Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Märchen vom ersten April.
wären, sie davon abzubringen. Jch habe sie bey
aller Gelegenheit wiederholt, ich habe glimpflich,
und auch bitter gebeten, daß sie durch Fertigung
ihrer Schlüssel mich nicht verhaßt, und sich nicht
lächerlich machen sollten: Aber meistentheils habe
ich vergebens gebeten.

Da dieser vierte Theil der letzte Theil meiner
satirischen Schriften seyn soll, und ich wohlbedäch-
tig den Entschluß gefaßt habe, niemals, so lange ich
noch leben werde, einige Aufsätze dieser Art der Welt
bekannt zu machen (*): So hielt ich es für nö-
thig, noch einen Versuch zu thun, ob es denn gar
nicht möglich sey, meinen Lesern einen Widerwil-
len gegen diese lieblose Deutungsbegierde beyzu-
bringen, und ob ich sie nicht wenigstens auf diese
Art überführen könne, wie ungerecht sich ihr men-
schenfeindlicher Witz beschäfftige, wenn sie nur auf-
merksam sind, Thoren unter ihren Mitbürgern zu
suchen, ohne sich selbst zu finden.

Jch ließ vor einigen Wochen das Märchen
vom ersten April
an einem auswärtigen Orte,
unter verstelltem Namen, und auf so eine Art dru-
cken, daß ich gewiß hoffte, unerkannt zu bleiben.
Die sieben mal sieben Wahrsagungen, welche in
der That nichts, als ganz allgemeine Charaktere
enthalten, bezeichnete ich in den Anmerkungen
durch willkührliche Buchstaben, und sagte meinen
Lesern in das Ohr, wie etwan die Originale heis-

sen
(*) S. den Vorbericht zum vierten und letzten Theile der
satirischen Schriften.

Das Maͤrchen vom erſten April.
waͤren, ſie davon abzubringen. Jch habe ſie bey
aller Gelegenheit wiederholt, ich habe glimpflich,
und auch bitter gebeten, daß ſie durch Fertigung
ihrer Schluͤſſel mich nicht verhaßt, und ſich nicht
laͤcherlich machen ſollten: Aber meiſtentheils habe
ich vergebens gebeten.

Da dieſer vierte Theil der letzte Theil meiner
ſatiriſchen Schriften ſeyn ſoll, und ich wohlbedaͤch-
tig den Entſchluß gefaßt habe, niemals, ſo lange ich
noch leben werde, einige Aufſaͤtze dieſer Art der Welt
bekannt zu machen (*): So hielt ich es fuͤr noͤ-
thig, noch einen Verſuch zu thun, ob es denn gar
nicht moͤglich ſey, meinen Leſern einen Widerwil-
len gegen dieſe liebloſe Deutungsbegierde beyzu-
bringen, und ob ich ſie nicht wenigſtens auf dieſe
Art uͤberfuͤhren koͤnne, wie ungerecht ſich ihr men-
ſchenfeindlicher Witz beſchaͤfftige, wenn ſie nur auf-
merkſam ſind, Thoren unter ihren Mitbuͤrgern zu
ſuchen, ohne ſich ſelbſt zu finden.

Jch ließ vor einigen Wochen das Maͤrchen
vom erſten April
an einem auswaͤrtigen Orte,
unter verſtelltem Namen, und auf ſo eine Art dru-
cken, daß ich gewiß hoffte, unerkannt zu bleiben.
Die ſieben mal ſieben Wahrſagungen, welche in
der That nichts, als ganz allgemeine Charaktere
enthalten, bezeichnete ich in den Anmerkungen
durch willkuͤhrliche Buchſtaben, und ſagte meinen
Leſern in das Ohr, wie etwan die Originale heiſ-

