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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Zueignungsschrift.
das ist auch die Vertheidigung, die ich dergleichen
ungegründeten Einwürfen entgegen setzen werde.

So wichtig auch meine Gründe sind; so
werden sie noch mehr Nachdruck erhalten, wenn
ich die Welt an einige Deiner besondern Verdien-
ste erinnere, die Dich, großer Esel, über viele er-
heben, welche der Witz und der Hunger ihrer Cli-
enten zu verewigen sucht.

Deine genaue Verbindung mit meiner Fa-
milie giebt mir ein Recht, den Ruhm Deiner sel-
tenen Verdienste zu widerholen, welche seit mehr
als einem Jahrhunderte die billige Bewunderung
der halben Welt gewesen sind. Liebster Freund
und treuer Gefährte meines Vaters Sancho!

Jch neige mich vor Deinem ehrwürdigen Schat-
ten, mit eben dem frommen Schauer, mit wel-
chem der gläubige Muselmann sich vor dem gehei-
ligten Kameele niederwirft, das vor tausend Ka-
meelen zu dem stolzen Glücke erwählt worden ist,
den Alkoran auf seinem Rücken zu tragen.

Wie glücklich bin ich vor vielen Lobrednern,
da ich die Ueberzeugung der Welt, und die Wahr-
heit auf meiner Seite habe! Die Hälfte unsrer
Zueignungsschriften sind Satiren auf die Mäce-
naten unsrer Zeit. Die Verfasser quälen sich, die
Welt zu betäuben und zu überreden, daß ihr nie-
derträchtiger Wucherer ein großmüthiger Versor-
ger der Verlassenen, ihr erlauchter Jgnorant ein
Kenner und Beschützer der Musen, daß er gerecht
sey, da doch das halbe Land unter seinen Räube-
reyen entkräftet seufzet. Aber Du, glücklicher

Grau-

Zueignungsſchrift.
das iſt auch die Vertheidigung, die ich dergleichen
ungegruͤndeten Einwuͤrfen entgegen ſetzen werde.

So wichtig auch meine Gruͤnde ſind; ſo
werden ſie noch mehr Nachdruck erhalten, wenn
ich die Welt an einige Deiner beſondern Verdien-
ſte erinnere, die Dich, großer Eſel, uͤber viele er-
heben, welche der Witz und der Hunger ihrer Cli-
enten zu verewigen ſucht.

Deine genaue Verbindung mit meiner Fa-
milie giebt mir ein Recht, den Ruhm Deiner ſel-
tenen Verdienſte zu widerholen, welche ſeit mehr
als einem Jahrhunderte die billige Bewunderung
der halben Welt geweſen ſind. Liebſter Freund
und treuer Gefaͤhrte meines Vaters Sancho!

Jch neige mich vor Deinem ehrwuͤrdigen Schat-
ten, mit eben dem frommen Schauer, mit wel-
chem der glaͤubige Muſelmann ſich vor dem gehei-
ligten Kameele niederwirft, das vor tauſend Ka-
meelen zu dem ſtolzen Gluͤcke erwaͤhlt worden iſt,
den Alkoran auf ſeinem Ruͤcken zu tragen.

Wie gluͤcklich bin ich vor vielen Lobrednern,
da ich die Ueberzeugung der Welt, und die Wahr-
heit auf meiner Seite habe! Die Haͤlfte unſrer
Zueignungsſchriften ſind Satiren auf die Maͤce-
naten unſrer Zeit. Die Verfaſſer quaͤlen ſich, die
Welt zu betaͤuben und zu uͤberreden, daß ihr nie-
dertraͤchtiger Wucherer ein großmuͤthiger Verſor-
ger der Verlaſſenen, ihr erlauchter Jgnorant ein
Kenner und Beſchuͤtzer der Muſen, daß er gerecht
ſey, da doch das halbe Land unter ſeinen Raͤube-
reyen entkraͤftet ſeufzet. Aber Du, gluͤcklicher

Grau-
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[10/0032] Zueignungsſchrift. das iſt auch die Vertheidigung, die ich dergleichen ungegruͤndeten Einwuͤrfen entgegen ſetzen werde. So wichtig auch meine Gruͤnde ſind; ſo werden ſie noch mehr Nachdruck erhalten, wenn ich die Welt an einige Deiner beſondern Verdien- ſte erinnere, die Dich, großer Eſel, uͤber viele er- heben, welche der Witz und der Hunger ihrer Cli- enten zu verewigen ſucht. Deine genaue Verbindung mit meiner Fa- milie giebt mir ein Recht, den Ruhm Deiner ſel- tenen Verdienſte zu widerholen, welche ſeit mehr als einem Jahrhunderte die billige Bewunderung der halben Welt geweſen ſind. Liebſter Freund und treuer Gefaͤhrte meines Vaters Sancho! Jch neige mich vor Deinem ehrwuͤrdigen Schat- ten, mit eben dem frommen Schauer, mit wel- chem der glaͤubige Muſelmann ſich vor dem gehei- ligten Kameele niederwirft, das vor tauſend Ka- meelen zu dem ſtolzen Gluͤcke erwaͤhlt worden iſt, den Alkoran auf ſeinem Ruͤcken zu tragen. Wie gluͤcklich bin ich vor vielen Lobrednern, da ich die Ueberzeugung der Welt, und die Wahr- heit auf meiner Seite habe! Die Haͤlfte unſrer Zueignungsſchriften ſind Satiren auf die Maͤce- naten unſrer Zeit. Die Verfaſſer quaͤlen ſich, die Welt zu betaͤuben und zu uͤberreden, daß ihr nie- dertraͤchtiger Wucherer ein großmuͤthiger Verſor- ger der Verlaſſenen, ihr erlauchter Jgnorant ein Kenner und Beſchuͤtzer der Muſen, daß er gerecht ſey, da doch das halbe Land unter ſeinen Raͤube- reyen entkraͤftet ſeufzet. Aber Du, gluͤcklicher Grau-

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/32>, abgerufen am 26.04.2024.