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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787.

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Der Vaticanische Pallast.

Ist ein Plafond überhaupt ein schicklicher Ort zurPlafonds
scheinen kein
schicklicher
Ort zu seyn,
um daran
interessante
Gemählde
anzubrin-
gen.

Aufbewahrung solcher Gemählde, welche die Aufmerk-
samkeit lange fesseln, und durch das Interesse, das
sie erwecken, die Augen anheften? Ich glaube nicht.

Zuerst ist die Stellung, die man annehmen
muß, um eine Sache zu betrachten, die über unserer
Scheitel schwebt, an sich schon zwangvoll, und auf
die Länge quälend. Ein Gemählde am Plafond muß
den Blick füllen, wenn man ihn hinaufschlägt, aber
man muß ihn auch wieder abziehen können, ohne zu
bedauren, daß man ihn nicht länger dort ruhen lassen
kann.

Eine andere Unbequemlichkeit ist die Schwierig-
keit bei der Wahl des Gesichtspunktes, aus dem der
Zuschauer ein Gemählde an der Decke wahrscheinlich
finden soll. Einige Künstler stellen ihre Figuren so,
wie sie der unten stehende Zuschauer sehen würde,
wenn sie in offener Luft über ihm schwebten. Man
sieht sie alsdann in der Verkürzung. Andere hinge-
gen mahlen das Gemählde, als wenn es eigentlich be-
stimmt gewesen wäre, dem Zuschauer gegen über auf-
gestellet zu werden, und als hätte man es entweder
als Tafel oder als Decke an den Boden angeheftet.
So mahlte Raphael seinen Plafond, so hat Meng[s]
einige der seinigen verfertiget.

Die Meinungen sind getheilet über den Vorzug,Soll man
die Figuren
in horizon-
taler oder
verticaler

den jede dieser Vorstellungsarten verdient. Die An-
hänger der letzten sagen: Die Verpflichtung, nur
solche Süjets an die Decke zu mahlen, die würklich
in offener Luft vorgehen können, beschränke zu sehr

das
J 3
Der Vaticaniſche Pallaſt.

Iſt ein Plafond uͤberhaupt ein ſchicklicher Ort zurPlafonds
ſcheinen kein
ſchicklicher
Ort zu ſeyn,
um daran
intereſſante
Gemaͤhlde
anzubrin-
gen.

Aufbewahrung ſolcher Gemaͤhlde, welche die Aufmerk-
ſamkeit lange feſſeln, und durch das Intereſſe, das
ſie erwecken, die Augen anheften? Ich glaube nicht.

Zuerſt iſt die Stellung, die man annehmen
muß, um eine Sache zu betrachten, die uͤber unſerer
Scheitel ſchwebt, an ſich ſchon zwangvoll, und auf
die Laͤnge quaͤlend. Ein Gemaͤhlde am Plafond muß
den Blick fuͤllen, wenn man ihn hinaufſchlaͤgt, aber
man muß ihn auch wieder abziehen koͤnnen, ohne zu
bedauren, daß man ihn nicht laͤnger dort ruhen laſſen
kann.

Eine andere Unbequemlichkeit iſt die Schwierig-
keit bei der Wahl des Geſichtspunktes, aus dem der
Zuſchauer ein Gemaͤhlde an der Decke wahrſcheinlich
finden ſoll. Einige Kuͤnſtler ſtellen ihre Figuren ſo,
wie ſie der unten ſtehende Zuſchauer ſehen wuͤrde,
wenn ſie in offener Luft uͤber ihm ſchwebten. Man
ſieht ſie alsdann in der Verkuͤrzung. Andere hinge-
gen mahlen das Gemaͤhlde, als wenn es eigentlich be-
ſtimmt geweſen waͤre, dem Zuſchauer gegen uͤber auf-
geſtellet zu werden, und als haͤtte man es entweder
als Tafel oder als Decke an den Boden angeheftet.
So mahlte Raphael ſeinen Plafond, ſo hat Meng[s]
einige der ſeinigen verfertiget.

Die Meinungen ſind getheilet uͤber den Vorzug,Soll man
die Figuren
in horizon-
taler oder
verticaler

den jede dieſer Vorſtellungsarten verdient. Die An-
haͤnger der letzten ſagen: Die Verpflichtung, nur
ſolche Suͤjets an die Decke zu mahlen, die wuͤrklich
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[133/0155] Der Vaticaniſche Pallaſt. Iſt ein Plafond uͤberhaupt ein ſchicklicher Ort zur Aufbewahrung ſolcher Gemaͤhlde, welche die Aufmerk- ſamkeit lange feſſeln, und durch das Intereſſe, das ſie erwecken, die Augen anheften? Ich glaube nicht. Plafonds ſcheinen kein ſchicklicher Ort zu ſeyn, um daran intereſſante Gemaͤhlde anzubrin- gen. Zuerſt iſt die Stellung, die man annehmen muß, um eine Sache zu betrachten, die uͤber unſerer Scheitel ſchwebt, an ſich ſchon zwangvoll, und auf die Laͤnge quaͤlend. Ein Gemaͤhlde am Plafond muß den Blick fuͤllen, wenn man ihn hinaufſchlaͤgt, aber man muß ihn auch wieder abziehen koͤnnen, ohne zu bedauren, daß man ihn nicht laͤnger dort ruhen laſſen kann. Eine andere Unbequemlichkeit iſt die Schwierig- keit bei der Wahl des Geſichtspunktes, aus dem der Zuſchauer ein Gemaͤhlde an der Decke wahrſcheinlich finden ſoll. Einige Kuͤnſtler ſtellen ihre Figuren ſo, wie ſie der unten ſtehende Zuſchauer ſehen wuͤrde, wenn ſie in offener Luft uͤber ihm ſchwebten. Man ſieht ſie alsdann in der Verkuͤrzung. Andere hinge- gen mahlen das Gemaͤhlde, als wenn es eigentlich be- ſtimmt geweſen waͤre, dem Zuſchauer gegen uͤber auf- geſtellet zu werden, und als haͤtte man es entweder als Tafel oder als Decke an den Boden angeheftet. So mahlte Raphael ſeinen Plafond, ſo hat Mengs einige der ſeinigen verfertiget. Die Meinungen ſind getheilet uͤber den Vorzug, den jede dieſer Vorſtellungsarten verdient. Die An- haͤnger der letzten ſagen: Die Verpflichtung, nur ſolche Suͤjets an die Decke zu mahlen, die wuͤrklich in offener Luft vorgehen koͤnnen, beſchraͤnke zu ſehr das Soll man die Figuren in horizon- taler oder verticaler J 3

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/155>, abgerufen am 23.11.2024.