Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Vaticanische Pallast.
angebracht sind, findet der Künstler Stoff, seine
Ideen zu bereichern, und seinen Geschmack durch Be-
trachtung der reitzenden Formen zu verfeinern. Selbst
als poetische Erfindung kann manches Süjet, das in
diese Arabesken eingewebt ist, seiner Aufmerksamkeit
werth werden. Wie schön sind zum Beispiel die drei
Parzen gedacht! Die jüngste sitzt auf einem Blumen-
topfe, und dreht den Rocken, von dem die mittlere
Schwester, die auf einem Korbe mit Früchten ruht,
den Faden des Lebens abspinnt, bis endlich die älteste,
die aus einem Portale heraustritt, welches den Sitzen
der übrigen zur Stütze dient, sich bereit macht, ihn
abzuschneiden.

Hin und wieder sind, wie ich bereits angemerkt
habe, Cameen und Basreliefs angebracht; im Gan-
zen wohl nicht mit gehöriger Sparsamkeit und schick-
licher Verbindung, aber im Detail für den Liebhaber
um so interessanter, da ein Theil würklich antik aus
alten Gebäuden ausgehoben und hieher versetzt, ein
anderer im Geist der Alten von Raphael erfunden ist.
Eine reiche Erndte schöner Ideen für den Künstler!

Gemählde am Plafond, Raphaels Bibel.
Raphaels
Bibel.

Eine Nomenclatur dieser Gemählde scheint mir
überflüßig, denn da sie die bekanntesten Süjets aus
der heiligen Geschichte enthalten, so erklärt sie der
bloße Anblick. Auch werde ich mich nicht auf eine
detaillirte Beschreibung und Beurtheilung einlassen,
sondern nur hie und da einige Bemerkungen über das
Ganze und über einzelne Vorstellungen herausheben.

Ist

Der Vaticaniſche Pallaſt.
angebracht ſind, findet der Kuͤnſtler Stoff, ſeine
Ideen zu bereichern, und ſeinen Geſchmack durch Be-
trachtung der reitzenden Formen zu verfeinern. Selbſt
als poetiſche Erfindung kann manches Suͤjet, das in
dieſe Arabeſken eingewebt iſt, ſeiner Aufmerkſamkeit
werth werden. Wie ſchoͤn ſind zum Beiſpiel die drei
Parzen gedacht! Die juͤngſte ſitzt auf einem Blumen-
topfe, und dreht den Rocken, von dem die mittlere
Schweſter, die auf einem Korbe mit Fruͤchten ruht,
den Faden des Lebens abſpinnt, bis endlich die aͤlteſte,
die aus einem Portale heraustritt, welches den Sitzen
der uͤbrigen zur Stuͤtze dient, ſich bereit macht, ihn
abzuſchneiden.

Hin und wieder ſind, wie ich bereits angemerkt
habe, Cameen und Basreliefs angebracht; im Gan-
zen wohl nicht mit gehoͤriger Sparſamkeit und ſchick-
licher Verbindung, aber im Detail fuͤr den Liebhaber
um ſo intereſſanter, da ein Theil wuͤrklich antik aus
alten Gebaͤuden ausgehoben und hieher verſetzt, ein
anderer im Geiſt der Alten von Raphael erfunden iſt.
Eine reiche Erndte ſchoͤner Ideen fuͤr den Kuͤnſtler!

Gemaͤhlde am Plafond, Raphaels Bibel.
Raphaels
Bibel.

Eine Nomenclatur dieſer Gemaͤhlde ſcheint mir
uͤberfluͤßig, denn da ſie die bekannteſten Suͤjets aus
der heiligen Geſchichte enthalten, ſo erklaͤrt ſie der
bloße Anblick. Auch werde ich mich nicht auf eine
detaillirte Beſchreibung und Beurtheilung einlaſſen,
ſondern nur hie und da einige Bemerkungen uͤber das
Ganze und uͤber einzelne Vorſtellungen herausheben.

