Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787.Pallast Quirinale. zelnen Figuren; und vorzüglich an der freien Be-handlung des Pinsels wieder erkennen. 1) An der Kuppel der Capelle im Pallast Quirinale Ueber 1) Ich muß hier von dem Bilde des weinenden PetrusNachricht
von dem wei- nenden Pe- trus, im Pal- last Zampie- ri, zu Bo- logna. im Pallast Zampieri zu Bologna sprechen, welches Cochin, voyage d' Italie T. II. p. 172. sec. edit. nicht allein für das schönste von Guido, sondern, weil er alle Vorzüge der Mahlerei darin vereinigt findet, auch für das vollkommenste in ganz Italien hält. Man sehe hier, wie der bloße Künstler spricht! Der heilige Petrus, an sich eine unedle Figur, weint nicht wie ein Mann, sondern wie ein ungezogenes Kind, und kratzt sich dabei hinter den Ohren, wäh- rend daß ein anderer Heiliger, von eben so niedri- ger Natur, ihn tröstet. Die Extremitäten sind nichts weniger als schön, nicht einst richtig gezeich- net, und die Schatten sind offenbar übertrieben. Was hat denn dies Bild um so sehr anzuziehen? Für den rohen Betrachter einen um so faßlichern Ausdruck, als er an Carricatur gränzt, eine Rün- dung, durch welche die Figuren sich von dem Grun- de herauszuheben scheinen; für den Künstler aber die kecke Behandlung, mit der die kräftigsten Far- ben in vollkommener Harmonie nicht einzeln auf- getragen, sondern zusammen gegossen scheinen. Pallaſt Quirinale. zelnen Figuren; und vorzuͤglich an der freien Be-handlung des Pinſels wieder erkennen. 1) An der Kuppel der Capelle im Pallaſt Quirinale Ueber 1) Ich muß hier von dem Bilde des weinenden PetrusNachricht
von dem wei- nenden Pe- trus, im Pal- laſt Zampie- ri, zu Bo- logna. im Pallaſt Zampieri zu Bologna ſprechen, welches Cochin, voyage d’ Italie T. II. p. 172. ſec. edit. nicht allein fuͤr das ſchoͤnſte von Guido, ſondern, weil er alle Vorzuͤge der Mahlerei darin vereinigt findet, auch fuͤr das vollkommenſte in ganz Italien haͤlt. Man ſehe hier, wie der bloße Kuͤnſtler ſpricht! Der heilige Petrus, an ſich eine unedle Figur, weint nicht wie ein Mann, ſondern wie ein ungezogenes Kind, und kratzt ſich dabei hinter den Ohren, waͤh- rend daß ein anderer Heiliger, von eben ſo niedri- ger Natur, ihn troͤſtet. Die Extremitaͤten ſind nichts weniger als ſchoͤn, nicht einſt richtig gezeich- net, und die Schatten ſind offenbar uͤbertrieben. Was hat denn dies Bild um ſo ſehr anzuziehen? Fuͤr den rohen Betrachter einen um ſo faßlichern Ausdruck, als er an Carricatur graͤnzt, eine Ruͤn- dung, durch welche die Figuren ſich von dem Grun- de herauszuheben ſcheinen; fuͤr den Kuͤnſtler aber die kecke Behandlung, mit der die kraͤftigſten Far- ben in vollkommener Harmonie nicht einzeln auf- getragen, ſondern zuſammen gegoſſen ſcheinen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0203" n="189"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Pallaſt Quirinale.</hi></fw><lb/> zelnen Figuren; und vorzuͤglich an der freien Be-<lb/> handlung des Pinſels wieder erkennen. <note place="foot" n="1)">Ich muß hier von dem Bilde des weinenden Petrus<note place="right">Nachricht<lb/> von dem wei-<lb/> nenden Pe-<lb/> trus, im Pal-<lb/> laſt Zampie-<lb/> ri, zu Bo-<lb/> logna.</note><lb/> im Pallaſt Zampieri zu Bologna ſprechen, welches<lb/><hi rendition="#aq">Cochin, voyage d’ Italie T. II. p. 172. ſec. edit.