Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787.Pallast Barberini. Die berühmte Landschaft des Poussin: et in Das Herz! das Herz ist es, dessen Affekte sich Es
Pallaſt Barberini. Die beruͤhmte Landſchaft des Pouſſin: et in Das Herz! das Herz iſt es, deſſen Affekte ſich Es
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0313" n="299"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Pallaſt Barberini.</hi> </fw><lb/> <p>Die beruͤhmte Landſchaft des Pouſſin: <hi rendition="#aq">et in<lb/> Arcadia ego</hi> iſt bekannt. Hier ſieht man ein<lb/> Grabmal. Auf dem Deckel des Sarcophags liegt<lb/> die Statue eines jungen Maͤdchens in der Bluͤthe der<lb/> Jahre. An der Urne ſelbſt ſteht die Innſchrift <hi rendition="#aq">et<lb/> in Arcadia ego</hi> (Auch ich war in Arcadien). Man<lb/> ſetze den Socrates dabei, in der Faſſung wie er die<lb/> tiefſten Unterſuchungen uͤber die Unſterblichkeit der<lb/> Seele angeſtellt hat; Man ſetze die Todtengraͤber aus<lb/> Shakeſpears Hamlet dabei mit dem Ausdruck den<lb/> ſie gehabt haben koͤnnten, wenn ſie die feinen witzigen<lb/> Gedanken, die ihnen der Dichter beilegt, wuͤrklich<lb/> aus ſich ſelbſt herausgeſponnen haͤtten; welch ein un-<lb/> befriedigendes Schauſpiel fuͤr das bloße <choice><sic>Ange</sic><corr>Auge</corr></choice>, ver-<lb/> glichen mit den Juͤnglingen und Maͤdchen die in<lb/> Pouſſins Bilde mit Roſen den Leib umwunden,<lb/> aber mit Schwermuth in Stellung und Mine, das<lb/> fruͤhe Grab ihrer Genoſſin betrachten.</p><lb/> <p>Das Herz! das Herz iſt es, deſſen Affekte ſich<lb/> am beſtimmteſten, am deutlichſten auf der Oberflaͤche<lb/> des Koͤrpers aͤußern, und uns durch ihre deutliche<lb/> Beſtimmtheit zur Theilnehmung einladen. Nicht<lb/> die Operationen des Verſtandes, nicht der Eindruck<lb/> des bloßen Anſchauens bringen eine ſo merkliche Ver-<lb/> aͤnderung auf den Koͤrper hervor, daß ſie von jedem<lb/> durch den bloßen Anblick richtig ausgelegt, verſtan-<lb/> den, und weil ſich kein Antheil denken laͤßt ohne<lb/> Kenntniß deſſen was ihn verdient, mitempfunden<lb/> werden koͤnnten. Empfindungen alſo, Gefuͤhle,<lb/> die koͤnnen wir mahlen, aber auch dieſe nicht alle mit<lb/> gleichem Gluͤcke.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Es</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [299/0313]
Pallaſt Barberini.
Die beruͤhmte Landſchaft des Pouſſin: et in
Arcadia ego iſt bekannt. Hier ſieht man ein
Grabmal. Auf dem Deckel des Sarcophags liegt
die Statue eines jungen Maͤdchens in der Bluͤthe der
Jahre. An der Urne ſelbſt ſteht die Innſchrift et
in Arcadia ego (Auch ich war in Arcadien). Man
ſetze den Socrates dabei, in der Faſſung wie er die
tiefſten Unterſuchungen uͤber die Unſterblichkeit der
Seele angeſtellt hat; Man ſetze die Todtengraͤber aus
Shakeſpears Hamlet dabei mit dem Ausdruck den
ſie gehabt haben koͤnnten, wenn ſie die feinen witzigen
Gedanken, die ihnen der Dichter beilegt, wuͤrklich
aus ſich ſelbſt herausgeſponnen haͤtten; welch ein un-
befriedigendes Schauſpiel fuͤr das bloße Auge, ver-
glichen mit den Juͤnglingen und Maͤdchen die in
Pouſſins Bilde mit Roſen den Leib umwunden,
aber mit Schwermuth in Stellung und Mine, das
fruͤhe Grab ihrer Genoſſin betrachten.
Das Herz! das Herz iſt es, deſſen Affekte ſich
am beſtimmteſten, am deutlichſten auf der Oberflaͤche
des Koͤrpers aͤußern, und uns durch ihre deutliche
Beſtimmtheit zur Theilnehmung einladen. Nicht
die Operationen des Verſtandes, nicht der Eindruck
des bloßen Anſchauens bringen eine ſo merkliche Ver-
aͤnderung auf den Koͤrper hervor, daß ſie von jedem
durch den bloßen Anblick richtig ausgelegt, verſtan-
den, und weil ſich kein Antheil denken laͤßt ohne
Kenntniß deſſen was ihn verdient, mitempfunden
werden koͤnnten. Empfindungen alſo, Gefuͤhle,
die koͤnnen wir mahlen, aber auch dieſe nicht alle mit
gleichem Gluͤcke.
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