Der alte König von Saykock war fromm, aber nicht abergläubisch. Dieser dreyfache Zu- fall hielt ihn nicht ab, die Unterhandlungen vom neuen anzufangen. Das sahe er wohl, daß diese Hinderungen kein Werk der Götter wären: Er kannte seine Götter, und wußte, daß diese das Vergnügen zwoer tugendhaften Personen, und das Glück zweyer mächtigen Reiche nicht hinderten. Er hielt also alles, was begegnet war, für einen ungefähren Zufall, und wollte, daß die Vermäh- lung vollzogen werden sollte; nur das wollte er nicht zulassen, daß T' Siamma zum viertenmale zu ihm käme. Um deßwillen setzte er sich selbst mit einem kleinen Gefolge in ein Schiff, und lan- dete in Chiekock an, ohne daß sich T' Siamma dessen versah. Man meldete ihm die Ankunft des alten Königs. Er erstaunte, und eilte ihm mit offnen Armen entgegen, den Freund seines Va- ters und seine göttliche Zizizi zu umarmen. Er küßte dem Alten den Bart; und als ihn der Alte gesegnet hatte, so übergab er ihm die Prinzessinn, welche sich zu den Füßen des T' Siamma nie- derwerfen wollte. Dieser fieng sie in seine Arme auf, und zog ihr, zur Versicherung seiner ewigen Treue, nach der Gewohnheit des Landes, in Ge- genwart des Hofs und des ganzen Volks, den Schleyer vom Gesichte.
Man kann wohl glauben, wie heftig sein zärt- liches Verlangen war, diejenige zu sehen, welche ganz Morgenland für die schönste Prinzessinn hielt:
Aber
Erſtes Buch.
Der alte Koͤnig von Saykock war fromm, aber nicht aberglaͤubiſch. Dieſer dreyfache Zu- fall hielt ihn nicht ab, die Unterhandlungen vom neuen anzufangen. Das ſahe er wohl, daß dieſe Hinderungen kein Werk der Goͤtter waͤren: Er kannte ſeine Goͤtter, und wußte, daß dieſe das Vergnuͤgen zwoer tugendhaften Perſonen, und das Gluͤck zweyer maͤchtigen Reiche nicht hinderten. Er hielt alſo alles, was begegnet war, fuͤr einen ungefaͤhren Zufall, und wollte, daß die Vermaͤh- lung vollzogen werden ſollte; nur das wollte er nicht zulaſſen, daß T’ Siamma zum viertenmale zu ihm kaͤme. Um deßwillen ſetzte er ſich ſelbſt mit einem kleinen Gefolge in ein Schiff, und lan- dete in Chiekock an, ohne daß ſich T’ Siamma deſſen verſah. Man meldete ihm die Ankunft des alten Koͤnigs. Er erſtaunte, und eilte ihm mit offnen Armen entgegen, den Freund ſeines Va- ters und ſeine goͤttliche Zizizi zu umarmen. Er kuͤßte dem Alten den Bart; und als ihn der Alte geſegnet hatte, ſo uͤbergab er ihm die Prinzeſſinn, welche ſich zu den Fuͤßen des T’ Siamma nie- derwerfen wollte. Dieſer fieng ſie in ſeine Arme auf, und zog ihr, zur Verſicherung ſeiner ewigen Treue, nach der Gewohnheit des Landes, in Ge- genwart des Hofs und des ganzen Volks, den Schleyer vom Geſichte.
Man kann wohl glauben, wie heftig ſein zaͤrt- liches Verlangen war, diejenige zu ſehen, welche ganz Morgenland fuͤr die ſchoͤnſte Prinzeſſinn hielt:
Aber
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Erſtes Buch.
Der alte Koͤnig von Saykock war fromm,
aber nicht aberglaͤubiſch. Dieſer dreyfache Zu-
fall hielt ihn nicht ab, die Unterhandlungen vom
neuen anzufangen. Das ſahe er wohl, daß dieſe
Hinderungen kein Werk der Goͤtter waͤren: Er
kannte ſeine Goͤtter, und wußte, daß dieſe das
Vergnuͤgen zwoer tugendhaften Perſonen, und das
Gluͤck zweyer maͤchtigen Reiche nicht hinderten.
Er hielt alſo alles, was begegnet war, fuͤr einen
ungefaͤhren Zufall, und wollte, daß die Vermaͤh-
lung vollzogen werden ſollte; nur das wollte er
nicht zulaſſen, daß T’ Siamma zum viertenmale
zu ihm kaͤme. Um deßwillen ſetzte er ſich ſelbſt
mit einem kleinen Gefolge in ein Schiff, und lan-
dete in Chiekock an, ohne daß ſich T’ Siamma
deſſen verſah. Man meldete ihm die Ankunft des
alten Koͤnigs. Er erſtaunte, und eilte ihm mit
offnen Armen entgegen, den Freund ſeines Va-
ters und ſeine goͤttliche Zizizi zu umarmen. Er
kuͤßte dem Alten den Bart; und als ihn der Alte
geſegnet hatte, ſo uͤbergab er ihm die Prinzeſſinn,
welche ſich zu den Fuͤßen des T’ Siamma nie-
derwerfen wollte. Dieſer fieng ſie in ſeine Arme
auf, und zog ihr, zur Verſicherung ſeiner ewigen
Treue, nach der Gewohnheit des Landes, in Ge-
genwart des Hofs und des ganzen Volks, den
Schleyer vom Geſichte.
Man kann wohl glauben, wie heftig ſein zaͤrt-
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 477[475]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/499>, abgerufen am 22.11.2024.
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