Iſt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0154" n="132"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der Vaticani&#x017F;che Palla&#x017F;t.</hi></fw><lb/>
angebracht &#x017F;ind, findet der Ku&#x0364;n&#x017F;tler Stoff, &#x017F;eine<lb/>
Ideen zu bereichern, und &#x017F;einen Ge&#x017F;chmack durch Be-<lb/>
trachtung der reitzenden Formen zu verfeinern. Selb&#x017F;t<lb/>
als poeti&#x017F;che Erfindung kann manches Su&#x0364;jet, das in<lb/>
die&#x017F;e Arabe&#x017F;ken eingewebt i&#x017F;t, &#x017F;einer Aufmerk&#x017F;amkeit<lb/>
werth werden. Wie &#x017F;cho&#x0364;n &#x017F;ind zum Bei&#x017F;piel die drei<lb/>
Parzen gedacht! Die ju&#x0364;ng&#x017F;te &#x017F;itzt auf einem Blumen-<lb/>
topfe, und dreht den Rocken, von dem die mittlere<lb/>
Schwe&#x017F;ter, die auf einem Korbe mit Fru&#x0364;chten ruht,<lb/>
den Faden des Lebens ab&#x017F;pinnt, bis endlich die a&#x0364;lte&#x017F;te,<lb/>
die aus einem Portale heraustritt, welches den Sitzen<lb/>
der u&#x0364;brigen zur Stu&#x0364;tze dient, &#x017F;ich bereit macht, ihn<lb/>
abzu&#x017F;chneiden.</p><lb/>
              <p>Hin und wieder &#x017F;ind, wie ich bereits angemerkt<lb/>
habe, Cameen und Basreliefs angebracht; im Gan-<lb/>
zen wohl nicht mit geho&#x0364;riger Spar&#x017F;amkeit und &#x017F;chick-<lb/>
licher Verbindung, aber im Detail fu&#x0364;r den Liebhaber<lb/>
um &#x017F;o intere&#x017F;&#x017F;anter, da ein Theil wu&#x0364;rklich antik aus<lb/>
alten Geba&#x0364;uden ausgehoben und hieher ver&#x017F;etzt, ein<lb/>
anderer im Gei&#x017F;t der Alten von Raphael erfunden i&#x017F;t.<lb/>
Eine reiche Erndte &#x017F;cho&#x0364;ner Ideen fu&#x0364;r den Ku&#x0364;n&#x017F;tler!</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>Gema&#x0364;hlde am Plafond, Raphaels Bibel.</head><lb/>
              <note place="left">Raphaels<lb/>
Bibel.</note>
              <p>Eine Nomenclatur die&#x017F;er Gema&#x0364;hlde &#x017F;cheint mir<lb/>
u&#x0364;berflu&#x0364;ßig, denn da &#x017F;ie die bekannte&#x017F;ten Su&#x0364;jets aus<lb/>
der heiligen Ge&#x017F;chichte enthalten, &#x017F;o erkla&#x0364;rt &#x017F;ie der<lb/>
bloße Anblick. Auch werde ich mich nicht auf eine<lb/>
detaillirte Be&#x017F;chreibung und Beurtheilung einla&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
&#x017F;ondern nur hie und da einige Bemerkungen u&#x0364;ber das<lb/>
Ganze und u&#x0364;ber einzelne Vor&#x017F;tellungen herausheben.</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">I&#x017F;t</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[132/0154] Der Vaticaniſche Pallaſt. angebracht ſind, findet der Kuͤnſtler Stoff, ſeine Ideen zu bereichern, und ſeinen Geſchmack durch Be- trachtung der reitzenden Formen zu verfeinern. Selbſt als poetiſche Erfindung kann manches Suͤjet, das in dieſe Arabeſken eingewebt iſt, ſeiner Aufmerkſamkeit werth werden. Wie ſchoͤn ſind zum Beiſpiel die drei Parzen gedacht! Die juͤngſte ſitzt auf einem Blumen- topfe, und dreht den Rocken, von dem die mittlere Schweſter, die auf einem Korbe mit Fruͤchten ruht, den Faden des Lebens abſpinnt, bis endlich die aͤlteſte, die aus einem Portale heraustritt, welches den Sitzen der uͤbrigen zur Stuͤtze dient, ſich bereit macht, ihn abzuſchneiden. Hin und wieder ſind, wie ich bereits angemerkt habe, Cameen und Basreliefs angebracht; im Gan- zen wohl nicht mit gehoͤriger Sparſamkeit und ſchick- licher Verbindung, aber im Detail fuͤr den Liebhaber um ſo intereſſanter, da ein Theil wuͤrklich antik aus alten Gebaͤuden ausgehoben und hieher verſetzt, ein anderer im Geiſt der Alten von Raphael erfunden iſt. Eine reiche Erndte ſchoͤner Ideen fuͤr den Kuͤnſtler! Gemaͤhlde am Plafond, Raphaels Bibel. Eine Nomenclatur dieſer Gemaͤhlde ſcheint mir uͤberfluͤßig, denn da ſie die bekannteſten Suͤjets aus der heiligen Geſchichte enthalten, ſo erklaͤrt ſie der bloße Anblick. Auch werde ich mich nicht auf eine detaillirte Beſchreibung und Beurtheilung einlaſſen, ſondern nur hie und da einige Bemerkungen uͤber das Ganze und uͤber einzelne Vorſtellungen herausheben. Iſt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/154
Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/154>, abgerufen am 23.11.2024.