[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.Antons Panßa von Mancha etwas weniger stolz seyn, wenn sie die Bilder ih-rer vierzigjährigen Mutter, und ihrer sechzigjähri- gen Großmutter betrachtete, welche beide in ihrem sechzehnten Jahre vermuthlich auf ihre Schönheit eben so stolz waren. Vielleicht würde sie über diese großmütterlichen Runzeln manch- mal ernsthafte Gedanken bekommen, welche einer jungen Schöne sehr erbaulich seyn können. Und wir Mannspersonen; wie vorsichtig würden wir wählen, wie vernünftig würden wir lieben, wenn wir durch eine Reihe von solchen Bildern auf die Vorstellung gebracht würden, ob wir unsre be- zaubernde Phyllis noch in vierzig Jahren mit Run- zeln und grauen Haaren, werden lieben können! Was würde gewöhnlicher seyn, als daß ein Liebha- ber mitten unter den größten Schmeicheleyen, die er seiner Braut machte, einen Blick in die Zukunft thäte! Er würde seine Göttinn im zwanzigsten Jahre reizend, im fünf und zwanzigsten schön, im dreyßigsten angenehm, im fünf und dreyßigsten noch immer an- genehm, im vierzigsten ohne muntere Farbe, im fünf und vierzigsten mit einigen Runzeln an den Augen, im funfzigsten gesetzt, und verehrungswürdig, im fünf und funfzigsten, mit einer andächtigen Miene, und im sechzigsten Jahre als einen schönen alten Kopf finden.
Antons Panßa von Mancha etwas weniger ſtolz ſeyn, wenn ſie die Bilder ih-rer vierzigjaͤhrigen Mutter, und ihrer ſechzigjaͤhri- gen Großmutter betrachtete, welche beide in ihrem ſechzehnten Jahre vermuthlich auf ihre Schoͤnheit eben ſo ſtolz waren. Vielleicht wuͤrde ſie uͤber dieſe großmuͤtterlichen Runzeln manch- mal ernſthafte Gedanken bekommen, welche einer jungen Schoͤne ſehr erbaulich ſeyn koͤnnen. Und wir Mannsperſonen; wie vorſichtig wuͤrden wir waͤhlen, wie vernuͤnftig wuͤrden wir lieben, wenn wir durch eine Reihe von ſolchen Bildern auf die Vorſtellung gebracht wuͤrden, ob wir unſre be- zaubernde Phyllis noch in vierzig Jahren mit Run- zeln und grauen Haaren, werden lieben koͤnnen! Was wuͤrde gewoͤhnlicher ſeyn, als daß ein Liebha- ber mitten unter den groͤßten Schmeicheleyen, die er ſeiner Braut machte, einen Blick in die Zukunft thaͤte! Er wuͤrde ſeine Goͤttinn im zwanzigſten Jahre reizend, im fuͤnf und zwanzigſten ſchoͤn, im dreyßigſten angenehm, im fuͤnf und dreyßigſten noch immer an- genehm, im vierzigſten ohne muntere Farbe, im fuͤnf und vierzigſten mit einigen Runzeln an den Augen, im funfzigſten geſetzt, und verehrungswuͤrdig, im fuͤnf und funfzigſten, mit einer andaͤchtigen Miene, und im ſechzigſten Jahre als einen ſchoͤnen alten Kopf finden.
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Antons Panßa von Mancha
etwas weniger ſtolz ſeyn, wenn ſie die Bilder ih-
rer vierzigjaͤhrigen Mutter, und ihrer ſechzigjaͤhri-
gen Großmutter betrachtete, welche beide in
ihrem ſechzehnten Jahre vermuthlich auf ihre
Schoͤnheit eben ſo ſtolz waren. Vielleicht wuͤrde
ſie uͤber dieſe großmuͤtterlichen Runzeln manch-
mal ernſthafte Gedanken bekommen, welche einer
jungen Schoͤne ſehr erbaulich ſeyn koͤnnen. Und
wir Mannsperſonen; wie vorſichtig wuͤrden wir
waͤhlen, wie vernuͤnftig wuͤrden wir lieben, wenn
wir durch eine Reihe von ſolchen Bildern auf die
Vorſtellung gebracht wuͤrden, ob wir unſre be-
zaubernde Phyllis noch in vierzig Jahren mit Run-
zeln und grauen Haaren, werden lieben koͤnnen!
Was wuͤrde gewoͤhnlicher ſeyn, als daß ein Liebha-
ber mitten unter den groͤßten Schmeicheleyen, die er
ſeiner Braut machte, einen Blick in die Zukunft
thaͤte! Er wuͤrde ſeine Goͤttinn
im zwanzigſten Jahre reizend,
im fuͤnf und zwanzigſten ſchoͤn,
im dreyßigſten angenehm,
im fuͤnf und dreyßigſten noch immer an-
genehm,
im vierzigſten ohne muntere Farbe,
im fuͤnf und vierzigſten mit einigen Runzeln
an den Augen,
im funfzigſten geſetzt, und verehrungswuͤrdig,
im fuͤnf und funfzigſten, mit einer andaͤchtigen
Miene,
und im ſechzigſten Jahre als einen ſchoͤnen
alten Kopf
finden.
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