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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787.

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Der Vaticanische Pallast.
ich doch, daß sich eine mehr befriedigende geben lasse.
Die melancholisch in die Höhe gezogenen Augenbrau-
nen, und die Locken an der Stirne, die nach einer
mäßigen Hebung wieder herabsinken, geben dem Kopfe
eine auffallende Aehnlichkeit mit dem Kopfe des Alexan-
der zu Florenz. Der unsrige aber trägt Faunusohren,
die nur zur Hälfte neu sind, und eine Haut um den
Leib gebunden, die mit Floßfedern und Schuppen
bedeckt ist. Die Arbeit ist schön, die Formen aber
sind nicht über die gewöhnliche Natur erhaben.

Eine weibliche Statue als Danaide restau-
rirt.
Nackt auf halben Leib. Auf dem Gesichte
herrscht der Ausdruck der Melancholie.

Paris aus dem Hause Mattei. Beide Arme
sind neu. Demjenigen mit der Hand, worin er den
Apfel hält, hat man eine Stellung gegeben, die ver-
schieden von der alten ist, welche weit natürlicher war.
Man sieht noch die Fugen des alten auf dem Knie.
Diese Statue steht ihren Ruhm keinesweges. Der
Kopf hat Ausdruck, aber er ist verzeichnet. Das
Gewand ist hart und trocken gearbeitet. Die Beine
sind schlecht angesetzt.

Eine weibliche Figur mit Weinlaub bekränzt,
und mit einem Rocke von gestreiftem Zeuge bekleidet.
Das Gewand ist vortrefflich gearbeitet. Der Kopf,
den man ihr aufgesetzt hat, gehört ihr nicht.

Unzuverläßi-
ge Benen-
nung der
Nymphen.
Was man
für einen

Man nennt diese Statue eine Nymphe. Ein
Nahme, mit dem man ziemlich freigebig gegen weib-
liche Figuren ist, die keinen Charakter einer bestimm-
ten Gottheit haben, und dennoch vermöge ihrer weni-
ger edlen, weniger sanften Natur, nicht für Musen
gelten können.

Ein

Der Vaticaniſche Pallaſt.
ich doch, daß ſich eine mehr befriedigende geben laſſe.
Die melancholiſch in die Hoͤhe gezogenen Augenbrau-
nen, und die Locken an der Stirne, die nach einer
maͤßigen Hebung wieder herabſinken, geben dem Kopfe
eine auffallende Aehnlichkeit mit dem Kopfe des Alexan-
der zu Florenz. Der unſrige aber traͤgt Faunusohren,
die nur zur Haͤlfte neu ſind, und eine Haut um den
Leib gebunden, die mit Floßfedern und Schuppen
bedeckt iſt. Die Arbeit iſt ſchoͤn, die Formen aber
ſind nicht uͤber die gewoͤhnliche Natur erhaben.

Eine weibliche Statue als Danaide reſtau-
rirt.
Nackt auf halben Leib. Auf dem Geſichte
herrſcht der Ausdruck der Melancholie.

Paris aus dem Hauſe Mattei. Beide Arme
ſind neu. Demjenigen mit der Hand, worin er den
Apfel haͤlt, hat man eine Stellung gegeben, die ver-
ſchieden von der alten iſt, welche weit natuͤrlicher war.
Man ſieht noch die Fugen des alten auf dem Knie.
Dieſe Statue ſteht ihren Ruhm keinesweges. Der
Kopf hat Ausdruck, aber er iſt verzeichnet. Das
Gewand iſt hart und trocken gearbeitet. Die Beine
ſind ſchlecht angeſetzt.

Eine weibliche Figur mit Weinlaub bekraͤnzt,
und mit einem Rocke von geſtreiftem Zeuge bekleidet.
Das Gewand iſt vortrefflich gearbeitet. Der Kopf,
den man ihr aufgeſetzt hat, gehoͤrt ihr nicht.

Unzuverlaͤßi-
ge Benen-
nung der
Nymphen.
Was man
fuͤr einen

Man nennt dieſe Statue eine Nymphe. Ein
Nahme, mit dem man ziemlich freigebig gegen weib-
liche Figuren iſt, die keinen Charakter einer beſtimm-
ten Gottheit haben, und dennoch vermoͤge ihrer weni-
ger edlen, weniger ſanften Natur, nicht fuͤr Muſen
gelten koͤnnen.

Ein
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[94/0116] Der Vaticaniſche Pallaſt. ich doch, daß ſich eine mehr befriedigende geben laſſe. Die melancholiſch in die Hoͤhe gezogenen Augenbrau- nen, und die Locken an der Stirne, die nach einer maͤßigen Hebung wieder herabſinken, geben dem Kopfe eine auffallende Aehnlichkeit mit dem Kopfe des Alexan- der zu Florenz. Der unſrige aber traͤgt Faunusohren, die nur zur Haͤlfte neu ſind, und eine Haut um den Leib gebunden, die mit Floßfedern und Schuppen bedeckt iſt. Die Arbeit iſt ſchoͤn, die Formen aber ſind nicht uͤber die gewoͤhnliche Natur erhaben. Eine weibliche Statue als Danaide reſtau- rirt. Nackt auf halben Leib. Auf dem Geſichte herrſcht der Ausdruck der Melancholie. Paris aus dem Hauſe Mattei. Beide Arme ſind neu. Demjenigen mit der Hand, worin er den Apfel haͤlt, hat man eine Stellung gegeben, die ver- ſchieden von der alten iſt, welche weit natuͤrlicher war. Man ſieht noch die Fugen des alten auf dem Knie. Dieſe Statue ſteht ihren Ruhm keinesweges. Der Kopf hat Ausdruck, aber er iſt verzeichnet. Das Gewand iſt hart und trocken gearbeitet. Die Beine ſind ſchlecht angeſetzt. Eine weibliche Figur mit Weinlaub bekraͤnzt, und mit einem Rocke von geſtreiftem Zeuge bekleidet. Das Gewand iſt vortrefflich gearbeitet. Der Kopf, den man ihr aufgeſetzt hat, gehoͤrt ihr nicht. Man nennt dieſe Statue eine Nymphe. Ein Nahme, mit dem man ziemlich freigebig gegen weib- liche Figuren iſt, die keinen Charakter einer beſtimm- ten Gottheit haben, und dennoch vermoͤge ihrer weni- ger edlen, weniger ſanften Natur, nicht fuͤr Muſen gelten koͤnnen. Ein

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/116>, abgerufen am 26.11.2024.