Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite
Der Vaticanische Pallast.

+ Attila, der Zerstöhrer der Welt, dieAttila.
Geißel Gottes, wie er sich nannte, kehrt um
vor den Mauren Roms, gerührt durch die
Ehrfurcht, die ihm der Statthalter Gottes
einflößt.

Man bedenke es wohl, hier ist keine gewalt-
same Zurücktreibung, es ist Würkung eines heiligen
Schauders, der den Barbaren bei dem Gefühl über-
natürlicher Größe ergreift, und die auf seine Armee
mit panischem Schrecken zurück würkt. Der Pabst
Leo der Heilige, trägt auf seiner Figur die Würde ei-
nes Heiligen, der sich des unmittelbaren Schutzes des
Himmels bewußt ist. Er durchschneidet, wie die
Stellung der Hand es schließen läßt, die Luft mit
dem allmächtigen Zeichen des Kreuzes. Ihm zur
Seite stehen seine Begleiter mit dem Gefühle der Un-
verletzlichkeit unter dem Schutze des Oberhaupts der
Kirche. Auch verläßt der Himmel seinen Diener
nicht; die Apostel Petrus und Paulus schweben über
seinem Haupte, und befehlen dem Barbaren zu wei-
chen; nicht mit dem Ausdrucke eines gewaltsamen
Zorns, aber mit dem Ernste, dem man nicht wider-
steht, und ausgerüstet mit Waffen, im Fall der
Widerspenstigkeit zu strafen.

Den Barbaren ergreift das Gefühl der über-
menschlichen Stärke, gegen die er nicht anzukämpfen
wagt. Die Augen gegen die himmlische Erscheinung
gerichtet, beugt er den Körper zurück, und gibt mit
wegweisenden Händen seiner Armee das Zeichen zurück
zu kehren. Er allein sieht die Erscheinung der höhe-
ren Wesen, aber seine Begleiter fühlen den Schauer,

der
K 4
Der Vaticaniſche Pallaſt.

Attila, der Zerſtoͤhrer der Welt, dieAttila.
Geißel Gottes, wie er ſich nannte, kehrt um
vor den Mauren Roms, geruͤhrt durch die
Ehrfurcht, die ihm der Statthalter Gottes
einfloͤßt.

Man bedenke es wohl, hier iſt keine gewalt-
ſame Zuruͤcktreibung, es iſt Wuͤrkung eines heiligen
Schauders, der den Barbaren bei dem Gefuͤhl uͤber-
natuͤrlicher Groͤße ergreift, und die auf ſeine Armee
mit paniſchem Schrecken zuruͤck wuͤrkt. Der Pabſt
Leo der Heilige, traͤgt auf ſeiner Figur die Wuͤrde ei-
nes Heiligen, der ſich des unmittelbaren Schutzes des
Himmels bewußt iſt. Er durchſchneidet, wie die
Stellung der Hand es ſchließen laͤßt, die Luft mit
dem allmaͤchtigen Zeichen des Kreuzes. Ihm zur
Seite ſtehen ſeine Begleiter mit dem Gefuͤhle der Un-
verletzlichkeit unter dem Schutze des Oberhaupts der
Kirche. Auch verlaͤßt der Himmel ſeinen Diener
nicht; die Apoſtel Petrus und Paulus ſchweben uͤber
ſeinem Haupte, und befehlen dem Barbaren zu wei-
chen; nicht mit dem Ausdrucke eines gewaltſamen
Zorns, aber mit dem Ernſte, dem man nicht wider-
ſteht, und ausgeruͤſtet mit Waffen, im Fall der
Widerſpenſtigkeit zu ſtrafen.

Den Barbaren ergreift das Gefuͤhl der uͤber-
menſchlichen Staͤrke, gegen die er nicht anzukaͤmpfen
wagt. Die Augen gegen die himmliſche Erſcheinung
gerichtet, beugt er den Koͤrper zuruͤck, und gibt mit
wegweiſenden Haͤnden ſeiner Armee das Zeichen zuruͤck
zu kehren. Er allein ſieht die Erſcheinung der hoͤhe-
ren Weſen, aber ſeine Begleiter fuͤhlen den Schauer,

