Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

Bild:
<< vorherige Seite

Antons Panßa von Mancha
welt ihre Verdienste um das Vaterland nach mei-
nem Vermögen kenntbar zu machen.

Cajus ist werth, daß ich ihn zuerst nenne.
Seinen wahren Namen muß ich verschweigen,
um seine Bescheidenheit nicht zu beleidigen. Viel-
leicht aber findet man ihn nächstens im Anhange
der Zeitungen nebst einer genauen Beschreibung
seiner Person und Kleidung. Denn wenn er in
seinem Vorhaben glücklich ist, wie seine Anstalten
nicht anders vermuthen lassen: so wird man das
Vergnügen haben, ihn entweder unter dem Gal-
gen, oder doch aus einem Steckbriefe kennen zu
lernen. Es sind ihm landsherrschaftliche Cassen
anvertraut. Ob er nun gleich weder schreiben
noch rechnen kann: so kennt er doch das Geld sehr
gut, und ist in seinem Amte so unermüdet, daß er
nirgends keine Reste, ausser in seiner Casse, leiden
kann. Unter andern Wohlthaten des Himmels,
welche dieser wackre Mann verdient, ist diese nicht
die geringste, daß er einen Sohn erzogen hat, wel-
cher recht zum Galgen geboren zu seyn scheint.
Als ein unschuldsvoller Knabe von zwölf Jahren
empfand er seinen innerlichen Beruf, und bediente
sich mit vieler Geschicklichkeit einer Gelegenheit,
seiner Mutter einen Theil ihres Geschmeides zu ent-
wenden. Zweymal hat er bey zunehmenden Jah-
ren seinem werthgeschätzten Herrn Vater die Casse
erbrochen. Jm ganzen Städtchen ist keiner, der
mit einer so witzigen Art die Schnupftücher aus der
Tasche ziehen kann, als er thut. Diese Beschäffti-
gungen haben ihm von Jugend auf nicht so viel Zeit

gelas-

Antons Panßa von Mancha
welt ihre Verdienſte um das Vaterland nach mei-
nem Vermoͤgen kenntbar zu machen.

Cajus iſt werth, daß ich ihn zuerſt nenne.
Seinen wahren Namen muß ich verſchweigen,
um ſeine Beſcheidenheit nicht zu beleidigen. Viel-
leicht aber findet man ihn naͤchſtens im Anhange
der Zeitungen nebſt einer genauen Beſchreibung
ſeiner Perſon und Kleidung. Denn wenn er in
ſeinem Vorhaben gluͤcklich iſt, wie ſeine Anſtalten
nicht anders vermuthen laſſen: ſo wird man das
Vergnuͤgen haben, ihn entweder unter dem Gal-
gen, oder doch aus einem Steckbriefe kennen zu
lernen. Es ſind ihm landsherrſchaftliche Caſſen
anvertraut. Ob er nun gleich weder ſchreiben
noch rechnen kann: ſo kennt er doch das Geld ſehr
gut, und iſt in ſeinem Amte ſo unermuͤdet, daß er
nirgends keine Reſte, auſſer in ſeiner Caſſe, leiden
kann. Unter andern Wohlthaten des Himmels,
welche dieſer wackre Mann verdient, iſt dieſe nicht
die geringſte, daß er einen Sohn erzogen hat, wel-
cher recht zum Galgen geboren zu ſeyn ſcheint.
Als ein unſchuldsvoller Knabe von zwoͤlf Jahren
empfand er ſeinen innerlichen Beruf, und bediente
ſich mit vieler Geſchicklichkeit einer Gelegenheit,
ſeiner Mutter einen Theil ihres Geſchmeides zu ent-
wenden. Zweymal hat er bey zunehmenden Jah-
ren ſeinem werthgeſchaͤtzten Herrn Vater die Caſſe
erbrochen. Jm ganzen Staͤdtchen iſt keiner, der
mit einer ſo witzigen Art die Schnupftuͤcher aus der
Taſche ziehen kann, als er thut. Dieſe Beſchaͤffti-
gungen haben ihm von Jugend auf nicht ſo viel Zeit

