Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

Bild:
<< vorherige Seite

Antons Panßa von Mancha
vornehmen Ausschweifungen seiner Jugend ekel-
haft gemacht hatten. Sie heirathete seinen Wa-
gen mit sechs Pferden, und sechs Bedienten.
Diese Pracht liebt sie noch itzt so sehr, als in der
ersten Woche ihrer Vermählung. Jhr Mann,
das hochgeborne Vieh, folgt den gewohnten Aus-
schweifungen nach, und ist viel zu galant, als
daß er seine Frau ein einziges mal daran erinnern
sollte, daß er ihr Mann sey. Climene haßt ih-
ren Mann, und liebt seine Eqvipage. Eine Lie-
be, die gewiß nicht eher rosten wird, als bis man
ihren stolzen Rest auf einem prächtigen Trauer-
wagen zur Ruhe bringen wird!

Jn diesem Verstande will ich wohl glauben/
daß alte Liebe auch bey verheiratheten Personen
nicht rosten wird.

Wider den Rost der Liebe zwischen verehlich-
ten Personen ist ein abwechselnder Zank ein be-
währtes Mittel. Durch eine beständige Aussöh-
nung wird die Liebe immer neu. Eheleute, die
sich die Fehler nicht sagen, welche sie an einander
wahrnehmen, nähren, bey dieser verstellten Zu-
rückhaltung, beständig einen Groll, welcher die
Liebe nicht aufkommen läßt. Aber ein werthes
Paar, das sich aus voller Lunge zankt, und sich
die Fehler ohne Verschonung vorwirft; das ist im-
mer geneigt, sich bald zu versöhnen. Nun ist ih-
nen das Herz leicht. Sie haben beide ihre Fehler
erfahren; sie sind vom Zanken ermüdet, sie schwei-
gen beide stille. Der Mann, welcher mit zorni-

gen

Antons Panßa von Mancha
vornehmen Ausſchweifungen ſeiner Jugend ekel-
haft gemacht hatten. Sie heirathete ſeinen Wa-
gen mit ſechs Pferden, und ſechs Bedienten.
Dieſe Pracht liebt ſie noch itzt ſo ſehr, als in der
erſten Woche ihrer Vermaͤhlung. Jhr Mann,
das hochgeborne Vieh, folgt den gewohnten Aus-
ſchweifungen nach, und iſt viel zu galant, als
daß er ſeine Frau ein einziges mal daran erinnern
ſollte, daß er ihr Mann ſey. Climene haßt ih-
ren Mann, und liebt ſeine Eqvipage. Eine Lie-
be, die gewiß nicht eher roſten wird, als bis man
ihren ſtolzen Reſt auf einem praͤchtigen Trauer-
wagen zur Ruhe bringen wird!

Jn dieſem Verſtande will ich wohl glauben/
daß alte Liebe auch bey verheiratheten Perſonen
nicht roſten wird.

Wider den Roſt der Liebe zwiſchen verehlich-
ten Perſonen iſt ein abwechſelnder Zank ein be-
waͤhrtes Mittel. Durch eine beſtaͤndige Ausſoͤh-
nung wird die Liebe immer neu. Eheleute, die
ſich die Fehler nicht ſagen, welche ſie an einander
wahrnehmen, naͤhren, bey dieſer verſtellten Zu-
ruͤckhaltung, beſtaͤndig einen Groll, welcher die
Liebe nicht aufkommen laͤßt. Aber ein werthes
Paar, das ſich aus voller Lunge zankt, und ſich
die Fehler ohne Verſchonung vorwirft; das iſt im-
mer geneigt, ſich bald zu verſoͤhnen. Nun iſt ih-
nen das Herz leicht. Sie haben beide ihre Fehler
erfahren; ſie ſind vom Zanken ermuͤdet, ſie ſchwei-
gen beide ſtille. Der Mann, welcher mit zorni-

