Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787.Villa Aldovrandini. Das Colorit hat sehr gelitten. Dies ist das beste antike Gemählde, das mir einiger Be- hutsamkeit bei dem ver- gleichenden Urtheil des Verdienstes der alten Mahler ge- gen das Ver- dienst der neuen. Nichts ist gewagter, dünkt mich, als das Ur- Wie kann man so verfahren! Haben wir hinrei- Ich vermuthe sehr, keiner unserer kecken Dikta- Denn
Villa Aldovrandini. Das Colorit hat ſehr gelitten. Dies iſt das beſte antike Gemaͤhlde, das mir einiger Be- hutſamkeit bei dem ver- gleichenden Urtheil des Verdienſtes der alten Mahler ge- gen das Ver- dienſt der neuen. Nichts iſt gewagter, duͤnkt mich, als das Ur- Wie kann man ſo verfahren! Haben wir hinrei- Ich vermuthe ſehr, keiner unſerer kecken Dikta- Denn
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Villa Aldovrandini.
Das Colorit hat ſehr gelitten.
Dies iſt das beſte antike Gemaͤhlde, das mir
bekannt geworden iſt, und es wird mir eine ſchickliche
Veranlaſſung geben, meine Ideen uͤber das was wir
von der Mahlerei der Alten wiſſen, auseinander zuſetzen.
Nichts iſt gewagter, duͤnkt mich, als das Ur-
theil, das wir uͤber den Werth antiker Mahlereien
in Vergleichung mit den Werken unſerer modernen
Meiſter faͤllen: und doch iſt nichts gewoͤhnlicher, als
daß wir bald einen Apelles, einen Parrhaſius, ei-
nen Zeuxes weit uͤber alles hinausſetzen, was die
Mahlerei in neueren Zeiten von großen Maͤnnern auf-
zuweiſen hat; bald den Griechen und Roͤmern ſelbſt
die erſten Grundbegriffe dieſer Kunſt abſprechen.
Wie kann man ſo verfahren! Haben wir hinrei-
chende Data von der Mahlerei der Alten, um ein
Urtheil, es ſey nun zum Vortheil oder zum Nachtheil
der Neueren, vollſtaͤndig zu unterſtuͤtzen und zu recht-
fertigen? Unterſcheiden, beſtimmen wir genung die
verſchiedenen Erforderniſſe zur Vollkommenheit, um
die Grade derſelben gehoͤrig abzuſtufen? Vergeſſen
wir auch nicht, daß die Anſpruͤche, die man an eine
gewiſſe Kunſt macht, nach Verſchiedenheit der Be-
griffe, des Geſchmacks, durch Zeit und Raum ge-
trennter Voͤlker verſchieden, und eben daher die Werke,
die ſie unter andern Verhaͤltniſſen liefert, etwas ſehr
Gutes ſeyn koͤnnen, ohne gerade das zu ſeyn, was
wir von ihnen erwarten?
Ich vermuthe ſehr, keiner unſerer kecken Dikta-
toren geht mit dieſer Behutſamkeit zu Werke: und
doch ſcheint ſie ſo noͤthig!
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