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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Abhandlung von Sprüchwörtern.
zu sterben. Da sie ihren Verstand so sehr fühlt,
so kann man wohl glauben, daß niemand mehr,
als sie, beschäfftigt ist, die Handlungen andrer
Menschen zu richten. Ein Schönpflästerchen,
welches nachlässig auf dem linken oder rechten Ba-
cken liegt, ist gemeiniglich die Losung, daß ein
Frauenzimmer aufgeräumt genug sey, sich
Schmeicheleyen vorsagen zu lassen. Es kömmt
alsdenn nur auf die Geschicklichkeit der Manns-
personen an, daß sie diese guten Augenblicke sich
zu Nutze zu machen wissen. Jch bin noch nicht
mit mir einig, was die großen Pflaster, die man
seit ein paar Jahren an den linken Schlaf postirt,
für einen Gemüthscharakter anzeigen wollen.
Jch habe sie allemal für sehr gefährlich gehalten:
aber mein Medicus lacht mich aus, und bildet
sich ein, es besser zu verstehen. Jch will
diesen Punct bis zur zwoten Auflage gegenwär-
tiger Abhandlung ausgesetzt seyn lassen. Die-
se Zeit werde ich anwenden, auf alle Frauen-
zimmer Achtung zu geben, welche dergleichen
Pflaster tragen. Jch will nicht eine
von ihren Handlungen übersehen) und auf diese
Art wird mich die Erfahrung lehren, was ich
eigentlich von diesen schwarzen Meteoren halten
soll. Zum Schlusse dieses Capitels habe ich
zween Fälle angeführt, welche die Schönpfläster-
chen nothwendig machen, und wo man von ihnen
nicht auf den Gemüthscharakter schließen kann.
Der erste Fall ist bey einem Frauenzimmer, wel-
ches noch nicht verheirathet ist, und, ihren Run-
zeln
Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.
zu ſterben. Da ſie ihren Verſtand ſo ſehr fuͤhlt,
ſo kann man wohl glauben, daß niemand mehr,
als ſie, beſchaͤfftigt iſt, die Handlungen andrer
Menſchen zu richten. Ein Schoͤnpflaͤſterchen,
welches nachlaͤſſig auf dem linken oder rechten Ba-
cken liegt, iſt gemeiniglich die Loſung, daß ein
Frauenzimmer aufgeraͤumt genug ſey, ſich
Schmeicheleyen vorſagen zu laſſen. Es koͤmmt
alsdenn nur auf die Geſchicklichkeit der Manns-
perſonen an, daß ſie dieſe guten Augenblicke ſich
zu Nutze zu machen wiſſen. Jch bin noch nicht
mit mir einig, was die großen Pflaſter, die man
ſeit ein paar Jahren an den linken Schlaf poſtirt,
fuͤr einen Gemuͤthscharakter anzeigen wollen.
Jch habe ſie allemal fuͤr ſehr gefaͤhrlich gehalten:
aber mein Medicus lacht mich aus, und bildet
ſich ein, es beſſer zu verſtehen. Jch will
dieſen Punct bis zur zwoten Auflage gegenwaͤr-
tiger Abhandlung ausgeſetzt ſeyn laſſen. Die-
ſe Zeit werde ich anwenden, auf alle Frauen-
zimmer Achtung zu geben, welche dergleichen
Pflaſter tragen. Jch will nicht eine
von ihren Handlungen uͤberſehen) und auf dieſe
Art wird mich die Erfahrung lehren, was ich
eigentlich von dieſen ſchwarzen Meteoren halten
ſoll. Zum Schluſſe dieſes Capitels habe ich
zween Faͤlle angefuͤhrt, welche die Schoͤnpflaͤſter-
chen nothwendig machen, und wo man von ihnen
nicht auf den Gemuͤthscharakter ſchließen kann.
Der erſte Fall iſt bey einem Frauenzimmer, wel-
ches noch nicht verheirathet iſt, und, ihren Run-
zeln
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[381/0403] Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern. zu ſterben. Da ſie ihren Verſtand ſo ſehr fuͤhlt, ſo kann man wohl glauben, daß niemand mehr, als ſie, beſchaͤfftigt iſt, die Handlungen andrer Menſchen zu richten. Ein Schoͤnpflaͤſterchen, welches nachlaͤſſig auf dem linken oder rechten Ba- cken liegt, iſt gemeiniglich die Loſung, daß ein Frauenzimmer aufgeraͤumt genug ſey, ſich Schmeicheleyen vorſagen zu laſſen. Es koͤmmt alsdenn nur auf die Geſchicklichkeit der Manns- perſonen an, daß ſie dieſe guten Augenblicke ſich zu Nutze zu machen wiſſen. Jch bin noch nicht mit mir einig, was die großen Pflaſter, die man ſeit ein paar Jahren an den linken Schlaf poſtirt, fuͤr einen Gemuͤthscharakter anzeigen wollen. Jch habe ſie allemal fuͤr ſehr gefaͤhrlich gehalten: aber mein Medicus lacht mich aus, und bildet ſich ein, es beſſer zu verſtehen. Jch will dieſen Punct bis zur zwoten Auflage gegenwaͤr- tiger Abhandlung ausgeſetzt ſeyn laſſen. Die- ſe Zeit werde ich anwenden, auf alle Frauen- zimmer Achtung zu geben, welche dergleichen Pflaſter tragen. Jch will nicht eine von ihren Handlungen uͤberſehen) und auf dieſe Art wird mich die Erfahrung lehren, was ich eigentlich von dieſen ſchwarzen Meteoren halten ſoll. Zum Schluſſe dieſes Capitels habe ich zween Faͤlle angefuͤhrt, welche die Schoͤnpflaͤſter- chen nothwendig machen, und wo man von ihnen nicht auf den Gemuͤthscharakter ſchließen kann. Der erſte Fall iſt bey einem Frauenzimmer, wel- ches noch nicht verheirathet iſt, und, ihren Run- zeln

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/403>, abgerufen am 22.11.2024.