Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

Bild:
<< vorherige Seite
Gedanken sind Zollfrey;
und damit bin ich sehr unzufrieden.

Jn denen neblichten Stunden, wo mein Geist
mürrisch ist, wo er nichts denkt, wo er so
unwirksam ist, wie der Geist eines trunknen Fi-
nanzenpachters; in diesen traurigen Stunden be-
urtheile ich die Fehler des Staats, und mache
Projecte.

Da ich dieses erinnere, so sollte ich wohl den
gemeinen Vorwurf befürchten, daß das Project-
machen meistentheils die Beschäfftigung solcher
Köpfe sey, welche zu ungeschickt sind, etwas wich-
tigers zu thun, und welche weder den Willen, noch
das Vermögen besitzen, ihre Mitbürger glücklich
zu machen, dagegen aber, unter dem scheinbaren
Vorwande, die allgemeinen Einkünfte zu verdop-
peln, hungrig und boshaft genug sind, sich mit dem
Schaden des Armuths zu bereichern, und ihr un-
gewisses Glück auf das augenscheinlichste Elend
tausend entkräfteter Familien zu bauen. Allein,
ich kann vor dergleichen Vorwürfen ruhig seyn, da
ich niemals die Absicht habe, den geringsten Vor-
theil von meinen Projecten zu ziehen, und nicht
in Willens habe, die öffentlichen Einkünfte zu ver-
mehren, sondern nur Mittel ausfindig zu machen,
wodurch die Kosten aufgebracht werden können,

welche
Gedanken ſind Zollfrey;
und damit bin ich ſehr unzufrieden.

Jn denen neblichten Stunden, wo mein Geiſt
muͤrriſch iſt, wo er nichts denkt, wo er ſo
unwirkſam iſt, wie der Geiſt eines trunknen Fi-
nanzenpachters; in dieſen traurigen Stunden be-
urtheile ich die Fehler des Staats, und mache
Projecte.

Da ich dieſes erinnere, ſo ſollte ich wohl den
gemeinen Vorwurf befuͤrchten, daß das Project-
machen meiſtentheils die Beſchaͤfftigung ſolcher
Koͤpfe ſey, welche zu ungeſchickt ſind, etwas wich-
tigers zu thun, und welche weder den Willen, noch
das Vermoͤgen beſitzen, ihre Mitbuͤrger gluͤcklich
zu machen, dagegen aber, unter dem ſcheinbaren
Vorwande, die allgemeinen Einkuͤnfte zu verdop-
peln, hungrig und boshaft genug ſind, ſich mit dem
Schaden des Armuths zu bereichern, und ihr un-
gewiſſes Gluͤck auf das augenſcheinlichſte Elend
tauſend entkraͤfteter Familien zu bauen. Allein,
ich kann vor dergleichen Vorwuͤrfen ruhig ſeyn, da
ich niemals die Abſicht habe, den geringſten Vor-
theil von meinen Projecten zu ziehen, und nicht
in Willens habe, die oͤffentlichen Einkuͤnfte zu ver-
mehren, ſondern nur Mittel ausfindig zu machen,
wodurch die Koſten aufgebracht werden koͤnnen,

welche
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0276" n="254"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Gedanken &#x017F;ind Zollfrey;<lb/>
und damit bin ich &#x017F;ehr unzufrieden.</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">J</hi>n denen neblichten Stunden, wo mein Gei&#x017F;t<lb/>
mu&#x0364;rri&#x017F;ch i&#x017F;t, wo er nichts denkt, wo er &#x017F;o<lb/>
unwirk&#x017F;am i&#x017F;t, wie der Gei&#x017F;t eines trunknen Fi-<lb/>
nanzenpachters; in die&#x017F;en traurigen Stunden be-<lb/>
urtheile ich die Fehler des Staats, und mache<lb/>
Projecte.</p><lb/>
          <p>Da ich die&#x017F;es erinnere, &#x017F;o &#x017F;ollte ich wohl den<lb/>
gemeinen Vorwurf befu&#x0364;rchten, daß das Project-<lb/>
machen mei&#x017F;tentheils die Be&#x017F;cha&#x0364;fftigung &#x017F;olcher<lb/>
Ko&#x0364;pfe &#x017F;ey, welche zu unge&#x017F;chickt &#x017F;ind, etwas wich-<lb/>
tigers zu thun, und welche weder den Willen, noch<lb/>
das Vermo&#x0364;gen be&#x017F;itzen, ihre Mitbu&#x0364;rger glu&#x0364;cklich<lb/>
zu machen, dagegen aber, unter dem &#x017F;cheinbaren<lb/>
Vorwande, die allgemeinen Einku&#x0364;nfte zu verdop-<lb/>
peln, hungrig und boshaft genug &#x017F;ind, &#x017F;ich mit dem<lb/>
Schaden des Armuths zu bereichern, und ihr un-<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;es Glu&#x0364;ck auf das augen&#x017F;cheinlich&#x017F;te Elend<lb/>
tau&#x017F;end entkra&#x0364;fteter Familien zu bauen. Allein,<lb/>
ich kann vor dergleichen Vorwu&#x0364;rfen ruhig &#x017F;eyn, da<lb/>
ich niemals die Ab&#x017F;icht habe, den gering&#x017F;ten Vor-<lb/>
theil von meinen Projecten zu ziehen, und nicht<lb/>
in Willens habe, die o&#x0364;ffentlichen Einku&#x0364;nfte zu ver-<lb/>
mehren, &#x017F;ondern nur Mittel ausfindig zu machen,<lb/>
wodurch die Ko&#x017F;ten aufgebracht werden ko&#x0364;nnen,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">welche</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[254/0276] Gedanken ſind Zollfrey; und damit bin ich ſehr unzufrieden. Jn denen neblichten Stunden, wo mein Geiſt muͤrriſch iſt, wo er nichts denkt, wo er ſo unwirkſam iſt, wie der Geiſt eines trunknen Fi- nanzenpachters; in dieſen traurigen Stunden be- urtheile ich die Fehler des Staats, und mache Projecte. Da ich dieſes erinnere, ſo ſollte ich wohl den gemeinen Vorwurf befuͤrchten, daß das Project- machen meiſtentheils die Beſchaͤfftigung ſolcher Koͤpfe ſey, welche zu ungeſchickt ſind, etwas wich- tigers zu thun, und welche weder den Willen, noch das Vermoͤgen beſitzen, ihre Mitbuͤrger gluͤcklich zu machen, dagegen aber, unter dem ſcheinbaren Vorwande, die allgemeinen Einkuͤnfte zu verdop- peln, hungrig und boshaft genug ſind, ſich mit dem Schaden des Armuths zu bereichern, und ihr un- gewiſſes Gluͤck auf das augenſcheinlichſte Elend tauſend entkraͤfteter Familien zu bauen. Allein, ich kann vor dergleichen Vorwuͤrfen ruhig ſeyn, da ich niemals die Abſicht habe, den geringſten Vor- theil von meinen Projecten zu ziehen, und nicht in Willens habe, die oͤffentlichen Einkuͤnfte zu ver- mehren, ſondern nur Mittel ausfindig zu machen, wodurch die Koſten aufgebracht werden koͤnnen, welche

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/276
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/276>, abgerufen am 22.11.2024.