gen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0124" n="102"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Antons Panßa von Mancha</hi></fw><lb/>
vornehmen Aus&#x017F;chweifungen &#x017F;einer Jugend ekel-<lb/>
haft gemacht hatten. Sie heirathete &#x017F;einen Wa-<lb/>
gen mit &#x017F;echs Pferden, und &#x017F;echs Bedienten.<lb/>
Die&#x017F;e Pracht liebt &#x017F;ie noch itzt &#x017F;o &#x017F;ehr, als in der<lb/>
er&#x017F;ten Woche ihrer Verma&#x0364;hlung. Jhr Mann,<lb/>
das hochgeborne Vieh, folgt den gewohnten Aus-<lb/>
&#x017F;chweifungen nach, und i&#x017F;t viel zu galant, als<lb/>
daß er &#x017F;eine Frau ein einziges mal daran erinnern<lb/>
&#x017F;ollte, daß er ihr Mann &#x017F;ey. Climene haßt ih-<lb/>
ren Mann, und liebt &#x017F;eine Eqvipage. Eine Lie-<lb/>
be, die gewiß nicht eher ro&#x017F;ten wird, als bis man<lb/>
ihren &#x017F;tolzen Re&#x017F;t auf einem pra&#x0364;chtigen Trauer-<lb/>
wagen zur Ruhe bringen wird!</p><lb/>
          <p>Jn die&#x017F;em Ver&#x017F;tande will ich wohl glauben/<lb/>
daß alte Liebe auch bey verheiratheten Per&#x017F;onen<lb/>
nicht ro&#x017F;ten wird.</p><lb/>
          <p>Wider den Ro&#x017F;t der Liebe zwi&#x017F;chen verehlich-<lb/>
ten Per&#x017F;onen i&#x017F;t ein abwech&#x017F;elnder Zank ein be-<lb/>
wa&#x0364;hrtes Mittel. Durch eine be&#x017F;ta&#x0364;ndige Aus&#x017F;o&#x0364;h-<lb/>
nung wird die Liebe immer neu. Eheleute, die<lb/>
&#x017F;ich die Fehler nicht &#x017F;agen, welche &#x017F;ie an einander<lb/>
wahrnehmen, na&#x0364;hren, bey die&#x017F;er ver&#x017F;tellten Zu-<lb/>
ru&#x0364;ckhaltung, be&#x017F;ta&#x0364;ndig einen Groll, welcher die<lb/>
Liebe nicht aufkommen la&#x0364;ßt. Aber ein werthes<lb/>
Paar, das &#x017F;ich aus voller Lunge zankt, und &#x017F;ich<lb/>
die Fehler ohne Ver&#x017F;chonung vorwirft; das i&#x017F;t im-<lb/>
mer geneigt, &#x017F;ich bald zu ver&#x017F;o&#x0364;hnen. Nun i&#x017F;t ih-<lb/>
nen das Herz leicht. Sie haben beide ihre Fehler<lb/>
erfahren; &#x017F;ie &#x017F;ind vom Zanken ermu&#x0364;det, &#x017F;ie &#x017F;chwei-<lb/>
gen beide &#x017F;tille. Der Mann, welcher mit zorni-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[102/0124] Antons Panßa von Mancha vornehmen Ausſchweifungen ſeiner Jugend ekel- haft gemacht hatten. Sie heirathete ſeinen Wa- gen mit ſechs Pferden, und ſechs Bedienten. Dieſe Pracht liebt ſie noch itzt ſo ſehr, als in der erſten Woche ihrer Vermaͤhlung. Jhr Mann, das hochgeborne Vieh, folgt den gewohnten Aus- ſchweifungen nach, und iſt viel zu galant, als daß er ſeine Frau ein einziges mal daran erinnern ſollte, daß er ihr Mann ſey. Climene haßt ih- ren Mann, und liebt ſeine Eqvipage. Eine Lie- be, die gewiß nicht eher roſten wird, als bis man ihren ſtolzen Reſt auf einem praͤchtigen Trauer- wagen zur Ruhe bringen wird! Jn dieſem Verſtande will ich wohl glauben/ daß alte Liebe auch bey verheiratheten Perſonen nicht roſten wird. Wider den Roſt der Liebe zwiſchen verehlich- ten Perſonen iſt ein abwechſelnder Zank ein be- waͤhrtes Mittel. Durch eine beſtaͤndige Ausſoͤh- nung wird die Liebe immer neu. Eheleute, die ſich die Fehler nicht ſagen, welche ſie an einander wahrnehmen, naͤhren, bey dieſer verſtellten Zu- ruͤckhaltung, beſtaͤndig einen Groll, welcher die Liebe nicht aufkommen laͤßt. Aber ein werthes Paar, das ſich aus voller Lunge zankt, und ſich die Fehler ohne Verſchonung vorwirft; das iſt im- mer geneigt, ſich bald zu verſoͤhnen. Nun iſt ih- nen das Herz leicht. Sie haben beide ihre Fehler erfahren; ſie ſind vom Zanken ermuͤdet, ſie ſchwei- gen beide ſtille. Der Mann, welcher mit zorni- gen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/124
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/124>, abgerufen am 02.05.2024.