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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Antons Panßa von Mancha
daß er der gelehrteste Thor seiner Zeit sey. Bey
allen diesen Anfällen blieb er muthig stehen. Er
war von seinen Verdiensten so trunken, und von
der dankbaren Ehrfurcht, die ihm die späteste
Nachwelt bezeigen würde, so gewiß überzeugt,
daß er die vernünftigen und unvernünftigen Vor-
würfe mit gleichem Hochmuthe verachtete. Gro-
tius und Bayle waren große Männer gewesen,
und eben um deßwillen waren sie den feindseligen
Spöttereyen ihrer neidischen Gegner ausgesetzt.
Dieses war sein Trost; aber er besann sich nicht,
daß auch Bav und Mäv verspottet worden waren.
Unser großer Knollius hatte in lateinischen Bü-
chern gelesen, daß die ungesittetsten Männer durch
die Liebe menschlich, und bescheiden geworden wa-
ren. Dieses nannte er weibisch. Er flohe also
den Umgang mit Frauenzimmer; er heirathete
nicht, er liebte niemals, und flüchtete sich vor der
Liebe hinter seine fürchterlichen Folianten, um
nicht menschlich, und nicht gesittet zu werden.
Denn nun hoffte er, zur Vergeltung seiner Un-
empfindlichkeit, ein desto grösserer Gelehrter, seinen
Feinden nun schrecklicher, und unsterblich zu wer-
den. Unter dergleichen menschenfeindlichen Be-
schäfftigungen ist er alt worden. Man will der
Nachwelt seinen Ruhm überlassen, und fängt daher
schon itzt an, ihn zu vergessen. Diese Verachtung
fühlt er nicht. Noch schreibt er muthig fort.
Es fehlt ihm nicht ganz an Schülern und Bewun-
derern, so unbescheiden er auch ist. Diese junge
grobe Brut giebt seinem gelehrten Hochmuthe im-

mer

Antons Panßa von Mancha
daß er der gelehrteſte Thor ſeiner Zeit ſey. Bey
allen dieſen Anfaͤllen blieb er muthig ſtehen. Er
war von ſeinen Verdienſten ſo trunken, und von
der dankbaren Ehrfurcht, die ihm die ſpaͤteſte
Nachwelt bezeigen wuͤrde, ſo gewiß uͤberzeugt,
daß er die vernuͤnftigen und unvernuͤnftigen Vor-
wuͤrfe mit gleichem Hochmuthe verachtete. Gro-
tius und Bayle waren große Maͤnner geweſen,
und eben um deßwillen waren ſie den feindſeligen
Spoͤttereyen ihrer neidiſchen Gegner ausgeſetzt.
Dieſes war ſein Troſt; aber er beſann ſich nicht,
daß auch Bav und Maͤv verſpottet worden waren.
Unſer großer Knollius hatte in lateiniſchen Buͤ-
chern geleſen, daß die ungeſittetſten Maͤnner durch
die Liebe menſchlich, und beſcheiden geworden wa-
ren. Dieſes nannte er weibiſch. Er flohe alſo
den Umgang mit Frauenzimmer; er heirathete
nicht, er liebte niemals, und fluͤchtete ſich vor der
Liebe hinter ſeine fuͤrchterlichen Folianten, um
nicht menſchlich, und nicht geſittet zu werden.
Denn nun hoffte er, zur Vergeltung ſeiner Un-
empfindlichkeit, ein deſto groͤſſerer Gelehrter, ſeinen
Feinden nun ſchrecklicher, und unſterblich zu wer-
den. Unter dergleichen menſchenfeindlichen Be-
ſchaͤfftigungen iſt er alt worden. Man will der
Nachwelt ſeinen Ruhm uͤberlaſſen, und faͤngt daher
ſchon itzt an, ihn zu vergeſſen. Dieſe Verachtung
fuͤhlt er nicht. Noch ſchreibt er muthig fort.
Es fehlt ihm nicht ganz an Schuͤlern und Bewun-
derern, ſo unbeſcheiden er auch iſt. Dieſe junge
grobe Brut giebt ſeinem gelehrten Hochmuthe im-

mer
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[170/0192] Antons Panßa von Mancha daß er der gelehrteſte Thor ſeiner Zeit ſey. Bey allen dieſen Anfaͤllen blieb er muthig ſtehen. Er war von ſeinen Verdienſten ſo trunken, und von der dankbaren Ehrfurcht, die ihm die ſpaͤteſte Nachwelt bezeigen wuͤrde, ſo gewiß uͤberzeugt, daß er die vernuͤnftigen und unvernuͤnftigen Vor- wuͤrfe mit gleichem Hochmuthe verachtete. Gro- tius und Bayle waren große Maͤnner geweſen, und eben um deßwillen waren ſie den feindſeligen Spoͤttereyen ihrer neidiſchen Gegner ausgeſetzt. Dieſes war ſein Troſt; aber er beſann ſich nicht, daß auch Bav und Maͤv verſpottet worden waren. Unſer großer Knollius hatte in lateiniſchen Buͤ- chern geleſen, daß die ungeſittetſten Maͤnner durch die Liebe menſchlich, und beſcheiden geworden wa- ren. Dieſes nannte er weibiſch. Er flohe alſo den Umgang mit Frauenzimmer; er heirathete nicht, er liebte niemals, und fluͤchtete ſich vor der Liebe hinter ſeine fuͤrchterlichen Folianten, um nicht menſchlich, und nicht geſittet zu werden. Denn nun hoffte er, zur Vergeltung ſeiner Un- empfindlichkeit, ein deſto groͤſſerer Gelehrter, ſeinen Feinden nun ſchrecklicher, und unſterblich zu wer- den. Unter dergleichen menſchenfeindlichen Be- ſchaͤfftigungen iſt er alt worden. Man will der Nachwelt ſeinen Ruhm uͤberlaſſen, und faͤngt daher ſchon itzt an, ihn zu vergeſſen. Dieſe Verachtung fuͤhlt er nicht. Noch ſchreibt er muthig fort. Es fehlt ihm nicht ganz an Schuͤlern und Bewun- derern, ſo unbeſcheiden er auch iſt. Dieſe junge grobe Brut giebt ſeinem gelehrten Hochmuthe im- mer

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/192>, abgerufen am 24.11.2024.