Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

Bild:
<< vorherige Seite

Antons Panßa von Mancha
Excellenz freuen sich mit offenen Armen über die
Ehre seines Zuspruchs. Nun ist unser redlicher
Mann ganz vergessen, und es ist ein Glück für
ihn, daß er noch ohne Schaden aus dem ehr-
furchtsvollen Gedränge entronnen, und die Treppe
hinunter kommen können. Es geschieht ihm recht.
Der Thor! Warum hat er nicht bessere Kleider,
und geringere Verdienste?

Man thut der Welt unrecht, wenn man sagt,
daß sie bey den Verdiensten rechtschaffener Män-
ner unempfindlich, und blind sey. Sie ist es
nicht; aber man muß ihr die Augen durch eine
äußerliche Pracht öffnen, und sie durch ein vorneh-
mes Geräusch aufwecken. Kann die Welt etwas
dafür, daß sich ein großer Geist in ein schlechtes
Kleid versteckt? Die Welt ist eine Schaubühne,
und auf der Schaubühne halten wir nur diejenigen
für Prinzen, welche fürstlich gekleidet sind. Nicht
alle haben die Geduld, den letzten Auftritt, und
die Entwickelung des Spiels abzuwarten.

Man stelle einmal die Billigkeit der Welt auf
die Probe, und vertausche die Kleider.

Jhro Gnaden werden sich gefallen lassen, das
schwarze Kleid dieses ehrlichen Mannes anzuzie-
hen, und seine etwas bejahrte Perücke aufzusetzen.
Wie dumm sehn Jhro Gnaden aus! Die dreiste
und unverschämte Miene ist mit einem male ver-
schwunden. Aller Witz, dessen ein prächtiges
Kleid fähig war, ist verloren. Man führe ihn in

die

Antons Panßa von Mancha
Excellenz freuen ſich mit offenen Armen uͤber die
Ehre ſeines Zuſpruchs. Nun iſt unſer redlicher
Mann ganz vergeſſen, und es iſt ein Gluͤck fuͤr
ihn, daß er noch ohne Schaden aus dem ehr-
furchtsvollen Gedraͤnge entronnen, und die Treppe
hinunter kommen koͤnnen. Es geſchieht ihm recht.
Der Thor! Warum hat er nicht beſſere Kleider,
und geringere Verdienſte?

Man thut der Welt unrecht, wenn man ſagt,
daß ſie bey den Verdienſten rechtſchaffener Maͤn-
ner unempfindlich, und blind ſey. Sie iſt es
nicht; aber man muß ihr die Augen durch eine
aͤußerliche Pracht oͤffnen, und ſie durch ein vorneh-
mes Geraͤuſch aufwecken. Kann die Welt etwas
dafuͤr, daß ſich ein großer Geiſt in ein ſchlechtes
Kleid verſteckt? Die Welt iſt eine Schaubuͤhne,
und auf der Schaubuͤhne halten wir nur diejenigen
fuͤr Prinzen, welche fuͤrſtlich gekleidet ſind. Nicht
alle haben die Geduld, den letzten Auftritt, und
die Entwickelung des Spiels abzuwarten.

Man ſtelle einmal die Billigkeit der Welt auf
die Probe, und vertauſche die Kleider.

Jhro Gnaden werden ſich gefallen laſſen, das
ſchwarze Kleid dieſes ehrlichen Mannes anzuzie-
hen, und ſeine etwas bejahrte Peruͤcke aufzuſetzen.
Wie dumm ſehn Jhro Gnaden aus! Die dreiſte
und unverſchaͤmte Miene iſt mit einem male ver-
ſchwunden. Aller Witz, deſſen ein praͤchtiges
Kleid faͤhig war, iſt verloren. Man fuͤhre ihn in

