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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Antons Panßa von Mancha
nen halben Mond unter das linke Auge, so gleich
fanden ihre Anbeter, daß ihre feine und schalkhaf-
te Miene sie doppelt liebenswürdig machte.
Zwey Schönpflästerchen über den Augenbraunen
machen ein gebieterisches Ansehen. Meine selige
Frau hatte die Gewohnheit, sich auf diese Art zu
putzen, so oft sie über mich misvergnügt war; und
alsdenn war es Zeit, ihr auszuweichen, oder sie
ließ mich es gewiß empfinden, daß sie meine
Frau war. Niemals bin ich in größrer Gefahr
gewesen, als da es ihr einfiel, noch das dritte
Schönpflästerchen über den Mund zu legen.
Ein junger Mensch aus der Nachbarschaft, der sich
viel Mühe um meine Freundschaft gab, verstand
diese Sprache den Augenblick: Aber ich merkte
es noch bey Zeiten, und gieng alle Bedingungen
ein, mich wieder mit ihr auszusöhnen, um Fol-
gen vorzubeugen, die meiner Ehre empfindlich
gewesen seyn würden. Vor dieser unglücklichen
Constellation der Schönpflästerchen will ich alle
Männer aufrichtig warnen. Ein Frauenzimmer,
welches ein Schönpflästerchen über das linke,
und das andre an den Winkel des rechten Au-
ges klebt, ist, wie mich die Erfahrung gelehrt hat,
von ihrem scharfen, und durchdringenden Ver-
stande überzeugt. Jst sie schon verheirathet, so
kann man gewiß glauben, daß sie ihren Mann
übersieht; ist sie noch unverheirathet, so wird ihr
Ekel so lange wählen, bis sie endlich die Verzweif-
lung nöthigt, sich dem ersten, dem besten Manne
in die Arme zu werfen, um nicht gar ohne Mann
zu
Antons Panßa von Mancha
nen halben Mond unter das linke Auge, ſo gleich
fanden ihre Anbeter, daß ihre feine und ſchalkhaf-
te Miene ſie doppelt liebenswuͤrdig machte.
Zwey Schoͤnpflaͤſterchen uͤber den Augenbraunen
machen ein gebieteriſches Anſehen. Meine ſelige
Frau hatte die Gewohnheit, ſich auf dieſe Art zu
putzen, ſo oft ſie uͤber mich misvergnuͤgt war; und
alsdenn war es Zeit, ihr auszuweichen, oder ſie
ließ mich es gewiß empfinden, daß ſie meine
Frau war. Niemals bin ich in groͤßrer Gefahr
geweſen, als da es ihr einfiel, noch das dritte
Schoͤnpflaͤſterchen uͤber den Mund zu legen.
Ein junger Menſch aus der Nachbarſchaft, der ſich
viel Muͤhe um meine Freundſchaft gab, verſtand
dieſe Sprache den Augenblick: Aber ich merkte
es noch bey Zeiten, und gieng alle Bedingungen
ein, mich wieder mit ihr auszuſoͤhnen, um Fol-
gen vorzubeugen, die meiner Ehre empfindlich
geweſen ſeyn wuͤrden. Vor dieſer ungluͤcklichen
Conſtellation der Schoͤnpflaͤſterchen will ich alle
Maͤnner aufrichtig warnen. Ein Frauenzimmer,
welches ein Schoͤnpflaͤſterchen uͤber das linke,
und das andre an den Winkel des rechten Au-
ges klebt, iſt, wie mich die Erfahrung gelehrt hat,
von ihrem ſcharfen, und durchdringenden Ver-
ſtande uͤberzeugt. Jſt ſie ſchon verheirathet, ſo
kann man gewiß glauben, daß ſie ihren Mann
uͤberſieht; iſt ſie noch unverheirathet, ſo wird ihr
Ekel ſo lange waͤhlen, bis ſie endlich die Verzweif-
lung noͤthigt, ſich dem erſten, dem beſten Manne
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[380/0402] Antons Panßa von Mancha nen halben Mond unter das linke Auge, ſo gleich fanden ihre Anbeter, daß ihre feine und ſchalkhaf- te Miene ſie doppelt liebenswuͤrdig machte. Zwey Schoͤnpflaͤſterchen uͤber den Augenbraunen machen ein gebieteriſches Anſehen. Meine ſelige Frau hatte die Gewohnheit, ſich auf dieſe Art zu putzen, ſo oft ſie uͤber mich misvergnuͤgt war; und alsdenn war es Zeit, ihr auszuweichen, oder ſie ließ mich es gewiß empfinden, daß ſie meine Frau war. Niemals bin ich in groͤßrer Gefahr geweſen, als da es ihr einfiel, noch das dritte Schoͤnpflaͤſterchen uͤber den Mund zu legen. Ein junger Menſch aus der Nachbarſchaft, der ſich viel Muͤhe um meine Freundſchaft gab, verſtand dieſe Sprache den Augenblick: Aber ich merkte es noch bey Zeiten, und gieng alle Bedingungen ein, mich wieder mit ihr auszuſoͤhnen, um Fol- gen vorzubeugen, die meiner Ehre empfindlich geweſen ſeyn wuͤrden. Vor dieſer ungluͤcklichen Conſtellation der Schoͤnpflaͤſterchen will ich alle Maͤnner aufrichtig warnen. Ein Frauenzimmer, welches ein Schoͤnpflaͤſterchen uͤber das linke, und das andre an den Winkel des rechten Au- ges klebt, iſt, wie mich die Erfahrung gelehrt hat, von ihrem ſcharfen, und durchdringenden Ver- ſtande uͤberzeugt. Jſt ſie ſchon verheirathet, ſo kann man gewiß glauben, daß ſie ihren Mann uͤberſieht; iſt ſie noch unverheirathet, ſo wird ihr Ekel ſo lange waͤhlen, bis ſie endlich die Verzweif- lung noͤthigt, ſich dem erſten, dem beſten Manne in die Arme zu werfen, um nicht gar ohne Mann zu

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/402>, abgerufen am 17.05.2024.