der
K 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0173" n="151"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Vaticani&#x017F;che Palla&#x017F;t.</hi> </fw><lb/>
            <p>&#x2020; <hi rendition="#fr">Attila, der Zer&#x017F;to&#x0364;hrer der Welt, die</hi><note place="right">Attila.</note><lb/><hi rendition="#fr">Geißel Gottes, wie er &#x017F;ich nannte, kehrt um<lb/>
vor den Mauren Roms, geru&#x0364;hrt durch die<lb/>
Ehrfurcht, die ihm der Statthalter Gottes<lb/>
einflo&#x0364;ßt.</hi></p><lb/>
            <p>Man bedenke es wohl, hier i&#x017F;t keine gewalt-<lb/>
&#x017F;ame Zuru&#x0364;cktreibung, es i&#x017F;t Wu&#x0364;rkung eines heiligen<lb/>
Schauders, der den Barbaren bei dem Gefu&#x0364;hl u&#x0364;ber-<lb/>
natu&#x0364;rlicher Gro&#x0364;ße ergreift, und die auf &#x017F;eine Armee<lb/>
mit pani&#x017F;chem Schrecken zuru&#x0364;ck wu&#x0364;rkt. Der Pab&#x017F;t<lb/>
Leo der Heilige, tra&#x0364;gt auf &#x017F;einer Figur die Wu&#x0364;rde ei-<lb/>
nes Heiligen, der &#x017F;ich des unmittelbaren Schutzes des<lb/>
Himmels bewußt i&#x017F;t. Er durch&#x017F;chneidet, wie die<lb/>
Stellung der Hand es &#x017F;chließen la&#x0364;ßt, die Luft mit<lb/>
dem allma&#x0364;chtigen Zeichen des Kreuzes. Ihm zur<lb/>
Seite &#x017F;tehen &#x017F;eine Begleiter mit dem Gefu&#x0364;hle der Un-<lb/>
verletzlichkeit unter dem Schutze des Oberhaupts der<lb/>
Kirche. Auch verla&#x0364;ßt der Himmel &#x017F;einen Diener<lb/>
nicht; die Apo&#x017F;tel Petrus und Paulus &#x017F;chweben u&#x0364;ber<lb/>
&#x017F;einem Haupte, und befehlen dem Barbaren zu wei-<lb/>
chen; nicht mit dem Ausdrucke eines gewalt&#x017F;amen<lb/>
Zorns, aber mit dem Ern&#x017F;te, dem man nicht wider-<lb/>
&#x017F;teht, und ausgeru&#x0364;&#x017F;tet mit Waffen, im Fall der<lb/>
Wider&#x017F;pen&#x017F;tigkeit zu &#x017F;trafen.</p><lb/>
            <p>Den Barbaren ergreift das Gefu&#x0364;hl der u&#x0364;ber-<lb/>
men&#x017F;chlichen Sta&#x0364;rke, gegen die er nicht anzuka&#x0364;mpfen<lb/>
wagt. Die Augen gegen die himmli&#x017F;che Er&#x017F;cheinung<lb/>
gerichtet, beugt er den Ko&#x0364;rper zuru&#x0364;ck, und gibt mit<lb/>
wegwei&#x017F;enden Ha&#x0364;nden &#x017F;einer Armee das Zeichen zuru&#x0364;ck<lb/>
zu kehren. Er allein &#x017F;ieht die Er&#x017F;cheinung der ho&#x0364;he-<lb/>
ren We&#x017F;en, aber &#x017F;eine Begleiter fu&#x0364;hlen den Schauer,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K 4</fw><fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[151/0173] Der Vaticaniſche Pallaſt. † Attila, der Zerſtoͤhrer der Welt, die Geißel Gottes, wie er ſich nannte, kehrt um vor den Mauren Roms, geruͤhrt durch die Ehrfurcht, die ihm der Statthalter Gottes einfloͤßt. Attila. Man bedenke es wohl, hier iſt keine gewalt- ſame Zuruͤcktreibung, es iſt Wuͤrkung eines heiligen Schauders, der den Barbaren bei dem Gefuͤhl uͤber- natuͤrlicher Groͤße ergreift, und die auf ſeine Armee mit paniſchem Schrecken zuruͤck wuͤrkt. Der Pabſt Leo der Heilige, traͤgt auf ſeiner Figur die Wuͤrde ei- nes Heiligen, der ſich des unmittelbaren Schutzes des Himmels bewußt iſt. Er durchſchneidet, wie die Stellung der Hand es ſchließen laͤßt, die Luft mit dem allmaͤchtigen Zeichen des Kreuzes. Ihm zur Seite ſtehen ſeine Begleiter mit dem Gefuͤhle der Un- verletzlichkeit unter dem Schutze des Oberhaupts der Kirche. Auch verlaͤßt der Himmel ſeinen Diener nicht; die Apoſtel Petrus und Paulus ſchweben uͤber ſeinem Haupte, und befehlen dem Barbaren zu wei- chen; nicht mit dem Ausdrucke eines gewaltſamen Zorns, aber mit dem Ernſte, dem man nicht wider- ſteht, und ausgeruͤſtet mit Waffen, im Fall der Widerſpenſtigkeit zu ſtrafen. Den Barbaren ergreift das Gefuͤhl der uͤber- menſchlichen Staͤrke, gegen die er nicht anzukaͤmpfen wagt. Die Augen gegen die himmliſche Erſcheinung gerichtet, beugt er den Koͤrper zuruͤck, und gibt mit wegweiſenden Haͤnden ſeiner Armee das Zeichen zuruͤck zu kehren. Er allein ſieht die Erſcheinung der hoͤhe- ren Weſen, aber ſeine Begleiter fuͤhlen den Schauer, der K 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/173
Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/173>, abgerufen am 06.05.2024.