Ein Faun aus Rosso antico. Er lehnt sich an einen Baum, blickt eine Traube an, die er in der Hand hält, und trägt Früchte in dem Schooße des Fells, das ihn umgiebt. Ueberhaupt scheint dieser Faun eine Wiederholung desjenigen zu seyn, der auf dem Capitol steht. Die eingesetzten Augen von Chri- stal sind modern, so wie der Arm, den er in die Höhe hebt. Die Füße sind stark restaurirt. An den übri- gen Theilen der Figur dürften die Muskeln etwas zu stark angegeben seyn, kaum scheint sie eine Haut zu bedecken.
Caligula. Statue für deren Benennung ich nicht einstehe. Der Körper ist unbekleidet, gut, aber stark ergänzt. Der linke Arm ist neu.
+ Narcissus, oder vielmehr ein Adonis, nach der Wunde in der Lende zu urtheilen. Vielleicht hat ihm der übergebeugte Körper allein den Nahmen Nar- cissus zu Wege gebracht. Er stand ehemals im Pal- last Barberini, und war die erste Statue, die zur Formirung des Musei angekauft wurde. Der eine Arm ganz, der andere zur Hälfte, und beide Beine sind gewiß neu. Der Kopf ist zweifelhaft. Der Rumpf ist schön.
+ Eine Muse, die Erato genannt wird. Der Kopf, der alt aber ergänzt ist, hat einen angenehmen Charakter, und ist mit einem Lorbeerkranz umgeben. Die Haare fallen auf die Schultern herab. Beide Arme sind nebst der Leier neu. Sie ist vorzüglich des Gewandes wegen merkwürdig, welches eben so schön gedacht, als fleißig ausgeführt ist. Man sieht Frangen an dem Mantel, und Stickerei auf dem Unterkleide. Den Mantel, der aus zwei Theilen besteht, von
denen
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Der Vaticaniſche Pallaſt.
Ein Faun aus Roſſo antico. Er lehnt ſich an einen Baum, blickt eine Traube an, die er in der Hand haͤlt, und traͤgt Fruͤchte in dem Schooße des Fells, das ihn umgiebt. Ueberhaupt ſcheint dieſer Faun eine Wiederholung desjenigen zu ſeyn, der auf dem Capitol ſteht. Die eingeſetzten Augen von Chri- ſtal ſind modern, ſo wie der Arm, den er in die Hoͤhe hebt. Die Fuͤße ſind ſtark reſtaurirt. An den uͤbri- gen Theilen der Figur duͤrften die Muſkeln etwas zu ſtark angegeben ſeyn, kaum ſcheint ſie eine Haut zu bedecken.
Caligula. Statue fuͤr deren Benennung ich nicht einſtehe. Der Koͤrper iſt unbekleidet, gut, aber ſtark ergaͤnzt. Der linke Arm iſt neu.
† Narciſſus, oder vielmehr ein Adonis, nach der Wunde in der Lende zu urtheilen. Vielleicht hat ihm der uͤbergebeugte Koͤrper allein den Nahmen Nar- ciſſus zu Wege gebracht. Er ſtand ehemals im Pal- laſt Barberini, und war die erſte Statue, die zur Formirung des Muſei angekauft wurde. Der eine Arm ganz, der andere zur Haͤlfte, und beide Beine ſind gewiß neu. Der Kopf iſt zweifelhaft. Der Rumpf iſt ſchoͤn.
† Eine Muſe, die Erato genannt wird. Der Kopf, der alt aber ergaͤnzt iſt, hat einen angenehmen Charakter, und iſt mit einem Lorbeerkranz umgeben. Die Haare fallen auf die Schultern herab. Beide Arme ſind nebſt der Leier neu. Sie iſt vorzuͤglich des Gewandes wegen merkwuͤrdig, welches eben ſo ſchoͤn gedacht, als fleißig ausgefuͤhrt iſt. Man ſieht Frangen an dem Mantel, und Stickerei auf dem Unterkleide. Den Mantel, der aus zwei Theilen beſteht, von
denen
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Der Vaticaniſche Pallaſt.
Ein Faun aus Roſſo antico. Er lehnt ſich
an einen Baum, blickt eine Traube an, die er in der
Hand haͤlt, und traͤgt Fruͤchte in dem Schooße des
Fells, das ihn umgiebt. Ueberhaupt ſcheint dieſer
Faun eine Wiederholung desjenigen zu ſeyn, der auf
dem Capitol ſteht. Die eingeſetzten Augen von Chri-
ſtal ſind modern, ſo wie der Arm, den er in die Hoͤhe
hebt. Die Fuͤße ſind ſtark reſtaurirt. An den uͤbri-
gen Theilen der Figur duͤrften die Muſkeln etwas zu
ſtark angegeben ſeyn, kaum ſcheint ſie eine Haut zu
bedecken.
Caligula. Statue fuͤr deren Benennung ich
nicht einſtehe. Der Koͤrper iſt unbekleidet, gut,
aber ſtark ergaͤnzt. Der linke Arm iſt neu.
† Narciſſus, oder vielmehr ein Adonis, nach
der Wunde in der Lende zu urtheilen. Vielleicht hat
ihm der uͤbergebeugte Koͤrper allein den Nahmen Nar-
ciſſus zu Wege gebracht. Er ſtand ehemals im Pal-
laſt Barberini, und war die erſte Statue, die zur
Formirung des Muſei angekauft wurde. Der eine
Arm ganz, der andere zur Haͤlfte, und beide Beine
ſind gewiß neu. Der Kopf iſt zweifelhaft. Der
Rumpf iſt ſchoͤn.
† Eine Muſe, die Erato genannt wird. Der
Kopf, der alt aber ergaͤnzt iſt, hat einen angenehmen
Charakter, und iſt mit einem Lorbeerkranz umgeben.
Die Haare fallen auf die Schultern herab. Beide
Arme ſind nebſt der Leier neu. Sie iſt vorzuͤglich des
Gewandes wegen merkwuͤrdig, welches eben ſo ſchoͤn
gedacht, als fleißig ausgefuͤhrt iſt. Man ſieht Frangen
an dem Mantel, und Stickerei auf dem Unterkleide.
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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/123>, abgerufen am 23.07.2024.
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