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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Zueignungsschrift.
in einen Fehler gefallen wärest, welcher so sehr
menschlich ist. Vermuthlich trug die Uebereilung
des alten Roßinante, und seine demüthigende
Strafe viel zu Deiner Mäßigung bey. Die Welt
weis die traurige Geschichte von den Stutten aus
Gallicien*. Roßinante war ein lehrender Be-
weis, daß Alter nicht vor Thorheit hilft. Er
sah die Stutten, und vergaß sich. Benengely
macht zu seiner, und vielleicht auch zu vieler Men-
schen Entschuldigung, die lehrreiche Anmerkung,
daß kein Hengst so alt sey, der nicht noch einmal
im May wiehere. Allein die Eseltreiber von Jan-
gois dachten nicht so billig. Die Strafe folgte
der Wollust auf dem Fuße nach. Roßinante
empfand es, und als eine neue Züchtigung seiner
alten Jugendsünden, mußte er die Demüthigung
ausstehen, daß der tapfre Qvixot sich auf Dich,
tugendhaften Esel,
setzte, und der stolze Roßi-
nante an deinen Schwanz angebunden ward.

Ein Freund in der Noth ist dasjenige Kleinod,
welches auch die für das kostbarste halten, die
niemals großmüthig genug sind, andern in der
Noth beyzuspringen. Wie sehr beschämest Du,
freundschaftlicher Esel,
alle diese unempfind-
lichen Seelen! So gar Roßinanten, der deines
Mitleidens damals kaum würdig war, bedauer-
test Du. Deine Schritte waren noch langsa-
mer, als die Schritte eines gelassenen Esels von
Natur sind; Du wolltest dem Unglücklichen Zeit
lassen, nachzukommen. Ein Mensch würde sich
diese Demüthigung seines Nächsten zu Nutze ge-

macht,
* Don Qvixots Geschichte B. 3. C. 15.

Zueignungsſchrift.
in einen Fehler gefallen waͤreſt, welcher ſo ſehr
menſchlich iſt. Vermuthlich trug die Uebereilung
des alten Roßinante, und ſeine demuͤthigende
Strafe viel zu Deiner Maͤßigung bey. Die Welt
weis die traurige Geſchichte von den Stutten aus
Gallicien*. Roßinante war ein lehrender Be-
weis, daß Alter nicht vor Thorheit hilft. Er
ſah die Stutten, und vergaß ſich. Benengely
macht zu ſeiner, und vielleicht auch zu vieler Men-
ſchen Entſchuldigung, die lehrreiche Anmerkung,
daß kein Hengſt ſo alt ſey, der nicht noch einmal
im May wiehere. Allein die Eſeltreiber von Jan-
gois dachten nicht ſo billig. Die Strafe folgte
der Wolluſt auf dem Fuße nach. Roßinante
empfand es, und als eine neue Zuͤchtigung ſeiner
alten Jugendſuͤnden, mußte er die Demuͤthigung
ausſtehen, daß der tapfre Qvixot ſich auf Dich,
tugendhaften Eſel,
ſetzte, und der ſtolze Roßi-
nante an deinen Schwanz angebunden ward.

Ein Freund in der Noth iſt dasjenige Kleinod,
welches auch die fuͤr das koſtbarſte halten, die
niemals großmuͤthig genug ſind, andern in der
Noth beyzuſpringen. Wie ſehr beſchaͤmeſt Du,
freundſchaftlicher Eſel,
alle dieſe unempfind-
lichen Seelen! So gar Roßinanten, der deines
Mitleidens damals kaum wuͤrdig war, bedauer-
teſt Du. Deine Schritte waren noch langſa-
mer, als die Schritte eines gelaſſenen Eſels von
Natur ſind; Du wollteſt dem Ungluͤcklichen Zeit
laſſen, nachzukommen. Ein Menſch wuͤrde ſich
dieſe Demuͤthigung ſeines Naͤchſten zu Nutze ge-

macht,
* Don Qvixots Geſchichte B. 3. C. 15.
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[13/0035] Zueignungsſchrift. in einen Fehler gefallen waͤreſt, welcher ſo ſehr menſchlich iſt. Vermuthlich trug die Uebereilung des alten Roßinante, und ſeine demuͤthigende Strafe viel zu Deiner Maͤßigung bey. Die Welt weis die traurige Geſchichte von den Stutten aus Gallicien *. Roßinante war ein lehrender Be- weis, daß Alter nicht vor Thorheit hilft. Er ſah die Stutten, und vergaß ſich. Benengely macht zu ſeiner, und vielleicht auch zu vieler Men- ſchen Entſchuldigung, die lehrreiche Anmerkung, daß kein Hengſt ſo alt ſey, der nicht noch einmal im May wiehere. Allein die Eſeltreiber von Jan- gois dachten nicht ſo billig. Die Strafe folgte der Wolluſt auf dem Fuße nach. Roßinante empfand es, und als eine neue Zuͤchtigung ſeiner alten Jugendſuͤnden, mußte er die Demuͤthigung ausſtehen, daß der tapfre Qvixot ſich auf Dich, tugendhaften Eſel, ſetzte, und der ſtolze Roßi- nante an deinen Schwanz angebunden ward. Ein Freund in der Noth iſt dasjenige Kleinod, welches auch die fuͤr das koſtbarſte halten, die niemals großmuͤthig genug ſind, andern in der Noth beyzuſpringen. Wie ſehr beſchaͤmeſt Du, freundſchaftlicher Eſel, alle dieſe unempfind- lichen Seelen! So gar Roßinanten, der deines Mitleidens damals kaum wuͤrdig war, bedauer- teſt Du. Deine Schritte waren noch langſa- mer, als die Schritte eines gelaſſenen Eſels von Natur ſind; Du wollteſt dem Ungluͤcklichen Zeit laſſen, nachzukommen. Ein Menſch wuͤrde ſich dieſe Demuͤthigung ſeines Naͤchſten zu Nutze ge- macht, * Don Qvixots Geſchichte B. 3. C. 15.

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/35>, abgerufen am 25.11.2024.