welt ihre Verdienste um das Vaterland nach mei- nem Vermögen kenntbar zu machen.
Cajus ist werth, daß ich ihn zuerst nenne. Seinen wahren Namen muß ich verschweigen, um seine Bescheidenheit nicht zu beleidigen. Viel- leicht aber findet man ihn nächstens im Anhange der Zeitungen nebst einer genauen Beschreibung seiner Person und Kleidung. Denn wenn er in seinem Vorhaben glücklich ist, wie seine Anstalten nicht anders vermuthen lassen: so wird man das Vergnügen haben, ihn entweder unter dem Gal- gen, oder doch aus einem Steckbriefe kennen zu lernen. Es sind ihm landsherrschaftliche Cassen anvertraut. Ob er nun gleich weder schreiben noch rechnen kann: so kennt er doch das Geld sehr gut, und ist in seinem Amte so unermüdet, daß er nirgends keine Reste, ausser in seiner Casse, leiden kann. Unter andern Wohlthaten des Himmels, welche dieser wackre Mann verdient, ist diese nicht die geringste, daß er einen Sohn erzogen hat, wel- cher recht zum Galgen geboren zu seyn scheint. Als ein unschuldsvoller Knabe von zwölf Jahren empfand er seinen innerlichen Beruf, und bediente sich mit vieler Geschicklichkeit einer Gelegenheit, seiner Mutter einen Theil ihres Geschmeides zu ent- wenden. Zweymal hat er bey zunehmenden Jah- ren seinem werthgeschätzten Herrn Vater die Casse erbrochen. Jm ganzen Städtchen ist keiner, der mit einer so witzigen Art die Schnupftücher aus der Tasche ziehen kann, als er thut. Diese Beschäffti- gungen haben ihm von Jugend auf nicht so viel Zeit
gelas-
Antons Panßa von Mancha
welt ihre Verdienſte um das Vaterland nach mei- nem Vermoͤgen kenntbar zu machen.
Cajus iſt werth, daß ich ihn zuerſt nenne. Seinen wahren Namen muß ich verſchweigen, um ſeine Beſcheidenheit nicht zu beleidigen. Viel- leicht aber findet man ihn naͤchſtens im Anhange der Zeitungen nebſt einer genauen Beſchreibung ſeiner Perſon und Kleidung. Denn wenn er in ſeinem Vorhaben gluͤcklich iſt, wie ſeine Anſtalten nicht anders vermuthen laſſen: ſo wird man das Vergnuͤgen haben, ihn entweder unter dem Gal- gen, oder doch aus einem Steckbriefe kennen zu lernen. Es ſind ihm landsherrſchaftliche Caſſen anvertraut. Ob er nun gleich weder ſchreiben noch rechnen kann: ſo kennt er doch das Geld ſehr gut, und iſt in ſeinem Amte ſo unermuͤdet, daß er nirgends keine Reſte, auſſer in ſeiner Caſſe, leiden kann. Unter andern Wohlthaten des Himmels, welche dieſer wackre Mann verdient, iſt dieſe nicht die geringſte, daß er einen Sohn erzogen hat, wel- cher recht zum Galgen geboren zu ſeyn ſcheint. Als ein unſchuldsvoller Knabe von zwoͤlf Jahren empfand er ſeinen innerlichen Beruf, und bediente ſich mit vieler Geſchicklichkeit einer Gelegenheit, ſeiner Mutter einen Theil ihres Geſchmeides zu ent- wenden. Zweymal hat er bey zunehmenden Jah- ren ſeinem werthgeſchaͤtzten Herrn Vater die Caſſe erbrochen. Jm ganzen Staͤdtchen iſt keiner, der mit einer ſo witzigen Art die Schnupftuͤcher aus der Taſche ziehen kann, als er thut. Dieſe Beſchaͤffti- gungen haben ihm von Jugend auf nicht ſo viel Zeit
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[44/0066]
Antons Panßa von Mancha
welt ihre Verdienſte um das Vaterland nach mei-
nem Vermoͤgen kenntbar zu machen.
Cajus iſt werth, daß ich ihn zuerſt nenne.
Seinen wahren Namen muß ich verſchweigen,
um ſeine Beſcheidenheit nicht zu beleidigen. Viel-
leicht aber findet man ihn naͤchſtens im Anhange
der Zeitungen nebſt einer genauen Beſchreibung
ſeiner Perſon und Kleidung. Denn wenn er in
ſeinem Vorhaben gluͤcklich iſt, wie ſeine Anſtalten
nicht anders vermuthen laſſen: ſo wird man das
Vergnuͤgen haben, ihn entweder unter dem Gal-
gen, oder doch aus einem Steckbriefe kennen zu
lernen. Es ſind ihm landsherrſchaftliche Caſſen
anvertraut. Ob er nun gleich weder ſchreiben
noch rechnen kann: ſo kennt er doch das Geld ſehr
gut, und iſt in ſeinem Amte ſo unermuͤdet, daß er
nirgends keine Reſte, auſſer in ſeiner Caſſe, leiden
kann. Unter andern Wohlthaten des Himmels,
welche dieſer wackre Mann verdient, iſt dieſe nicht
die geringſte, daß er einen Sohn erzogen hat, wel-
cher recht zum Galgen geboren zu ſeyn ſcheint.
Als ein unſchuldsvoller Knabe von zwoͤlf Jahren
empfand er ſeinen innerlichen Beruf, und bediente
ſich mit vieler Geſchicklichkeit einer Gelegenheit,
ſeiner Mutter einen Theil ihres Geſchmeides zu ent-
wenden. Zweymal hat er bey zunehmenden Jah-
ren ſeinem werthgeſchaͤtzten Herrn Vater die Caſſe
erbrochen. Jm ganzen Staͤdtchen iſt keiner, der
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/66>, abgerufen am 25.11.2024.
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