eines Körpers, dessen Bewegungen eine thätige Seele anzeigen, eine angenehme Unterhaltung zu finden.
Der Eindruck einer schönen Gestalt läßt sich ohne würkliche aktuelle Thätigkeit der Seele mithin ohne merkliche Bewegung des Körpers gedenken. In den mehresten Statuen der Alten finden wir nur die Fähigkeit zu handeln, den Charakter des wirkenden Wesens in der Gestalt in ruhiger Fassung angedeutet, und es scheint selbst, daß eine zu lebhafte Anstren- gung des Körpers als eine Folge eines sehr interessir- ten Zustandes der Seele den Formen der Schönheit nachtheilig sey.
Hingegen das Interesse, welches wir an Dar- stellung der Handlung nehmen, ist von dem Aus- druck einer würklich thätigen Seele, mithin eines Körpers in Bewegung unzertrennlich. Denn die bildenden Künste haben kein anderes Mittel, die Ak- tivität der Seele deutlich zu machen, als die Aktivi- tät des Körpers.
So gut ich mir nun das Ideal, oder, wenn ich so sagen darf, das Summum von einer Darstellung eines schönen Körpers ohne das Ideal oder das Summum einer interessanten Handlung denken kann, so gut kann ich mir das Ideal einer interessanten Handlung ohne das Ideal einer schönen Gestalt denken.
Der heilige Andreas Corsini vom Guido, der mit dem Ausdruck gänzlicher Hingebung seine Seele zu Gott erhebt, ist unstreitig dem Ideal einer in- teressanten Handlung näher, als der an Gestalt un- endlich vollkommenere Antinous im Belvedere.
Aber
Villa Albani.
eines Koͤrpers, deſſen Bewegungen eine thaͤtige Seele anzeigen, eine angenehme Unterhaltung zu finden.
Der Eindruck einer ſchoͤnen Geſtalt laͤßt ſich ohne wuͤrkliche aktuelle Thaͤtigkeit der Seele mithin ohne merkliche Bewegung des Koͤrpers gedenken. In den mehreſten Statuen der Alten finden wir nur die Faͤhigkeit zu handeln, den Charakter des wirkenden Weſens in der Geſtalt in ruhiger Faſſung angedeutet, und es ſcheint ſelbſt, daß eine zu lebhafte Anſtren- gung des Koͤrpers als eine Folge eines ſehr intereſſir- ten Zuſtandes der Seele den Formen der Schoͤnheit nachtheilig ſey.
Hingegen das Intereſſe, welches wir an Dar- ſtellung der Handlung nehmen, iſt von dem Aus- druck einer wuͤrklich thaͤtigen Seele, mithin eines Koͤrpers in Bewegung unzertrennlich. Denn die bildenden Kuͤnſte haben kein anderes Mittel, die Ak- tivitaͤt der Seele deutlich zu machen, als die Aktivi- taͤt des Koͤrpers.
So gut ich mir nun das Ideal, oder, wenn ich ſo ſagen darf, das Summum von einer Darſtellung eines ſchoͤnen Koͤrpers ohne das Ideal oder das Summum einer intereſſanten Handlung denken kann, ſo gut kann ich mir das Ideal einer intereſſanten Handlung ohne das Ideal einer ſchoͤnen Geſtalt denken.
Der heilige Andreas Corſini vom Guido, der mit dem Ausdruck gaͤnzlicher Hingebung ſeine Seele zu Gott erhebt, iſt unſtreitig dem Ideal einer in- tereſſanten Handlung naͤher, als der an Geſtalt un- endlich vollkommenere Antinous im Belvedere.
Aber
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Villa Albani.
eines Koͤrpers, deſſen Bewegungen eine thaͤtige Seele
anzeigen, eine angenehme Unterhaltung zu finden.
Der Eindruck einer ſchoͤnen Geſtalt laͤßt ſich ohne
wuͤrkliche aktuelle Thaͤtigkeit der Seele mithin ohne
merkliche Bewegung des Koͤrpers gedenken. In
den mehreſten Statuen der Alten finden wir nur die
Faͤhigkeit zu handeln, den Charakter des wirkenden
Weſens in der Geſtalt in ruhiger Faſſung angedeutet,
und es ſcheint ſelbſt, daß eine zu lebhafte Anſtren-
gung des Koͤrpers als eine Folge eines ſehr intereſſir-
ten Zuſtandes der Seele den Formen der Schoͤnheit
nachtheilig ſey.
Hingegen das Intereſſe, welches wir an Dar-
ſtellung der Handlung nehmen, iſt von dem Aus-
druck einer wuͤrklich thaͤtigen Seele, mithin eines
Koͤrpers in Bewegung unzertrennlich. Denn die
bildenden Kuͤnſte haben kein anderes Mittel, die Ak-
tivitaͤt der Seele deutlich zu machen, als die Aktivi-
taͤt des Koͤrpers.
So gut ich mir nun das Ideal, oder, wenn ich
ſo ſagen darf, das Summum von einer Darſtellung
eines ſchoͤnen Koͤrpers ohne das Ideal oder das
Summum einer intereſſanten Handlung denken kann,
ſo gut kann ich mir das Ideal einer intereſſanten
Handlung ohne das Ideal einer ſchoͤnen Geſtalt
denken.
Der heilige Andreas Corſini vom Guido, der
mit dem Ausdruck gaͤnzlicher Hingebung ſeine Seele
zu Gott erhebt, iſt unſtreitig dem Ideal einer in-
tereſſanten Handlung naͤher, als der an Geſtalt un-
endlich vollkommenere Antinous im Belvedere.
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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei02_1787/48>, abgerufen am 23.07.2024.
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