ses ein Fehler ist, den man ihm wegen seiner übri- gen Tugenden zu gute hält, und mit seiner schlech- ten Erziehung entschuldigt. Jn Ansehung dieses Umstandes will ich auch mit unserm Officier bil- lig verfahren. Er soll für alle Thorheiten, die er auf der Reise begieng, mehr nicht, als das hal- be Tractament von einem Monate bezahlen. Es wird ungefähr 71/2 Gulden betragen. Jch schenke ihm noch also alle Flüche, die er that, und die er sehr häufig that, ohne es zu wissen, weil er sie schon als Musketier gewohnt gewesen war.
Binnen der Zeit, da der Officier seine witzi- gen Grobheiten gegen die alte Betschwester vor- brachte, merkte ich, daß man mich etlichemal beym Aermel zupfte. Jch war zu aufmerksam, als daß ich mir die Zeit hätte nehmen sollen, mich umzuwenden: Endlich faßte man mich bey der Hand, und ich sahe mich um. Es war ein jun- ger Mensch, den ich noch für einen Schüler hielt, der aber, wie ich bald darauf aus seinen Reden vernahm, ein junger Richter, und ein Mit- glied einer gar ansehnlichen Gesellschaft zu - - war. "Was halten sie, mein Herr, von dieser iniuria verbali?" Und ohne mir Zeit zu lassen, ihm zu sagen, was ich davon hielte, fuhr er mit der praktischen Geschwätzigkeit eines jungen Rich- ters also fort; "Jch möchte der Advocat von die- "ser Frau seyn. Zwar, wegen der Unkosten, sieht "es auf beiden Seiten mißlich aus: O! da muß
wohl
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Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.
ſes ein Fehler iſt, den man ihm wegen ſeiner uͤbri- gen Tugenden zu gute haͤlt, und mit ſeiner ſchlech- ten Erziehung entſchuldigt. Jn Anſehung dieſes Umſtandes will ich auch mit unſerm Officier bil- lig verfahren. Er ſoll fuͤr alle Thorheiten, die er auf der Reiſe begieng, mehr nicht, als das hal- be Tractament von einem Monate bezahlen. Es wird ungefaͤhr 7½ Gulden betragen. Jch ſchenke ihm noch alſo alle Fluͤche, die er that, und die er ſehr haͤufig that, ohne es zu wiſſen, weil er ſie ſchon als Musketier gewohnt geweſen war.
Binnen der Zeit, da der Officier ſeine witzi- gen Grobheiten gegen die alte Betſchweſter vor- brachte, merkte ich, daß man mich etlichemal beym Aermel zupfte. Jch war zu aufmerkſam, als daß ich mir die Zeit haͤtte nehmen ſollen, mich umzuwenden: Endlich faßte man mich bey der Hand, und ich ſahe mich um. Es war ein jun- ger Menſch, den ich noch fuͤr einen Schuͤler hielt, der aber, wie ich bald darauf aus ſeinen Reden vernahm, ein junger Richter, und ein Mit- glied einer gar anſehnlichen Geſellſchaft zu ‒ ‒ war. „Was halten ſie, mein Herr, von dieſer iniuria verbali?„ Und ohne mir Zeit zu laſſen, ihm zu ſagen, was ich davon hielte, fuhr er mit der praktiſchen Geſchwaͤtzigkeit eines jungen Rich- ters alſo fort; „Jch moͤchte der Advocat von die- „ſer Frau ſeyn. Zwar, wegen der Unkoſten, ſieht „es auf beiden Seiten mißlich aus: O! da muß
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Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.
ſes ein Fehler iſt, den man ihm wegen ſeiner uͤbri-
gen Tugenden zu gute haͤlt, und mit ſeiner ſchlech-
ten Erziehung entſchuldigt. Jn Anſehung dieſes
Umſtandes will ich auch mit unſerm Officier bil-
lig verfahren. Er ſoll fuͤr alle Thorheiten, die
er auf der Reiſe begieng, mehr nicht, als das hal-
be Tractament von einem Monate bezahlen.
Es wird ungefaͤhr 7½ Gulden betragen. Jch
ſchenke ihm noch alſo alle Fluͤche, die er that, und
die er ſehr haͤufig that, ohne es zu wiſſen, weil
er ſie ſchon als Musketier gewohnt geweſen
war.
Binnen der Zeit, da der Officier ſeine witzi-
gen Grobheiten gegen die alte Betſchweſter vor-
brachte, merkte ich, daß man mich etlichemal
beym Aermel zupfte. Jch war zu aufmerkſam,
als daß ich mir die Zeit haͤtte nehmen ſollen, mich
umzuwenden: Endlich faßte man mich bey der
Hand, und ich ſahe mich um. Es war ein jun-
ger Menſch, den ich noch fuͤr einen Schuͤler
hielt, der aber, wie ich bald darauf aus ſeinen
Reden vernahm, ein junger Richter, und ein Mit-
glied einer gar anſehnlichen Geſellſchaft zu ‒ ‒
war. „Was halten ſie, mein Herr, von dieſer
iniuria verbali?„ Und ohne mir Zeit zu laſſen,
ihm zu ſagen, was ich davon hielte, fuhr er mit
der praktiſchen Geſchwaͤtzigkeit eines jungen Rich-
ters alſo fort; „Jch moͤchte der Advocat von die-
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/381>, abgerufen am 22.11.2024.
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