ſen
(*) S. den Vorbericht zum vierten und letzten Theile der
ſatiriſchen Schriften.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0578" n="556[554]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das Ma&#x0364;rchen vom er&#x017F;ten April.</hi></fw><lb/>
wa&#x0364;ren, &#x017F;ie davon abzubringen. Jch habe &#x017F;ie bey<lb/>
aller Gelegenheit wiederholt, ich habe glimpflich,<lb/>
und auch bitter gebeten, daß &#x017F;ie durch Fertigung<lb/>
ihrer Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el mich nicht verhaßt, und &#x017F;ich nicht<lb/>
la&#x0364;cherlich machen &#x017F;ollten: Aber mei&#x017F;tentheils habe<lb/>
ich vergebens gebeten.</p><lb/>
            <p>Da die&#x017F;er vierte Theil der letzte Theil meiner<lb/>
&#x017F;atiri&#x017F;chen Schriften &#x017F;eyn &#x017F;oll, und ich wohlbeda&#x0364;ch-<lb/>
tig den Ent&#x017F;chluß gefaßt habe, niemals, &#x017F;o lange ich<lb/>
noch leben werde, einige Auf&#x017F;a&#x0364;tze die&#x017F;er Art der Welt<lb/>
bekannt zu machen <note place="foot" n="(*)">S. den Vorbericht zum vierten und letzten Theile der<lb/>
&#x017F;atiri&#x017F;chen Schriften.</note>: So hielt ich es fu&#x0364;r no&#x0364;-<lb/>
thig, noch einen Ver&#x017F;uch zu thun, ob es denn gar<lb/>
nicht mo&#x0364;glich &#x017F;ey, meinen Le&#x017F;ern einen Widerwil-<lb/>
len gegen die&#x017F;e lieblo&#x017F;e Deutungsbegierde beyzu-<lb/>
bringen, und ob ich &#x017F;ie nicht wenig&#x017F;tens auf die&#x017F;e<lb/>
Art u&#x0364;berfu&#x0364;hren ko&#x0364;nne, wie ungerecht &#x017F;ich ihr men-<lb/>
&#x017F;chenfeindlicher Witz be&#x017F;cha&#x0364;fftige, wenn &#x017F;ie nur auf-<lb/>
merk&#x017F;am &#x017F;ind, Thoren unter ihren Mitbu&#x0364;rgern zu<lb/>
&#x017F;uchen, ohne &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t zu finden.</p><lb/>
            <p>Jch ließ vor einigen Wochen das <hi rendition="#fr">Ma&#x0364;rchen<lb/>
vom er&#x017F;ten April</hi> an einem auswa&#x0364;rtigen Orte,<lb/>
unter ver&#x017F;telltem Namen, und auf &#x017F;o eine Art dru-<lb/>
cken, daß ich gewiß hoffte, unerkannt zu bleiben.<lb/>
Die &#x017F;ieben mal &#x017F;ieben Wahr&#x017F;agungen, welche in<lb/>
der That nichts, als ganz allgemeine Charaktere<lb/>
enthalten, bezeichnete ich in den Anmerkungen<lb/>
durch willku&#x0364;hrliche Buch&#x017F;taben, und &#x017F;agte meinen<lb/>
Le&#x017F;ern in das Ohr, wie etwan die Originale hei&#x017F;-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;en</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[556[554]/0578] Das Maͤrchen vom erſten April. waͤren, ſie davon abzubringen. Jch habe ſie bey aller Gelegenheit wiederholt, ich habe glimpflich, und auch bitter gebeten, daß ſie durch Fertigung ihrer Schluͤſſel mich nicht verhaßt, und ſich nicht laͤcherlich machen ſollten: Aber meiſtentheils habe ich vergebens gebeten. Da dieſer vierte Theil der letzte Theil meiner ſatiriſchen Schriften ſeyn ſoll, und ich wohlbedaͤch- tig den Entſchluß gefaßt habe, niemals, ſo lange ich noch leben werde, einige Aufſaͤtze dieſer Art der Welt bekannt zu machen (*): So hielt ich es fuͤr noͤ- thig, noch einen Verſuch zu thun, ob es denn gar nicht moͤglich ſey, meinen Leſern einen Widerwil- len gegen dieſe liebloſe Deutungsbegierde beyzu- bringen, und ob ich ſie nicht wenigſtens auf dieſe Art uͤberfuͤhren koͤnne, wie ungerecht ſich ihr men- ſchenfeindlicher Witz beſchaͤfftige, wenn ſie nur auf- merkſam ſind, Thoren unter ihren Mitbuͤrgern zu ſuchen, ohne ſich ſelbſt zu finden. Jch ließ vor einigen Wochen das Maͤrchen vom erſten April an einem auswaͤrtigen Orte, unter verſtelltem Namen, und auf ſo eine Art dru- cken, daß ich gewiß hoffte, unerkannt zu bleiben. Die ſieben mal ſieben Wahrſagungen, welche in der That nichts, als ganz allgemeine Charaktere enthalten, bezeichnete ich in den Anmerkungen durch willkuͤhrliche Buchſtaben, und ſagte meinen Leſern in das Ohr, wie etwan die Originale heiſ- ſen (*) S. den Vorbericht zum vierten und letzten Theile der ſatiriſchen Schriften.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/578
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 556[554]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/578>, abgerufen am 17.05.2024.