gelaſ-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0066" n="44"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Antons Panßa von Mancha</hi></fw><lb/>
welt ihre Verdien&#x017F;te um das Vaterland nach mei-<lb/>
nem Vermo&#x0364;gen kenntbar zu machen.</p><lb/>
          <p>Cajus i&#x017F;t werth, daß ich ihn zuer&#x017F;t nenne.<lb/>
Seinen wahren Namen muß ich ver&#x017F;chweigen,<lb/>
um &#x017F;eine Be&#x017F;cheidenheit nicht zu beleidigen. Viel-<lb/>
leicht aber findet man ihn na&#x0364;ch&#x017F;tens im Anhange<lb/>
der Zeitungen neb&#x017F;t einer genauen Be&#x017F;chreibung<lb/>
&#x017F;einer Per&#x017F;on und Kleidung. Denn wenn er in<lb/>
&#x017F;einem Vorhaben glu&#x0364;cklich i&#x017F;t, wie &#x017F;eine An&#x017F;talten<lb/>
nicht anders vermuthen la&#x017F;&#x017F;en: &#x017F;o wird man das<lb/>
Vergnu&#x0364;gen haben, ihn entweder unter dem Gal-<lb/>
gen, oder doch aus einem Steckbriefe kennen zu<lb/>
lernen. Es &#x017F;ind ihm landsherr&#x017F;chaftliche Ca&#x017F;&#x017F;en<lb/>
anvertraut. Ob er nun gleich weder &#x017F;chreiben<lb/>
noch rechnen kann: &#x017F;o kennt er doch das Geld &#x017F;ehr<lb/>
gut, und i&#x017F;t in &#x017F;einem Amte &#x017F;o unermu&#x0364;det, daß er<lb/>
nirgends keine Re&#x017F;te, au&#x017F;&#x017F;er in &#x017F;einer Ca&#x017F;&#x017F;e, leiden<lb/>
kann. Unter andern Wohlthaten des Himmels,<lb/>
welche die&#x017F;er wackre Mann verdient, i&#x017F;t die&#x017F;e nicht<lb/>
die gering&#x017F;te, daß er einen Sohn erzogen hat, wel-<lb/>
cher recht zum Galgen geboren zu &#x017F;eyn &#x017F;cheint.<lb/>
Als ein un&#x017F;chuldsvoller Knabe von zwo&#x0364;lf Jahren<lb/>
empfand er &#x017F;einen innerlichen Beruf, und bediente<lb/>
&#x017F;ich mit vieler Ge&#x017F;chicklichkeit einer Gelegenheit,<lb/>
&#x017F;einer Mutter einen Theil ihres Ge&#x017F;chmeides zu ent-<lb/>
wenden. Zweymal hat er bey zunehmenden Jah-<lb/>
ren &#x017F;einem werthge&#x017F;cha&#x0364;tzten Herrn Vater die Ca&#x017F;&#x017F;e<lb/>
erbrochen. Jm ganzen Sta&#x0364;dtchen i&#x017F;t keiner, der<lb/>
mit einer &#x017F;o witzigen Art die Schnupftu&#x0364;cher aus der<lb/>
Ta&#x017F;che ziehen kann, als er thut. Die&#x017F;e Be&#x017F;cha&#x0364;ffti-<lb/>
gungen haben ihm von Jugend auf nicht &#x017F;o viel Zeit<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gela&#x017F;-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[44/0066] Antons Panßa von Mancha welt ihre Verdienſte um das Vaterland nach mei- nem Vermoͤgen kenntbar zu machen. Cajus iſt werth, daß ich ihn zuerſt nenne. Seinen wahren Namen muß ich verſchweigen, um ſeine Beſcheidenheit nicht zu beleidigen. Viel- leicht aber findet man ihn naͤchſtens im Anhange der Zeitungen nebſt einer genauen Beſchreibung ſeiner Perſon und Kleidung. Denn wenn er in ſeinem Vorhaben gluͤcklich iſt, wie ſeine Anſtalten nicht anders vermuthen laſſen: ſo wird man das Vergnuͤgen haben, ihn entweder unter dem Gal- gen, oder doch aus einem Steckbriefe kennen zu lernen. Es ſind ihm landsherrſchaftliche Caſſen anvertraut. Ob er nun gleich weder ſchreiben noch rechnen kann: ſo kennt er doch das Geld ſehr gut, und iſt in ſeinem Amte ſo unermuͤdet, daß er nirgends keine Reſte, auſſer in ſeiner Caſſe, leiden kann. Unter andern Wohlthaten des Himmels, welche dieſer wackre Mann verdient, iſt dieſe nicht die geringſte, daß er einen Sohn erzogen hat, wel- cher recht zum Galgen geboren zu ſeyn ſcheint. Als ein unſchuldsvoller Knabe von zwoͤlf Jahren empfand er ſeinen innerlichen Beruf, und bediente ſich mit vieler Geſchicklichkeit einer Gelegenheit, ſeiner Mutter einen Theil ihres Geſchmeides zu ent- wenden. Zweymal hat er bey zunehmenden Jah- ren ſeinem werthgeſchaͤtzten Herrn Vater die Caſſe erbrochen. Jm ganzen Staͤdtchen iſt keiner, der mit einer ſo witzigen Art die Schnupftuͤcher aus der Taſche ziehen kann, als er thut. Dieſe Beſchaͤffti- gungen haben ihm von Jugend auf nicht ſo viel Zeit gelaſ-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/66
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/66>, abgerufen am 02.05.2024.