[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.Antons Panßa von Mancha then; denn seine Lehnsfolger haben ihm bey allerGelegenheit die schrecklichsten Vorstellungen ge- macht, wie mühsam der Ehestand sey. Die schwerste Arbeit, die er in seinem Leben unternom- men, und glücklich ausgeführt hat, ist diese, daß er in seinem funfzigsten Jahre Baron geworden ist. Aber auch diese hat ihn tausendmal gereut, wenn er an die unruhigen Zeiten des fürchterlichen Bern- hards von Galen zurück gedacht, und sich die Möglichkeit vorgestellt hat, daß bey einem allgemei- nen Aufgebote der Ritterschaft er vielleicht mit auf- sitzen, und als Baron sich an die Spitze stellen müsse, da er außerdem, als ein gemeiner Edel- mann, sich in dem dicksten Haufen unbemerkt ver- bergen können. Denn der Blutdurst ist sein Feh- ler nicht, ob er sich schon niemals ohne Harnisch malen läßt; und aus Liebe zur Ruhe, und einer guten Gemächlichkeit, bittet er Gott brünstig um die Erhaltung des lieben Friedens. Vor drey Wochen hat dieser ehrwürdige Greis sein zwey und siebzigstes Jahr angetreten, und den billi- gen Vorsatz gefaßt, den Rest seiner Tage in Ruhe zu zu bringen. Zu dem Ende hat er sich ein ge- raumes Canapee mit Stalfedern machen lassen, in welchem er von zehen Uhr des Morgens, bis Abends um acht Uhr wohnt, und unter Essen, Trinken und Tabakrauchen, in der Gesellschaft ei- niger artigen Möpse, seinen Tod ruhig erwartet. Das Einzige, was ich wünsche, ist dieses, daß ihm der Himmel nur so lange noch sein theures Leben fristen möge, bis er mir und meinen Lesern die
Antons Panßa von Mancha then; denn ſeine Lehnsfolger haben ihm bey allerGelegenheit die ſchrecklichſten Vorſtellungen ge- macht, wie muͤhſam der Eheſtand ſey. Die ſchwerſte Arbeit, die er in ſeinem Leben unternom- men, und gluͤcklich ausgefuͤhrt hat, iſt dieſe, daß er in ſeinem funfzigſten Jahre Baron geworden iſt. Aber auch dieſe hat ihn tauſendmal gereut, wenn er an die unruhigen Zeiten des fuͤrchterlichen Bern- hards von Galen zuruͤck gedacht, und ſich die Moͤglichkeit vorgeſtellt hat, daß bey einem allgemei- nen Aufgebote der Ritterſchaft er vielleicht mit auf- ſitzen, und als Baron ſich an die Spitze ſtellen muͤſſe, da er außerdem, als ein gemeiner Edel- mann, ſich in dem dickſten Haufen unbemerkt ver- bergen koͤnnen. Denn der Blutdurſt iſt ſein Feh- ler nicht, ob er ſich ſchon niemals ohne Harniſch malen laͤßt; und aus Liebe zur Ruhe, und einer guten Gemaͤchlichkeit, bittet er Gott bruͤnſtig um die Erhaltung des lieben Friedens. Vor drey Wochen hat dieſer ehrwuͤrdige Greis ſein zwey und ſiebzigſtes Jahr angetreten, und den billi- gen Vorſatz gefaßt, den Reſt ſeiner Tage in Ruhe zu zu bringen. Zu dem Ende hat er ſich ein ge- raumes Canapee mit Stalfedern machen laſſen, in welchem er von zehen Uhr des Morgens, bis Abends um acht Uhr wohnt, und unter Eſſen, Trinken und Tabakrauchen, in der Geſellſchaft ei- niger artigen Moͤpſe, ſeinen Tod ruhig erwartet. Das Einzige, was ich wuͤnſche, iſt dieſes, daß ihm der Himmel nur ſo lange noch ſein theures Leben friſten moͤge, bis er mir und meinen Leſern die
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Antons Panßa von Mancha
then; denn ſeine Lehnsfolger haben ihm bey aller
Gelegenheit die ſchrecklichſten Vorſtellungen ge-
macht, wie muͤhſam der Eheſtand ſey. Die
ſchwerſte Arbeit, die er in ſeinem Leben unternom-
men, und gluͤcklich ausgefuͤhrt hat, iſt dieſe, daß er
in ſeinem funfzigſten Jahre Baron geworden iſt.
Aber auch dieſe hat ihn tauſendmal gereut, wenn
er an die unruhigen Zeiten des fuͤrchterlichen Bern-
hards von Galen zuruͤck gedacht, und ſich die
Moͤglichkeit vorgeſtellt hat, daß bey einem allgemei-
nen Aufgebote der Ritterſchaft er vielleicht mit auf-
ſitzen, und als Baron ſich an die Spitze ſtellen
muͤſſe, da er außerdem, als ein gemeiner Edel-
mann, ſich in dem dickſten Haufen unbemerkt ver-
bergen koͤnnen. Denn der Blutdurſt iſt ſein Feh-
ler nicht, ob er ſich ſchon niemals ohne Harniſch
malen laͤßt; und aus Liebe zur Ruhe, und einer
guten Gemaͤchlichkeit, bittet er Gott bruͤnſtig um
die Erhaltung des lieben Friedens. Vor drey
Wochen hat dieſer ehrwuͤrdige Greis ſein zwey
und ſiebzigſtes Jahr angetreten, und den billi-
gen Vorſatz gefaßt, den Reſt ſeiner Tage in Ruhe
zu zu bringen. Zu dem Ende hat er ſich ein ge-
raumes Canapee mit Stalfedern machen laſſen,
in welchem er von zehen Uhr des Morgens, bis
Abends um acht Uhr wohnt, und unter Eſſen,
Trinken und Tabakrauchen, in der Geſellſchaft ei-
niger artigen Moͤpſe, ſeinen Tod ruhig erwartet.
Das Einzige, was ich wuͤnſche, iſt dieſes, daß
ihm der Himmel nur ſo lange noch ſein theures
Leben friſten moͤge, bis er mir und meinen Leſern
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