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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787.

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Pallast Barberini.
klärbare Wege nimmt, doch immer dem Auge durch
Abwechselung des Lichts und Schattens Unterhaltung
gewährt:

Ich dächte ein Theil der zauberischen Künste
wäre erklärt, wodurch das Blendwerk eines Pietro
da Cortona den flüchtigen Beobachter anzieht.

Aber worin liegt das Geheimniß, welches zu-
gleich den Künstler, den aufmerksamen Liebhaber,
jener Fehler wegen, beschwichtiget. Denn wenn
gleich das Mittelmäßige den großen Haufen anfangs
stärker rührt, als das sehr Gute, weil es ihm näher
ist; so verläßt er doch bald seine Creaturen, wenn der
selbstständige Mann ihm versichert, daß er sich lä-
cherlich machen würde, sich ihrer ferner anzunehmen.

Man mag sagen, was man will, das Ver-
gnügen, welches die nachahmenden Künste dem den-
kendsten Kopfe gewähren, als Künste gewähren,
hängt doch immer zum großen Theil von der Treue
der Nachahmung, und von der Bewunderung der
Geschicklichkeit des Künstlers ab. Wie natürlich!
wie künstlich! ist ein Ausruf, der von dem: wie
schön! noch ganz verschieden ist, und den gewiß der
erste Anblick eines Blumenstraußes von van Huysum
selbst einem Winkelmann, so voll sein Kopf auch
immer von Idealen war, wird abgejagt haben.

Allein die Darstellung eines Vorwurfs, so baar
wie wir ihn täglich in der Natur finden, wird unsere
Aufmerksamkeit vorzüglich alsdann wenig fesseln,
wenn wir schon mehrere ähnliche Nachbildungen ken-
nen, und die Geschicklichkeit des Künstlers, sollte er
auch noch so viel Aufwand derselben gemacht haben,

wird
S 5

Pallaſt Barberini.
klaͤrbare Wege nimmt, doch immer dem Auge durch
Abwechſelung des Lichts und Schattens Unterhaltung
gewaͤhrt:

Ich daͤchte ein Theil der zauberiſchen Kuͤnſte
waͤre erklaͤrt, wodurch das Blendwerk eines Pietro
da Cortona den fluͤchtigen Beobachter anzieht.

Aber worin liegt das Geheimniß, welches zu-
gleich den Kuͤnſtler, den aufmerkſamen Liebhaber,
jener Fehler wegen, beſchwichtiget. Denn wenn
gleich das Mittelmaͤßige den großen Haufen anfangs
ſtaͤrker ruͤhrt, als das ſehr Gute, weil es ihm naͤher
iſt; ſo verlaͤßt er doch bald ſeine Creaturen, wenn der
ſelbſtſtaͤndige Mann ihm verſichert, daß er ſich laͤ-
cherlich machen wuͤrde, ſich ihrer ferner anzunehmen.

Man mag ſagen, was man will, das Ver-
gnuͤgen, welches die nachahmenden Kuͤnſte dem den-
kendſten Kopfe gewaͤhren, als Kuͤnſte gewaͤhren,
haͤngt doch immer zum großen Theil von der Treue
der Nachahmung, und von der Bewunderung der
Geſchicklichkeit des Kuͤnſtlers ab. Wie natuͤrlich!
wie kuͤnſtlich! iſt ein Ausruf, der von dem: wie
ſchoͤn! noch ganz verſchieden iſt, und den gewiß der
erſte Anblick eines Blumenſtraußes von van Huyſum
ſelbſt einem Winkelmann, ſo voll ſein Kopf auch
immer von Idealen war, wird abgejagt haben.

Allein die Darſtellung eines Vorwurfs, ſo baar
wie wir ihn taͤglich in der Natur finden, wird unſere
Aufmerkſamkeit vorzuͤglich alsdann wenig feſſeln,
wenn wir ſchon mehrere aͤhnliche Nachbildungen ken-
nen, und die Geſchicklichkeit des Kuͤnſtlers, ſollte er
auch noch ſo viel Aufwand derſelben gemacht haben,

wird
S 5
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[281/0295] Pallaſt Barberini. klaͤrbare Wege nimmt, doch immer dem Auge durch Abwechſelung des Lichts und Schattens Unterhaltung gewaͤhrt: Ich daͤchte ein Theil der zauberiſchen Kuͤnſte waͤre erklaͤrt, wodurch das Blendwerk eines Pietro da Cortona den fluͤchtigen Beobachter anzieht. Aber worin liegt das Geheimniß, welches zu- gleich den Kuͤnſtler, den aufmerkſamen Liebhaber, jener Fehler wegen, beſchwichtiget. Denn wenn gleich das Mittelmaͤßige den großen Haufen anfangs ſtaͤrker ruͤhrt, als das ſehr Gute, weil es ihm naͤher iſt; ſo verlaͤßt er doch bald ſeine Creaturen, wenn der ſelbſtſtaͤndige Mann ihm verſichert, daß er ſich laͤ- cherlich machen wuͤrde, ſich ihrer ferner anzunehmen. Man mag ſagen, was man will, das Ver- gnuͤgen, welches die nachahmenden Kuͤnſte dem den- kendſten Kopfe gewaͤhren, als Kuͤnſte gewaͤhren, haͤngt doch immer zum großen Theil von der Treue der Nachahmung, und von der Bewunderung der Geſchicklichkeit des Kuͤnſtlers ab. Wie natuͤrlich! wie kuͤnſtlich! iſt ein Ausruf, der von dem: wie ſchoͤn! noch ganz verſchieden iſt, und den gewiß der erſte Anblick eines Blumenſtraußes von van Huyſum ſelbſt einem Winkelmann, ſo voll ſein Kopf auch immer von Idealen war, wird abgejagt haben. Allein die Darſtellung eines Vorwurfs, ſo baar wie wir ihn taͤglich in der Natur finden, wird unſere Aufmerkſamkeit vorzuͤglich alsdann wenig feſſeln, wenn wir ſchon mehrere aͤhnliche Nachbildungen ken- nen, und die Geſchicklichkeit des Kuͤnſtlers, ſollte er auch noch ſo viel Aufwand derſelben gemacht haben, wird S 5

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei02_1787/295>, abgerufen am 23.11.2024.