Tempel war sie die oberste Priesterinn bis an ihren Tod. Das Volk betete ihn an. Er ward der Gott der Unglücklichen, welche ih- ren Wünschen immer nahe sind, ohne sie jemals zu erlangen, und welche, so lange sie leben, vergebens hoffen.
Sein Tod geschahe, nach der Zeitrechnung der Jnnwohner zu Chiekock, am siebenten des Monden Ni-ada, welcher nach dem europäi- schen Calender der erste April ist. Dieser Tag war dem Volke besonders heilig. Sie giengen hinaus in die Ebene nach dem Tempel ihres Gottes T' Siamma, und stellten sich, als wenn sie ihn ängstlich suchten. Sie riefen ihn, und wenn sie ihn nicht fanden, so war- fen sie Steine in den faulen See Ciongock, um das Andenken des Zauberers zu verfluchen. Die Aeltern sagten an diesem feyerlichen Tage zu ihren Kindern: Gehet hinaus, und sucht den T' Siamma, er wird euch etwas schen- ken: Die Kinder giengen, und warfen Steine in den See, wenn sie ihn nicht fanden. Das Weib sagte zu ihrem Manne: Gehe hinaus, und suche den T' Siamma, er wird dir sa- gen, ob ich dich mehr liebe, als andre Män- ner: Der Mann gieng, und rächte sich an dem See, wenn er ihn nicht fand. Die Mut- ter sagte zu ihrer Tochter: Gehe hinaus, und suche den T' Siamma, er wird dir den Mann
nennen,
Das Maͤrchen vom erſten April.
Tempel war ſie die oberſte Prieſterinn bis an ihren Tod. Das Volk betete ihn an. Er ward der Gott der Ungluͤcklichen, welche ih- ren Wuͤnſchen immer nahe ſind, ohne ſie jemals zu erlangen, und welche, ſo lange ſie leben, vergebens hoffen.
Sein Tod geſchahe, nach der Zeitrechnung der Jnnwohner zu Chiekock, am ſiebenten des Monden Ni-ada, welcher nach dem europaͤi- ſchen Calender der erſte April iſt. Dieſer Tag war dem Volke beſonders heilig. Sie giengen hinaus in die Ebene nach dem Tempel ihres Gottes T’ Siamma, und ſtellten ſich, als wenn ſie ihn aͤngſtlich ſuchten. Sie riefen ihn, und wenn ſie ihn nicht fanden, ſo war- fen ſie Steine in den faulen See Ciongock, um das Andenken des Zauberers zu verfluchen. Die Aeltern ſagten an dieſem feyerlichen Tage zu ihren Kindern: Gehet hinaus, und ſucht den T’ Siamma, er wird euch etwas ſchen- ken: Die Kinder giengen, und warfen Steine in den See, wenn ſie ihn nicht fanden. Das Weib ſagte zu ihrem Manne: Gehe hinaus, und ſuche den T’ Siamma, er wird dir ſa- gen, ob ich dich mehr liebe, als andre Maͤn- ner: Der Mann gieng, und raͤchte ſich an dem See, wenn er ihn nicht fand. Die Mut- ter ſagte zu ihrer Tochter: Gehe hinaus, und ſuche den T’ Siamma, er wird dir den Mann
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[492[490]/0514]
Das Maͤrchen vom erſten April.
Tempel war ſie die oberſte Prieſterinn bis an
ihren Tod. Das Volk betete ihn an. Er
ward der Gott der Ungluͤcklichen, welche ih-
ren Wuͤnſchen immer nahe ſind, ohne ſie jemals
zu erlangen, und welche, ſo lange ſie leben,
vergebens hoffen.
Sein Tod geſchahe, nach der Zeitrechnung
der Jnnwohner zu Chiekock, am ſiebenten des
Monden Ni-ada, welcher nach dem europaͤi-
ſchen Calender der erſte April iſt. Dieſer
Tag war dem Volke beſonders heilig. Sie
giengen hinaus in die Ebene nach dem Tempel
ihres Gottes T’ Siamma, und ſtellten ſich,
als wenn ſie ihn aͤngſtlich ſuchten. Sie riefen
ihn, und wenn ſie ihn nicht fanden, ſo war-
fen ſie Steine in den faulen See Ciongock, um
das Andenken des Zauberers zu verfluchen.
Die Aeltern ſagten an dieſem feyerlichen Tage
zu ihren Kindern: Gehet hinaus, und ſucht
den T’ Siamma, er wird euch etwas ſchen-
ken: Die Kinder giengen, und warfen Steine
in den See, wenn ſie ihn nicht fanden. Das
Weib ſagte zu ihrem Manne: Gehe hinaus,
und ſuche den T’ Siamma, er wird dir ſa-
gen, ob ich dich mehr liebe, als andre Maͤn-
ner: Der Mann gieng, und raͤchte ſich an
dem See, wenn er ihn nicht fand. Die Mut-
ter ſagte zu ihrer Tochter: Gehe hinaus, und
ſuche den T’ Siamma, er wird dir den Mann
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 492[490]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/514>, abgerufen am 23.11.2024.
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