der vorzüg-
lichste Theil entscheide, und dieser, als der Rumpf,
wäre auf seiner Besitzung gefunden. Die Sache
kam vor Gericht, und der Richter that einen Aus-
spruch, der seiner Kunstliebhaberei so wenig Ehre
machte, als seiner Jurisprudenz. Die Statue, er-
kannte er, soll getheilt werden; den Kopf, der herab-
geschlagen werden muß, nehme der Eigenthümer des
Bodens hin wo er lag, den Rumpf der andere. Der
Pabst Julius der Dritte hinderte die Ausführung die-
ses sonderbaren Erkenntnisses durch seine Freigebigkeit.
Er kaufte die Statue für 150 Ducaten, und schenkte

sie
Dritter Theil. F

Pallaſt Spada.
Schoͤnheit vermißt, welche die Geſchichte dieſem Hel-
den beilegt, und dagegen einen Ausdruck von Feſtig-
keit des Charakters in der Mine gefunden, welche ſie
ihm ableugnet. Auch ſcheint mir das nackte Coſtume
fuͤr den Roͤmer nicht zu paſſen.

Inzwiſchen Maͤnner, deren Urtheil meine ganze
Achtung verdient, haben mich verſichert, bei der Ver-
gleichung des Gypsabguſſes des Kopfes mit dem
Bruſtbilde auf der Medaille viele Aehnlichkeit zwiſchen
beiden gefunden zu haben.

Iſt es wahr, daß die Statue bei der Cancellaria
auf dem Platze des ehemaligen Rathhauſes des Pompe-
jus gefunden ſey, ſo wuͤrde dieſer Umſtand die Angabe
des Nahmens beſtaͤtigen. Man ſetzt hinzu, der Leib
der Figur habe in dem Keller des einen, der Kopf
aber in dem Keller des andern Buͤrgers gelegen; die
Scheidewand beider Haͤuſer habe daruͤber geſtanden.
Wem gehoͤrte das Eigenthum? Der eine Nachbar
verlangte es, weil der Kopf als der vornehmſte Theil
auf ſeinem Grund und Boden gelegen haͤtte. Der
andere behauptete, der groͤßte und nicht der vorzuͤg-
lichſte Theil entſcheide, und dieſer, als der Rumpf,
waͤre auf ſeiner Beſitzung gefunden. Die Sache
kam vor Gericht, und der Richter that einen Aus-
ſpruch, der ſeiner Kunſtliebhaberei ſo wenig Ehre
machte, als ſeiner Jurisprudenz. Die Statue, er-
kannte er, ſoll getheilt werden; den Kopf, der herab-
geſchlagen werden muß, nehme der Eigenthuͤmer des
Bodens hin wo er lag, den Rumpf der andere. Der
Pabſt Julius der Dritte hinderte die Ausfuͤhrung die-
ſes ſonderbaren Erkenntniſſes durch ſeine Freigebigkeit.
Er kaufte die Statue fuͤr 150 Ducaten, und ſchenkte

ſie
Dritter Theil. F
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[81/0105] Pallaſt Spada. Schoͤnheit vermißt, welche die Geſchichte dieſem Hel- den beilegt, und dagegen einen Ausdruck von Feſtig- keit des Charakters in der Mine gefunden, welche ſie ihm ableugnet. Auch ſcheint mir das nackte Coſtume fuͤr den Roͤmer nicht zu paſſen. Inzwiſchen Maͤnner, deren Urtheil meine ganze Achtung verdient, haben mich verſichert, bei der Ver- gleichung des Gypsabguſſes des Kopfes mit dem Bruſtbilde auf der Medaille viele Aehnlichkeit zwiſchen beiden gefunden zu haben. Iſt es wahr, daß die Statue bei der Cancellaria auf dem Platze des ehemaligen Rathhauſes des Pompe- jus gefunden ſey, ſo wuͤrde dieſer Umſtand die Angabe des Nahmens beſtaͤtigen. Man ſetzt hinzu, der Leib der Figur habe in dem Keller des einen, der Kopf aber in dem Keller des andern Buͤrgers gelegen; die Scheidewand beider Haͤuſer habe daruͤber geſtanden. Wem gehoͤrte das Eigenthum? Der eine Nachbar verlangte es, weil der Kopf als der vornehmſte Theil auf ſeinem Grund und Boden gelegen haͤtte. Der andere behauptete, der groͤßte und nicht der vorzuͤg- lichſte Theil entſcheide, und dieſer, als der Rumpf, waͤre auf ſeiner Beſitzung gefunden. Die Sache kam vor Gericht, und der Richter that einen Aus- ſpruch, der ſeiner Kunſtliebhaberei ſo wenig Ehre machte, als ſeiner Jurisprudenz. Die Statue, er- kannte er, ſoll getheilt werden; den Kopf, der herab- geſchlagen werden muß, nehme der Eigenthuͤmer des Bodens hin wo er lag, den Rumpf der andere. Der Pabſt Julius der Dritte hinderte die Ausfuͤhrung die- ſes ſonderbaren Erkenntniſſes durch ſeine Freigebigkeit. Er kaufte die Statue fuͤr 150 Ducaten, und ſchenkte ſie Dritter Theil. F

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787/105>, abgerufen am 28.04.2024.