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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Antons Panßa von Mancha
Gebotes so öffentlich annähme. Jch würde die
Armee wider mich aufbringen, und unsere studi-
rende Jugend würde noch sehr glimpflich urthei-
len, wenn sie mich für einen traurigen Pedanten
hielte. Selbst viele von denen, welche das sechs-
te Gebot Berufs wegen noch dann und wann er-
wähnen müßten, würden mirs in ihrem Herzen
wenig Dank wissen. Wider die Abstellung des
Sonntags zu eifern, sey gar vergebens. Der
Sonntag bleibe wohl ohne meine Predigt, und es
sey noch niemand darauf gefallen, ihn abzuschaf-
fen, so wenig als den Montag, und noch viel we-
niger. Es liege den Leuten an Beybehaltung des
Sonntags gar zu viel. Die Hälfte von den vor-
nehmen Leuten werde krank werden, wenn kein
Sonntag mehr wäre, weil man an keinem Tage
mit mehrerer Beqvemlichkeit Pillen einnehmen
könnte, als am Sonntage. Unser Frauenzim-
mer verlöre gar zu viel, wenn man ihnen den
Sonntag entzöge, weil sie an diesem Tage am be-
sten sich putzen, am beqvemsten mit einander plau-
dern, und den Anzug einer ganzen Gemeine, welche
sie sonst nur stückweise richteten, beurtheilen, und
am sanftesten schlafen könnten. Ein großer Theil
der Stadt, welcher die Woche über nur im Ver-
borgenen müßig gehen müßte, hätte an diesem
Tage die christliche Gewissensfreyheit, es öffent-
lich zu thun, und thäte es mit Vergnügen, weil
dieses der einzige wesentliche Umstand ihrer Reli-
gion wäre, durch welchen sie sich von den blinden
Heiden unterschieden, daß sie an diesem Tage

müßig

Antons Panßa von Mancha
Gebotes ſo oͤffentlich annaͤhme. Jch wuͤrde die
Armee wider mich aufbringen, und unſere ſtudi-
rende Jugend wuͤrde noch ſehr glimpflich urthei-
len, wenn ſie mich fuͤr einen traurigen Pedanten
hielte. Selbſt viele von denen, welche das ſechs-
te Gebot Berufs wegen noch dann und wann er-
waͤhnen muͤßten, wuͤrden mirs in ihrem Herzen
wenig Dank wiſſen. Wider die Abſtellung des
Sonntags zu eifern, ſey gar vergebens. Der
Sonntag bleibe wohl ohne meine Predigt, und es
ſey noch niemand darauf gefallen, ihn abzuſchaf-
fen, ſo wenig als den Montag, und noch viel we-
niger. Es liege den Leuten an Beybehaltung des
Sonntags gar zu viel. Die Haͤlfte von den vor-
nehmen Leuten werde krank werden, wenn kein
Sonntag mehr waͤre, weil man an keinem Tage
mit mehrerer Beqvemlichkeit Pillen einnehmen
koͤnnte, als am Sonntage. Unſer Frauenzim-
mer verloͤre gar zu viel, wenn man ihnen den
Sonntag entzoͤge, weil ſie an dieſem Tage am be-
ſten ſich putzen, am beqvemſten mit einander plau-
dern, und den Anzug einer ganzen Gemeine, welche
ſie ſonſt nur ſtuͤckweiſe richteten, beurtheilen, und
am ſanfteſten ſchlafen koͤnnten. Ein großer Theil
der Stadt, welcher die Woche uͤber nur im Ver-
borgenen muͤßig gehen muͤßte, haͤtte an dieſem
Tage die chriſtliche Gewiſſensfreyheit, es oͤffent-
lich zu thun, und thaͤte es mit Vergnuͤgen, weil
dieſes der einzige weſentliche Umſtand ihrer Reli-
gion waͤre, durch welchen ſie ſich von den blinden
Heiden unterſchieden, daß ſie an dieſem Tage

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[86/0108] Antons Panßa von Mancha Gebotes ſo oͤffentlich annaͤhme. Jch wuͤrde die Armee wider mich aufbringen, und unſere ſtudi- rende Jugend wuͤrde noch ſehr glimpflich urthei- len, wenn ſie mich fuͤr einen traurigen Pedanten hielte. Selbſt viele von denen, welche das ſechs- te Gebot Berufs wegen noch dann und wann er- waͤhnen muͤßten, wuͤrden mirs in ihrem Herzen wenig Dank wiſſen. Wider die Abſtellung des Sonntags zu eifern, ſey gar vergebens. Der Sonntag bleibe wohl ohne meine Predigt, und es ſey noch niemand darauf gefallen, ihn abzuſchaf- fen, ſo wenig als den Montag, und noch viel we- niger. Es liege den Leuten an Beybehaltung des Sonntags gar zu viel. Die Haͤlfte von den vor- nehmen Leuten werde krank werden, wenn kein Sonntag mehr waͤre, weil man an keinem Tage mit mehrerer Beqvemlichkeit Pillen einnehmen koͤnnte, als am Sonntage. Unſer Frauenzim- mer verloͤre gar zu viel, wenn man ihnen den Sonntag entzoͤge, weil ſie an dieſem Tage am be- ſten ſich putzen, am beqvemſten mit einander plau- dern, und den Anzug einer ganzen Gemeine, welche ſie ſonſt nur ſtuͤckweiſe richteten, beurtheilen, und am ſanfteſten ſchlafen koͤnnten. Ein großer Theil der Stadt, welcher die Woche uͤber nur im Ver- borgenen muͤßig gehen muͤßte, haͤtte an dieſem Tage die chriſtliche Gewiſſensfreyheit, es oͤffent- lich zu thun, und thaͤte es mit Vergnuͤgen, weil dieſes der einzige weſentliche Umſtand ihrer Reli- gion waͤre, durch welchen ſie ſich von den blinden Heiden unterſchieden, daß ſie an dieſem Tage muͤßig

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/108>, abgerufen am 23.11.2024.