</hi><lb/> nicht allein fuͤr das ſchoͤnſte von Guido, ſondern,<lb/> weil er alle Vorzuͤge der Mahlerei darin vereinigt<lb/> findet, auch fuͤr das vollkommenſte in ganz Italien<lb/> haͤlt. Man ſehe hier, wie der bloße Kuͤnſtler ſpricht!<lb/> Der heilige Petrus, an ſich eine unedle Figur, weint<lb/> nicht wie ein Mann, ſondern wie ein ungezogenes<lb/> Kind, und kratzt ſich dabei hinter den Ohren, waͤh-<lb/> rend daß ein anderer Heiliger, von eben ſo niedri-<lb/> ger Natur, ihn troͤſtet. Die Extremitaͤten ſind<lb/> nichts weniger als ſchoͤn, nicht einſt richtig gezeich-<lb/> net, und die Schatten ſind offenbar uͤbertrieben.<lb/> Was hat denn dies Bild um ſo ſehr anzuziehen?<lb/> Fuͤr den rohen Betrachter einen um ſo faßlichern<lb/> Ausdruck, als er an Carricatur graͤnzt, eine Ruͤn-<lb/> dung, durch welche die Figuren ſich von dem Grun-<lb/> de herauszuheben ſcheinen; fuͤr den Kuͤnſtler aber<lb/> die kecke Behandlung, mit der die kraͤftigſten Far-<lb/> ben in vollkommener Harmonie nicht einzeln auf-<lb/> getragen, ſondern zuſammen gegoſſen ſcheinen.</note></p><lb/> <p>An der Kuppel der Capelle im Pallaſt Quirinale<lb/> hat Guido <hi rendition="#fr">die Himmelfahrt Mariaͤ</hi> vorgeſtellt.<lb/> Sie iſt ſehr verdorben. Die Idee zur Figur Gottes<lb/> des Vaters iſt auch hier vom Michael Angelo entlehnt.<lb/> Um ihn herum ſpielen Engel auf verſchiedenen Inſtru-<lb/> menten. Viele darunter haben reizende Koͤpfe und<lb/> Stellungen. Im Ganzen iſt die Glorie zu gelb.<lb/> Dies Gemaͤhlde iſt al Freſco.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Ueber</hi> </fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [189/0203]
Pallaſt Quirinale.
zelnen Figuren; und vorzuͤglich an der freien Be-
handlung des Pinſels wieder erkennen. 1)
An der Kuppel der Capelle im Pallaſt Quirinale
hat Guido die Himmelfahrt Mariaͤ vorgeſtellt.
Sie iſt ſehr verdorben. Die Idee zur Figur Gottes
des Vaters iſt auch hier vom Michael Angelo entlehnt.
Um ihn herum ſpielen Engel auf verſchiedenen Inſtru-
menten. Viele darunter haben reizende Koͤpfe und
Stellungen. Im Ganzen iſt die Glorie zu gelb.
Dies Gemaͤhlde iſt al Freſco.
Ueber
1) Ich muß hier von dem Bilde des weinenden Petrus
im Pallaſt Zampieri zu Bologna ſprechen, welches
Cochin, voyage d’ Italie T. II. p. 172. ſec. edit.
nicht allein fuͤr das ſchoͤnſte von Guido, ſondern,
weil er alle Vorzuͤge der Mahlerei darin vereinigt
findet, auch fuͤr das vollkommenſte in ganz Italien
haͤlt. Man ſehe hier, wie der bloße Kuͤnſtler ſpricht!
Der heilige Petrus, an ſich eine unedle Figur, weint
nicht wie ein Mann, ſondern wie ein ungezogenes
Kind, und kratzt ſich dabei hinter den Ohren, waͤh-
rend daß ein anderer Heiliger, von eben ſo niedri-
ger Natur, ihn troͤſtet. Die Extremitaͤten ſind
nichts weniger als ſchoͤn, nicht einſt richtig gezeich-
net, und die Schatten ſind offenbar uͤbertrieben.
Was hat denn dies Bild um ſo ſehr anzuziehen?
Fuͤr den rohen Betrachter einen um ſo faßlichern
Ausdruck, als er an Carricatur graͤnzt, eine Ruͤn-
dung, durch welche die Figuren ſich von dem Grun-
de herauszuheben ſcheinen; fuͤr den Kuͤnſtler aber
die kecke Behandlung, mit der die kraͤftigſten Far-
ben in vollkommener Harmonie nicht einzeln auf-
getragen, ſondern zuſammen gegoſſen ſcheinen.
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