Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787.Der Vaticanische Pallast. gung, das Anheften der Zeit durch die Stellung einesrüstigen Alten sinnlich zu machen, den ein Foliant zu Boden drückt. Diese Last steht in keinem Verhält- nisse mit der Schnellkraft seines Rückens. Nun aber denke man vollends nicht an die Alle- Weiter! Zu welchem interessanten Ausdrucke ge- Die Geschichte zeigt in Minen und Stellung eine So viel über die Erfindung. Auch die Anordnung ist nicht zu loben. Die Fi- So- N 3
Der Vaticaniſche Pallaſt. gung, das Anheften der Zeit durch die Stellung einesruͤſtigen Alten ſinnlich zu machen, den ein Foliant zu Boden druͤckt. Dieſe Laſt ſteht in keinem Verhaͤlt- niſſe mit der Schnellkraft ſeines Ruͤckens. Nun aber denke man vollends nicht an die Alle- Weiter! Zu welchem intereſſanten Ausdrucke ge- Die Geſchichte zeigt in Minen und Stellung eine So viel uͤber die Erfindung. Auch die Anordnung iſt nicht zu loben. Die Fi- So- N 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0219" n="197"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der Vaticaniſche Pallaſt.</hi></fw><lb/> gung, das Anheften der Zeit durch die Stellung eines<lb/> ruͤſtigen Alten ſinnlich zu machen, den ein Foliant zu<lb/> Boden druͤckt. Dieſe Laſt ſteht in keinem Verhaͤlt-<lb/> niſſe mit der Schnellkraft ſeines Ruͤckens.</p><lb/> <p>Nun aber denke man vollends nicht an die Alle-<lb/> gorie. Wie kommen die Figuren zuſammen, an<lb/> welcher ſichtbar gemeinſchaftlichen Handlung nehmen<lb/> ſie Theil? Die Renommee, die auf das Muſeum<lb/> Clementinum zeigt, kann, dem Verſtaͤndniſſe des<lb/> Ganzen unbeſchadet, ganz aus dem Gemaͤhlde weg-<lb/> genommen werden: So der Genius, der die Urkun-<lb/> den herzutraͤgt ꝛc.</p><lb/> <p>Weiter! Zu welchem intereſſanten Ausdrucke ge-<lb/> ben die Beſchaͤfftigungen des Schreibens, des Dic-<lb/> tirens, des Zuſammentragens, ja! ſelbſt des kalten<lb/> Forſchens Veranlaſſung? Ich glaube, zu einem<lb/> ſehr geringen; und was das ſchlimmſte iſt, auch die-<lb/> ſer iſt verfehlt.</p><lb/> <p>Die Geſchichte zeigt in Minen und Stellung eine<lb/> Begeiſterung, die nicht der kalten Forſcherin, viel-<lb/> mehr der Odendichtkunſt zukommen wuͤrde. Der<lb/> Genius, der die Urkunden herzutraͤgt, ſieht die Zu-<lb/> ſchauer an, nicht auf den Ort, auf den er zugeht.<lb/> Janus, der mit der Geſchichte redet, wendet beide<lb/> Koͤpfe ab, und dreht ihr das Ohr zu, ſo, daß wenn<lb/> man ſeiner Handlung Wahrheit beilegen wollte, man<lb/> durchaus annehmen muͤßte: er beſitze die ſeltene<lb/> Kunſt, durch den Bauch zu reden.</p><lb/> <p>So viel uͤber die Erfindung.</p><lb/> <p>Auch die Anordnung iſt nicht zu loben. Die Fi-<lb/> guren ſtehen zu iſolirt, ſie gruppiren nicht zuſammen.</p><lb/> <fw place="bottom" type="sig">N 3</fw> <fw place="bottom" type="catch">So-</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [197/0219]
Der Vaticaniſche Pallaſt.
gung, das Anheften der Zeit durch die Stellung eines
ruͤſtigen Alten ſinnlich zu machen, den ein Foliant zu
Boden druͤckt. Dieſe Laſt ſteht in keinem Verhaͤlt-
niſſe mit der Schnellkraft ſeines Ruͤckens.
Nun aber denke man vollends nicht an die Alle-
gorie. Wie kommen die Figuren zuſammen, an
welcher ſichtbar gemeinſchaftlichen Handlung nehmen
ſie Theil? Die Renommee, die auf das Muſeum
Clementinum zeigt, kann, dem Verſtaͤndniſſe des
Ganzen unbeſchadet, ganz aus dem Gemaͤhlde weg-
genommen werden: So der Genius, der die Urkun-
den herzutraͤgt ꝛc.
Weiter! Zu welchem intereſſanten Ausdrucke ge-
ben die Beſchaͤfftigungen des Schreibens, des Dic-
tirens, des Zuſammentragens, ja! ſelbſt des kalten
Forſchens Veranlaſſung? Ich glaube, zu einem
ſehr geringen; und was das ſchlimmſte iſt, auch die-
ſer iſt verfehlt.
Die Geſchichte zeigt in Minen und Stellung eine
Begeiſterung, die nicht der kalten Forſcherin, viel-
mehr der Odendichtkunſt zukommen wuͤrde. Der
Genius, der die Urkunden herzutraͤgt, ſieht die Zu-
ſchauer an, nicht auf den Ort, auf den er zugeht.
Janus, der mit der Geſchichte redet, wendet beide
Koͤpfe ab, und dreht ihr das Ohr zu, ſo, daß wenn
man ſeiner Handlung Wahrheit beilegen wollte, man
durchaus annehmen muͤßte: er beſitze die ſeltene
Kunſt, durch den Bauch zu reden.
So viel uͤber die Erfindung.
Auch die Anordnung iſt nicht zu loben. Die Fi-
guren ſtehen zu iſolirt, ſie gruppiren nicht zuſammen.
So-
N 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |