Grauschimmel, Du bist von allen diesen Vor- würfen frey, und eben dadurch befreyest Du auch mich von den Vorwürfen der Schmeicheley. So bald ich des großen Sancho Panßa großen Esel nenne, so bald versteht mich die ganze Welt, und weis es, daß ich den ehrwürdigen Esel meyne, welcher so viele Tugenden der Menschen, und keines von ihren Lastern gehabt.
Es ist bekannt, und selbst der berühmte Cid Hamet Benengely läugnet es nicht, ob er gleich ein beschnittner Mohr, und Du ein christlicher Esel warst, daß die weisen Sprüche des erleuchteten Sancho mit so viel Kraft auf Deine Ohren her- abgewirkt, daß Du der tiefsinnigste Esel deiner Zeit gewesen. Ein großer Beweis Deiner Fä- higkeit war es, da Du in einer Zeit von etlichen Monaten, und unter tausend unglücklichen Be- schäfftigungen, dennoch mehr gelernt, als hun- dert Söhne der Großen in Spanien kaum lernen, welche drey Jahr und länger in Ossuna zu den Füßen ihrer Lehrer sitzen. Mehr als ein Bacca- laureus in Salamanca war eifersüchtig auf Dich: Aber Deine Bescheidenheit gewann das Herz der Neider. Das Wissen, welches so viele junge Gelehrte unerträglich macht, war für Dich ein neuer Trieb zur Demuth. Unwissende Pedanten richten sich trotzig auf: aber Du, der Du sie am Verstande und Witze unendlich übertrifft, hiengst Deine Ohren immer demüthig; denn die Voll- kommenheiten Deines Lehrers erinnerten Dich be- ständig an Deine Unvollkommenheiten: Eine Tu-
gend,
Zueignungsſchrift.
Grauſchimmel, Du biſt von allen dieſen Vor- wuͤrfen frey, und eben dadurch befreyeſt Du auch mich von den Vorwuͤrfen der Schmeicheley. So bald ich des großen Sancho Panßa großen Eſel nenne, ſo bald verſteht mich die ganze Welt, und weis es, daß ich den ehrwuͤrdigen Eſel meyne, welcher ſo viele Tugenden der Menſchen, und keines von ihren Laſtern gehabt.
Es iſt bekannt, und ſelbſt der beruͤhmte Cid Hamet Benengely laͤugnet es nicht, ob er gleich ein beſchnittner Mohr, und Du ein chriſtlicher Eſel warſt, daß die weiſen Spruͤche des erleuchteten Sancho mit ſo viel Kraft auf Deine Ohren her- abgewirkt, daß Du der tiefſinnigſte Eſel deiner Zeit geweſen. Ein großer Beweis Deiner Faͤ- higkeit war es, da Du in einer Zeit von etlichen Monaten, und unter tauſend ungluͤcklichen Be- ſchaͤfftigungen, dennoch mehr gelernt, als hun- dert Soͤhne der Großen in Spanien kaum lernen, welche drey Jahr und laͤnger in Oſſuna zu den Fuͤßen ihrer Lehrer ſitzen. Mehr als ein Bacca- laureus in Salamanca war eiferſuͤchtig auf Dich: Aber Deine Beſcheidenheit gewann das Herz der Neider. Das Wiſſen, welches ſo viele junge Gelehrte unertraͤglich macht, war fuͤr Dich ein neuer Trieb zur Demuth. Unwiſſende Pedanten richten ſich trotzig auf: aber Du, der Du ſie am Verſtande und Witze unendlich uͤbertrifft, hiengſt Deine Ohren immer demuͤthig; denn die Voll- kommenheiten Deines Lehrers erinnerten Dich be- ſtaͤndig an Deine Unvollkommenheiten: Eine Tu-
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Zueignungsſchrift.
Grauſchimmel, Du biſt von allen dieſen Vor-
wuͤrfen frey, und eben dadurch befreyeſt Du auch
mich von den Vorwuͤrfen der Schmeicheley. So
bald ich des großen Sancho Panßa großen
Eſel nenne, ſo bald verſteht mich die ganze Welt,
und weis es, daß ich den ehrwuͤrdigen Eſel
meyne, welcher ſo viele Tugenden der Menſchen,
und keines von ihren Laſtern gehabt.
Es iſt bekannt, und ſelbſt der beruͤhmte Cid
Hamet Benengely laͤugnet es nicht, ob er gleich
ein beſchnittner Mohr, und Du ein chriſtlicher Eſel
warſt, daß die weiſen Spruͤche des erleuchteten
Sancho mit ſo viel Kraft auf Deine Ohren her-
abgewirkt, daß Du der tiefſinnigſte Eſel deiner
Zeit geweſen. Ein großer Beweis Deiner Faͤ-
higkeit war es, da Du in einer Zeit von etlichen
Monaten, und unter tauſend ungluͤcklichen Be-
ſchaͤfftigungen, dennoch mehr gelernt, als hun-
dert Soͤhne der Großen in Spanien kaum lernen,
welche drey Jahr und laͤnger in Oſſuna zu den
Fuͤßen ihrer Lehrer ſitzen. Mehr als ein Bacca-
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Aber Deine Beſcheidenheit gewann das Herz der
Neider. Das Wiſſen, welches ſo viele junge
Gelehrte unertraͤglich macht, war fuͤr Dich ein
neuer Trieb zur Demuth. Unwiſſende Pedanten
richten ſich trotzig auf: aber Du, der Du ſie am
Verſtande und Witze unendlich uͤbertrifft, hiengſt
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/33>, abgerufen am 22.11.2024.
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