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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Antons Panßa von Mancha
von ihnen bitte: so will ich auch mit wenigem zei-
gen, wie groß der Vortheil ist, den sie zu erwar-
ten haben, wenn sie meinem Rathe folgen. - -
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Allen Ständen, Leuten, die es am wenigsten glau-
ben, Leuten, die von der Betrügerey leben, diesen
ist die Ehrlichkeit, oder welches einerley ist, der
Schein der Ehrlichkeit am unentbehrlichsten - -
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Jch will mit meinen Beweisen bey den Richtern
und Advocaten anfangen. Von denen rede ich
nicht, welche wirklich ehrlich sind, und es giebt
deren noch verschiedne unter ihnen. Da diese die
Ehrlichkeit gar zu hoch treiben, und lieber bey
einem redlichen Gewissen verhungern, als bey ei-
nem angenommenen Scheine der Ehrlichkeit groß
und reich werden wollen: so haben sie meiner Er-
mahnungen nicht nöthig. Jch rede nur von dem
großen Haufen - - - - - - - - - -
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Wer sich auf die Physionomie versteht, dem ra-
the ich, des Mittags von eilf bis zwölf Uhr vor unsere
Gerichtsbänke zu gehen. Hier wird er einen Trupp
Männer finden, welche alle Priester der Gerech-
tigkeit heißen, und worunter doch viele sind, welchen
man an ihren hungrigen Mienen ansieht, daß sie
nur da stehen, um die armen Clienten zu wegelagern,
und der gedrückten Unschuld aufzulauern. Sie sind
so wenig besorgt, ihre Absichten zu verbergen, daß
man ihnen den Galgen an der Stirne ansieht, von

dem

Antons Panßa von Mancha
von ihnen bitte: ſo will ich auch mit wenigem zei-
gen, wie groß der Vortheil iſt, den ſie zu erwar-
ten haben, wenn ſie meinem Rathe folgen. ‒ ‒
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Allen Staͤnden, Leuten, die es am wenigſten glau-
ben, Leuten, die von der Betruͤgerey leben, dieſen
iſt die Ehrlichkeit, oder welches einerley iſt, der
Schein der Ehrlichkeit am unentbehrlichſten ‒ ‒
‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒
Jch will mit meinen Beweiſen bey den Richtern
und Advocaten anfangen. Von denen rede ich
nicht, welche wirklich ehrlich ſind, und es giebt
deren noch verſchiedne unter ihnen. Da dieſe die
Ehrlichkeit gar zu hoch treiben, und lieber bey
einem redlichen Gewiſſen verhungern, als bey ei-
nem angenommenen Scheine der Ehrlichkeit groß
und reich werden wollen: ſo haben ſie meiner Er-
mahnungen nicht noͤthig. Jch rede nur von dem
großen Haufen ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒
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Wer ſich auf die Phyſionomie verſteht, dem ra-
the ich, des Mittags von eilf bis zwoͤlf Uhr vor unſere
Gerichtsbaͤnke zu gehen. Hier wird er einen Trupp
Maͤnner finden, welche alle Prieſter der Gerech-
tigkeit heißen, und worunter doch viele ſind, welchen
man an ihren hungrigen Mienen anſieht, daß ſie
nur da ſtehen, um die armen Clienten zu wegelagern,
und der gedruͤckten Unſchuld aufzulauern. Sie ſind
ſo wenig beſorgt, ihre Abſichten zu verbergen, daß
man ihnen den Galgen an der Stirne anſieht, von

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[92/0114] Antons Panßa von Mancha von ihnen bitte: ſo will ich auch mit wenigem zei- gen, wie groß der Vortheil iſt, den ſie zu erwar- ten haben, wenn ſie meinem Rathe folgen. ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ Allen Staͤnden, Leuten, die es am wenigſten glau- ben, Leuten, die von der Betruͤgerey leben, dieſen iſt die Ehrlichkeit, oder welches einerley iſt, der Schein der Ehrlichkeit am unentbehrlichſten ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ Jch will mit meinen Beweiſen bey den Richtern und Advocaten anfangen. Von denen rede ich nicht, welche wirklich ehrlich ſind, und es giebt deren noch verſchiedne unter ihnen. Da dieſe die Ehrlichkeit gar zu hoch treiben, und lieber bey einem redlichen Gewiſſen verhungern, als bey ei- nem angenommenen Scheine der Ehrlichkeit groß und reich werden wollen: ſo haben ſie meiner Er- mahnungen nicht noͤthig. Jch rede nur von dem großen Haufen ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ Wer ſich auf die Phyſionomie verſteht, dem ra- the ich, des Mittags von eilf bis zwoͤlf Uhr vor unſere Gerichtsbaͤnke zu gehen. Hier wird er einen Trupp Maͤnner finden, welche alle Prieſter der Gerech- tigkeit heißen, und worunter doch viele ſind, welchen man an ihren hungrigen Mienen anſieht, daß ſie nur da ſtehen, um die armen Clienten zu wegelagern, und der gedruͤckten Unſchuld aufzulauern. Sie ſind ſo wenig beſorgt, ihre Abſichten zu verbergen, daß man ihnen den Galgen an der Stirne anſieht, von dem

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/114>, abgerufen am 02.05.2024.