die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0074" n="52"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Antons Panßa von Mancha</hi></fw><lb/>
Excellenz freuen &#x017F;ich mit offenen Armen u&#x0364;ber die<lb/>
Ehre &#x017F;eines Zu&#x017F;pruchs. Nun i&#x017F;t un&#x017F;er redlicher<lb/>
Mann ganz verge&#x017F;&#x017F;en, und es i&#x017F;t ein Glu&#x0364;ck fu&#x0364;r<lb/>
ihn, daß er noch ohne Schaden aus dem ehr-<lb/>
furchtsvollen Gedra&#x0364;nge entronnen, und die Treppe<lb/>
hinunter kommen ko&#x0364;nnen. Es ge&#x017F;chieht ihm recht.<lb/>
Der Thor! Warum hat er nicht be&#x017F;&#x017F;ere Kleider,<lb/>
und geringere Verdien&#x017F;te?</p><lb/>
          <p>Man thut der Welt unrecht, wenn man &#x017F;agt,<lb/>
daß &#x017F;ie bey den Verdien&#x017F;ten recht&#x017F;chaffener Ma&#x0364;n-<lb/>
ner unempfindlich, und blind &#x017F;ey. Sie i&#x017F;t es<lb/>
nicht; aber man muß ihr die Augen durch eine<lb/>
a&#x0364;ußerliche Pracht o&#x0364;ffnen, und &#x017F;ie durch ein vorneh-<lb/>
mes Gera&#x0364;u&#x017F;ch aufwecken. Kann die Welt etwas<lb/>
dafu&#x0364;r, daß &#x017F;ich ein großer Gei&#x017F;t in ein &#x017F;chlechtes<lb/>
Kleid ver&#x017F;teckt? Die Welt i&#x017F;t eine Schaubu&#x0364;hne,<lb/>
und auf der Schaubu&#x0364;hne halten wir nur diejenigen<lb/>
fu&#x0364;r Prinzen, welche fu&#x0364;r&#x017F;tlich gekleidet &#x017F;ind. Nicht<lb/>
alle haben die Geduld, den letzten Auftritt, und<lb/>
die Entwickelung des Spiels abzuwarten.</p><lb/>
          <p>Man &#x017F;telle einmal die Billigkeit der Welt auf<lb/>
die Probe, und vertau&#x017F;che die Kleider.</p><lb/>
          <p>Jhro Gnaden werden &#x017F;ich gefallen la&#x017F;&#x017F;en, das<lb/>
&#x017F;chwarze Kleid die&#x017F;es ehrlichen Mannes anzuzie-<lb/>
hen, und &#x017F;eine etwas bejahrte Peru&#x0364;cke aufzu&#x017F;etzen.<lb/>
Wie dumm &#x017F;ehn Jhro Gnaden aus! Die drei&#x017F;te<lb/>
und unver&#x017F;cha&#x0364;mte Miene i&#x017F;t mit einem male ver-<lb/>
&#x017F;chwunden. Aller Witz, de&#x017F;&#x017F;en ein pra&#x0364;chtiges<lb/>
Kleid fa&#x0364;hig war, i&#x017F;t verloren. Man fu&#x0364;hre ihn in<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[52/0074] Antons Panßa von Mancha Excellenz freuen ſich mit offenen Armen uͤber die Ehre ſeines Zuſpruchs. Nun iſt unſer redlicher Mann ganz vergeſſen, und es iſt ein Gluͤck fuͤr ihn, daß er noch ohne Schaden aus dem ehr- furchtsvollen Gedraͤnge entronnen, und die Treppe hinunter kommen koͤnnen. Es geſchieht ihm recht. Der Thor! Warum hat er nicht beſſere Kleider, und geringere Verdienſte? Man thut der Welt unrecht, wenn man ſagt, daß ſie bey den Verdienſten rechtſchaffener Maͤn- ner unempfindlich, und blind ſey. Sie iſt es nicht; aber man muß ihr die Augen durch eine aͤußerliche Pracht oͤffnen, und ſie durch ein vorneh- mes Geraͤuſch aufwecken. Kann die Welt etwas dafuͤr, daß ſich ein großer Geiſt in ein ſchlechtes Kleid verſteckt? Die Welt iſt eine Schaubuͤhne, und auf der Schaubuͤhne halten wir nur diejenigen fuͤr Prinzen, welche fuͤrſtlich gekleidet ſind. Nicht alle haben die Geduld, den letzten Auftritt, und die Entwickelung des Spiels abzuwarten. Man ſtelle einmal die Billigkeit der Welt auf die Probe, und vertauſche die Kleider. Jhro Gnaden werden ſich gefallen laſſen, das ſchwarze Kleid dieſes ehrlichen Mannes anzuzie- hen, und ſeine etwas bejahrte Peruͤcke aufzuſetzen. Wie dumm ſehn Jhro Gnaden aus! Die dreiſte und unverſchaͤmte Miene iſt mit einem male ver- ſchwunden. Aller Witz, deſſen ein praͤchtiges Kleid faͤhig war, iſt verloren. Man fuͤhre ihn in die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/74
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/74>, abgerufen am 02.05.2024.